Kritik der Grünen
Gesetz zur Klimaneutralität bis 2050 soll nachoptimiert werden

Auf dem Weg zu einem «klimaneutralen» Europa bis 2050 fordert die EU-Kommission mehr Befugnisse. So will die Brüsseler Behörde das Recht, Etappenziele zur Senkung von Treibhausgasen nach 2030 regelmässig nachzuschärfen.
Publiziert: 04.03.2020 um 09:08 Uhr
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Aktualisiert: 12.03.2020 um 15:34 Uhr

Dies geht nach Informationen der Nachrichtenagentur DPA aus dem jüngsten Entwurf des EU-Klimagesetzes vom Montag hervor. Die Kommission will ihr Gesetz am Mittwoch vorstellen. Umweltschützer übten schon vorab Kritik.

Das Gesetz soll das in der Europäischen Union bereits vereinbarte Ziel der Klimaneutralität bis 2050 rechtsverbindlich festschreiben. Gemeint ist, dass dann keine neuen Treibhausgase mehr aus der EU in die Atmosphäre gelangen.

Umbau der Wirtschaft geplant

Dafür müssen die allermeisten Emissionen eingespart und der Rest ausgeglichen werden, etwa durch Aufforstung oder Speicherung. Geplant ist ein umfassender Umbau der Wirtschaft und die völlige Abkehr von Öl, Kohle und Gas.

Bei einem Klimaabkommen im 2015 hatte man festgelegt, dass Europa bis 2050 klimaneutral sein soll.
Foto: keystone-sda.ch
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Der Entwurf des Klimagesetzes sieht sogar vor, dass nach 2050 mehr Treibhausgase aus der Atmosphäre gezogen werden, als neu hinzu kommen. Nur mit solchen «Netto-Reduktionen» lasse sich das Ziel des Pariser Klimaabkommens wirksam umsetzen.

In dem Abkommen hatten fast alle Staaten der Welt 2015 vereinbart, die globale Erwärmung bei unter zwei Grad und möglichst bei 1,5 Grad zu stoppen, um katastrophale Folgen mindern. Vergleichsmassstab ist die Zeit vor der Industrialisierung im 19. Jahrhundert.

Umweltverbände kritisieren das Ziel als zu lasch

Umweltverbände wie das Climate Action Network, Greenpeace und WWF stehen zwar hinter dem Ziel der Klimaneutralität, kritisieren aber das EU-Etappenziel für 2030 als viel zu lasch. Es sieht bisher vor, die Klimagase bis 2030 um 40 Prozent unter den Wert von 1990 zu drücken. Die EU-Kommission erwägt eine Verschärfung auf 50 bis 55 Prozent. Klimaschützer und Grüne verlangen indes 65 Prozent, weil sonst das Pariser Abkommen nicht einzuhalten sei.

Vor allem aber monieren sie, dass sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen jetzt noch nicht auf einen neuen Vorschlag für 2030 festlegen will. Das soll dem Gesetzentwurf zufolge erst im September 2020 geschehen, nach einer umfassenden Folgenprüfung.

Das sei zu kurz vor der wichtigen Weltklimakonferenz in Glasgow Ende des Jahres, kritisierte der deutsche EU-Abgeordnete der Grünen Michael Bloss: «Ursula von der Leyen spielt auf Kosten des Klimas ein Katz-und-Maus-Spiel. Seit ihrem Antritt verspricht sie eine Anhebung der Klimaziele für 2030, diese aber fehlen jetzt erneut im vorgelegten Text. Hinhalten zählt nicht mehr!» Ähnlich äusserten sich Umweltverbände am Montag in Brüssel.

Gesetz soll nachoptimiert werden

Allerdings setzt die Kommission auf einen anderen Kniff, damit das Langfristziel für 2050 wirklich erreicht wird. Im Gesetzentwurf fordert sie das Recht, nach 2030 nötigenfalls bei Zielen und Umsetzung regelmässig nachzusteuern.

Das soll per «delegiertem Rechtsakt» geschehen. Dabei hätten die Mitgliedstaaten und das EU-Parlament nur Widerspruchsrechte und nicht volle Mitsprache wie bei einem Gesetzgebungsverfahren. Dass die Kommission mit diesem Vorschlag zur Ausweitung ihrer Macht durchkommt, ist aber nicht sicher. (SDA)

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