Stars in der Wissenschaftswelt
Diese zwei Frauen holen den Chemie-Nobelpreis

Die Gewinnerinnen sind Emmanuelle Charpentier (Frankreich) und Jennifer A. Doudna (USA). Ausgeszeichnet werden sie für die Entwicklung von Methoden zur Erbgut-Veränderung: Die beiden haben die Genschere Crispr-Cas9 entwickelt.
Publiziert: 07.10.2020 um 14:27 Uhr
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Aktualisiert: 08.10.2020 um 15:57 Uhr
Die frischgebackene Chemie-Nobelpreisträgerin Jennifer A. Doudna gilt als ehrgeizig und höflich. (Archivbild)
Foto: KEEGAN HOUSER / UC BERKELEY HAND
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Wer ist Jennifer Doudna?

Seit die frischgebackene Chemie-Nobelpreisträgerin Jennifer Doudna 2012 mit Emmanuelle Charpentier und weiteren Kollegen im Fachmagazin «Science» die Grundfunktionen der Genschere Crispr/Cas9 vorstellte, war ihr Aufstieg zum Star der Wissenschaftswelt rasant.

«Science» erklärte die Entdeckung zu einer der wichtigsten des Jahres. Das «Time»-Magazin zählte Doudna kurz darauf zu den einflussreichsten Menschen der Welt. Sie reiste um die Welt für Vorträge, bei denen die Zuhörer bis weit auf den Gang hinaus standen. Und sie bekam viele renommierte Preise verliehen. Jetzt wurde ihr gemeinsam mit Charpentier der Chemie-Nobelpreis zuerkannt.

Zudem trieb Doudna die Forschung an Crispr/Cas9 in ihrem nach ihr benannten Labor an der Universität in Berkeley voran und gründete zahlreiche darauf basierte Biotechnologie-Unternehmen. Die Wissenschaftlerin habe eine «ungewöhnliche Intensität», schrieb die «New York Times» einmal. «Mit ihr zu sprechen fühlt sich ein bisschen so an, als würde man einem Reiher gegenübersitzen, der einen nicht gerade vielversprechenden Fisch beäugt.»

Doudna wurde 1964 in Washington geboren und wuchs zeitweise auf Hawaii auf, wo ihr Vater Literaturprofessor war. Über ihren kleinen Wohnort mit nur wenigen weissen Menschen sagte sie: «Ich hatte sehr schwere Zeiten dort. Ich sah anders aus als alle anderen. Kinder können so gemein sein. Ich hatte nicht viele Freunde».

Statt mit anderen zu spielen habe sie viel gelesen, auch populärwissenschaftliche Bücher, die ihr Vater ihr gegeben habe. «Ich erinnere mich daran, dass ich viel auf meinem Bett gelegen habe und darüber nachgedacht habe, wie die Dinge so funktionieren, besonders in der Natur.»

Nach der Schule studierte Doudna, die in der Fachwelt als höflich, genau und ehrgeizig gilt und immer schick gekleidet und akkurat frisiert auftritt, Biochemie in Kalifornien und an der Elite-Universität Harvard. Seit Anfang der 2000er Jahre lehrt sie mit Unterbrechungen an der University of California in Berkeley. Doudnas Mann ist ebenfalls Chemiker, die beiden haben einen Sohn.

Streit um Patent der Crispr/Cas9-Entdeckung

Der andauernde Patentstreit um die Crispr/Cas9-Entdeckung betrübe sie sehr, sagt Doudna. «Aber die Wahrheit ist, dass niemand mir die Freude an der eigentlichen Entdeckung jemals nehmen können wird. Niemand kann mir diesen Moment im Labor nehmen, als wir etwas gesehen haben, dass niemals je zuvor gesehen wurde.»

Die Corona-Krise hat Jennifer Doudna in ihren Garten zurückgebracht. «Ich bin eine begeisterte Gärtnerin, aber ich hatte in den vergangenen sechs oder sieben Jahren überhaupt keine Zeit, in meinem Garten zu arbeiten, wegen all diesem Wahnsinn mit Crispr und der Arbeit an der Universität», sagte die Biochemikerin jüngst in einem Interview.

«Jetzt aber hatte ich die Möglichkeit, mich wieder mit meinem Garten zu verbinden, mit den Blumen, und neu zu entdecken, was es bedeutet, ein ausbalancierteres Leben zu haben. Das ist wahrscheinlich der Silberstreifen am Horizont der momentanen Zeit.»

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Wer ist Emmanuelle Charpentier?

Um sie und ihre Mit-Nobelpreisträgerin, die US-Amerikanerin Jennifer A. Doudna, ist in den vergangenen Jahren ein regelrechter Hype entstanden. Wenn Charpentier öffentliche Vorträge hielt, stand das Publikum Schlange bis in den Korridor: Dabei ist die 51-Jährige mit dem Lockenkopf alles andere als eine Alleinunterhalterin - stets nüchtern und fokussiert, ganz eine, die niemanden mehr für sich einnehmen muss, und der egal ist, wenn ihre komplexen Schaubilder nicht verstanden werden.

Charpentier studierte Mikrobiologie, Biochemie und Genetik an der Pierre-und-Marie-Curie-Universität in Paris. Es folgten mehrere Forschungsstationen in den USA, Wien und Schweden. Von 2013 bis 2015 war sie am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig tätig. Dann der Wechsel nach Berlin.

Charpentier zeichnet sich durch Erfindungsreichtum aus

Dort war die Französin zunächst Direktorin am Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie. Seit 2018 ist sie Gründungs- und kommissarische Direktorin der unabhängigen Max-Planck-Forschungsstelle für die Wissenschaft der Pathogene. Zudem ist sie Honorarprofessorin an der Humboldt-Universität.

Der bewegten Laufbahn entsprechend ziehen sich unausgepackte Kisten im Büro wie ein Charakterzug durch Artikel, die über Charpentier geschrieben wurden. «Sie ist so erfinderisch, sie könnte sich ein Labor auf einer einsamen Insel einrichten», wurde Charpentiers Doktorvater Patrice Courvalin 2016 in einem Porträt zitiert.

Ihre Energiequelle? Wie sie dem Berliner «Tagessspiegel» vor zwei Jahren sagte, lasse sie sich ihre vier bis fünf Stunden Sport pro Woche nicht nehmen: Laufen, Schwimmen, Radfahren, Funktionstraining und Boxen. (SDA)

Wann sind die Termine und wer sind die bisherigen Gewinner?

  • Medizin: 05. Oktober
  • Physik: 06. Oktober
  • Chemie: 07. Oktober
  • Literatur: 08. Oktober
  • Friedensnobelpreis: 09. Oktober
  • Wirtschaftswissenschaften: 12. Oktober
Was ist CRISPR?

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