Literaturnobelpreis 2020
Louise Glück: Lyrikern mit höchsten Auszeichnungen

Die Literaturnobelpreisträgerin Louise Glück hat für ihre Schriften in ihrer amerikanischen Heimat schon höchste Auszeichnungen erhalten - in der Schweiz ist die Lyrikerin und Essayistin den meisten wohl eher unbekannt.
Publiziert: 08.10.2020 um 13:43 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2020 um 14:43 Uhr
Die 77-jährige US-amerikanische Lyrikerin Louise Glück ist die Literaturnobelpreisträgerin 2020. In den USA wurde sie bereits zuvor mit höchsten Auszeichnungen geehrt, diesseits des Atlantiks war sie bis anhin nur wenigen bekannt. (Archivbild)
Foto: SHAWN THEW

Die Schwedische Akademie sorgt damit einmal mehr für eine Überraschung. Im Gegensatz zu alljährlichen Favoriten wie den Kanadierinnen Anne Carson und Margaret Atwood, dem Japaner Haruki Murakami oder dem Kenianer Ngugi wa Thiong'o hatten Experten und Wettanbieter den Namen Louise Glück vorab nicht auf dem Zettel gehabt. Gleichzeitig ist die Ehrung der Amerikanerin verdient - nicht umsonst hat Glück in ihrer amerikanischen Heimat bereits zahlreiche Auszeichnungen erhalten, darunter der Pulitzer-Preis und der National Book Award.

Warum erhält die Lyrikerin den Nobelpreis?

Die 77-jährige Glück wird «für ihre unverkennbare poetische Stimme» ausgezeichnet, mit der sie «mit strenger Schönheit die individuelle Existenz universell macht», wie die Schwedische Akademie am Donnerstag in Stockholm bekanntgab.

«Louise Glücks Stimme ist unverwechselbar», sagte der Vorsitzende des Nobelkomitees der Akademie, Anders Olsson, bei der Bekanntgabe in der Altstadt von Stockholm. «Sie ist aufrichtig, kompromisslos und signalisiert, dass diese Poetin verstanden werden will. Aber es ist auch eine Stimme voller Humor und beissender Scharfsinnigkeit.» Glücks Werk weise eine durchweg hohe Qualität auf, weshalb es schwierig sei, einen einzelnen Titel hervorzuheben. Es sei fantastisch gewesen, sich während des Auswahlprozesses durch ihre Arbeiten zu lesen.

Gerade einmal zwei ihrer Werke liegen auf Deutsch vor: die Gedichtsammlungen «Averno» (2007), in der sie sich dem Zusammenspiel von Mythologie und Mensch nähert, und «Wilde Iris» (2008) über den Kreislauf von Natur und menschlichem Dasein.

Die auf Deutsch erschienenen Bücher der frischgekürten Literaturnobelpreisträgerin Glück sind beim Luchterhand Literaturverlag vergriffen. «Wir sind gerade dabei, die Rechte neu zu verhandeln», sagte Sprecher Karsten Rösel am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur.

Wer ist Louise Glück?

Die Amerikanerin wurde in New York geboren und wuchs in Long Island auf. Schon als Mädchen schrieb sie Gedichte. Nach ihrem Debüt «Firstborn» (1968) veröffentlichte die heutige Literaturprofessorin bislang elf weitere Gedichtbände sowie mehrere Bücher mit Essays über Poesie.

Spätestens seit «The Triumph of Achilles» (1985) ist sie einem grösseren US-Publikum bekannt. Aktuell lehrt sie an der US-Elite-Uni Yale Englisch.

Für «Wilde Iris» erhielt sie 1993 den prestigeträchtigen Pulitzer-Preis, 2014 bekam sie den National Book Award für «Faithful and Virtuous Night». Glück war zeitweise Vorsitzende des Literaturkomitees der American Academy of Arts and Letters, zudem auch im Führungszirkel der Academy of American Poets.

Der «Washington Post» sagte die Schriftstellerin einmal, zu ihren Lieblingsautoren zählten unter anderem T. S. Eliot und William Carlos Williams. Nach Angaben der Zeitung war Glück zweimal verheiratet und hat einen Sohn.

Dieses Jahr ohne Skandal

Der deutsche Literaturkritiker Denis Scheck begrüsste die Entscheidung der Akademie. «Es ist eine Überraschung, aber keine schlechte», sagte er der dpa. Glück sei eine äusserst qualitätsvolle und in den USA sehr berühmte Lyrikerin, ihre Auszeichnung unterstreiche, welche Bedeutung die Lyrik auch im 21. Jahrhundert besitze.

«Die Akademie hat sich damit einen sehr sicheren Hafen gesucht nach der Kontroverse um Peter Handke im letzten Jahr», sagte Scheck weiter. Handke war im Vorjahr als Preisträger 2019 neben der Polin Olga Tokarczuk ausgezeichnet worden, die nachträglich für 2018 geehrt worden war.

2018 war der Literaturnobelpreis zunächst ausgefallen, weil die Schwedische Akademie in eine tiefe Krise rund um das mittlerweile ausgetretene Akademiemitglied Katarina Frostenson und ihren wegen Vergewaltigung verurteilten Ehemann Jean-Claude Arnault gestürzt war. Dass dann der Name Handke bei der Doppel-Vergabe ein Jahr später fiel, führte wegen dessen umstrittener Haltungen zum Jugoslawien-Konflikt zu erneuter Kritik und zu Protesten. (SDA)

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