Fix zur Gesellschaft
Ari und die Zehennägel der Frauen

Unsere Autorin war sich nicht sicher, ob sie diese Geschichte erzählen soll. Also, falls Sie schnell Ekel empfinden: Lesen Sie nicht weiter.
Publiziert: 20.06.2020 um 15:12 Uhr
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Aktualisiert: 23.06.2020 um 15:34 Uhr
Alexandra Fitz

Warnung: Diese Kolumne enthält verstörende Bilder. Nicht mein Bild, sondern Bilder, die in Ihrem Kopf entstehen können, wenn Sie diese Geschichte lesen. Also, wenn Sie schnell Ekel empfinden: Lesen Sie nicht weiter. Sie sind noch hier? Es ist Ihre Entscheidung.

Ich habe mir überlegt, ob ich darüber schreiben soll. Aber es ist zu absurd, als dass ich es für mich behalten könnte. Also, das ist die Geschichte von Ari. Ari ist ein kleiner, hellbrauner, kurzhaariger Hund. Keine Ahnung, welche Rasse. Er ist auf jeden Fall einer dieser Hunde, bei denen im Alter die kleinen Zähne schief aus dem Mund hervorlugen. Ari verbringt seine Tage in einem Kosmetikstudio. Er hat bei der Eingangstüre sein Körbchen und täppelt vergnügt von einem Behandlungszimmer ins nächste. Ari hat einen etwas speziellen Geschmack. Der Vierbeiner täppelt nicht einfach so aus Lust und Laune zwischen den Räumen hin und her. Nein, der Hund sucht Hornhaut und Zehennägel. Wenn die Kosmetikerinnen die kleinen Handtücher ihrer Kundinnen ausschütteln und die abgeraspelte Hornhaut und die abgeklipsten Zehennägel wie Sägespäne auf den Holzboden fallen, kommt Ari und frisst das Zeug. Irritiert sitzt man als Kunde auf dem Stuhl und sieht den kleinen Hund, wie er schmatzend das Horn vertilgt und den Boden sauber leckt.

«Warum tut er das?», entfährt es einem. «Er mag es so gerne.» «Darf er das?», entfährt es einem. «Ja, ja. Einfach nicht zu viel.» Während das kleine Ding sich im nächsten Raum auf die Suche nach mehr Horn macht, erzählt seine Besitzerin von Felix. Felix war Aris Gschpänli. Man musste ihn vor drei Jahren einschläfern. «Aber doch nicht wegen der Hornfresserei?», entfährt es einem. «Nein, nein.» Aber einmal musste man mit Felix zum Tierarzt. Der fragte dann, was der Hund neben dem normalen Futter noch bekomme. Ich wünschte mir, das Gesicht des Arztes gesehen zu haben, als man ihm antwortete: «Hornhaut und Zehennägel.» Den Blick des Arztes kenne ich nicht, aber die Diagnose: Bauchspeicheldrüsenentzündung.

Alexandra Fitz, stv. Leiterin des SonntagsBlick Magazin.
Foto: Thomas Meier
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Ich verabschiede mich. Ari steht an der Tür neben seinem Körbchen. Lugt da tatsächlich ein kleiner Zehennagel zwischen seinen schiefen Zähnen hervor?

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