Kolumne «Wild im Herzen» über einen hochgiftigen Wurm
Invasion der Hammerhaiwürmer

Das Naturhistorische Museum Bern hat ein Video zugeschickt bekommen, das möglicherweise eine kleine Sensation zeigt: einen Hammerhaiwurm in der Schweiz! Das wäre keine gute Neuigkeit.
Publiziert: 10.09.2021 um 06:41 Uhr
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Aktualisiert: 10.09.2021 um 06:43 Uhr
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Simon JäggiSänger der Rockband Kummerbuben

Der Horrorfilm-Industrie gehen allmählich die Tiere aus. Vögel, Haie, Spinnen, Schlangen – alles schon gehabt. Ich hätte da einen Vorschlag: Landplanarien. Oder reisserischer: Hammerhaiwürmer.

Und tatsächlich: Sie sind schon unter uns! Mein geschätzter Arbeitskollege und regelmässiger Berater in dieser Kolumne, Prof. Christian Kropf, hat in diesen Tagen nämlich ein Video erhalten, das sein Forscherherz höherschlagen liess. Darin zu sehen ist ein skurriles Wesen, das sich durch einen Garten in Baselland schlängelt. Der Absender hielt es für eine Schlange und wollte sie von einem Wissenschaftler bestimmen lassen.

So wissenschaftlich interessant der Fund ist – für unser Ökosystem ist das keine gute Neuigkeit. Es handelt sich dabei wahrscheinlich um Bipalium kewense. Eine wasserdichte Bestimmung könne er aber mittels des Videos nicht vornehmen, betont Kropf.

Giftiger Einwanderer: Der Hammerhaiwurm.
Foto: imago images/Colin Marshall

Vielleicht eine Schweizer Premiere

Sicher ist aber: Der Hammerhaiwurm und andere Landplanarien sind in Europa auf dem Vormarsch. Französische Forschende sammeln auf einem Twitter-Account Beobachtungen, die Laien melden. Die Tiere, die ursprünglich aus Südostasien stammen, breiten sich in Frankreich immer mehr aus. Wahrscheinlich eingeschleppt mit tropischen Pflanzen. Dass sie sich inzwischen auch in der Schweiz tummeln, ist also kein Wunder. Beim erwähnten Video handelt es sich aber um eine der ersten Sichtungen von Bipalium kewense in der Schweiz, vielleicht sogar die erste.

Den Übernamen Hammerhaiwurm hat das Tier seines markanten Kopfes wegen erhalten. Er kann bis zu 60 Zentimeter lang werden. Das Neozoon (Fachwort für eingeschleppte Tiere) ist ein invasiver Räuber und ernährt sich von Regenwürmern – was ein Problem darstellen könnte. Unsere Böden sind stark von Regenwürmern abhängig.

Finger weg, er ist hochgiftig!

Und da ist noch was: Der Wurm ist hochgiftig. Er produziert eines der stärksten bekannten Gifte überhaupt, das Nervengift Tetrodotoxin – bekannt von Kugelfischen. Für Menschen stellen Landplanarien aber keine unmittelbare Gefahr dar. Dennoch: Berühren Sie den Hammerhaiwurm besser nicht, sollten Sie einem in Ihrem Garten begegnen. Drehen Sie besser ihren eigenen Gruselfilm.

Simon Jäggi (41) ist Sänger der Rockband Kummerbuben und arbeitet im Naturhistorischen Museum Bern. Er schreibt jeden zweiten Freitag im Blick.

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