Lisa Feldmann über das Geschäft mit den Accessoires
Du bist, wie du wohnst

Fast Fashion ist out, doch ganz müssen wir nicht auf Spontakäufe verzichten. Das Geschäft mit Accessoires boomt. Das Sofakissen wird zum identitären Statement.
Publiziert: 13.11.2021 um 01:07 Uhr
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Aktualisiert: 12.11.2021 um 19:07 Uhr
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Lisa FeldmannLifestyle-Expertin

In der vergangenen Woche machte eine erstaunliche Nachricht die Runde: Der schwedische Möbelhändler Ikea hat eine der teuersten Immobilien in London gekauft. Das mehrstöckige Warenhaus Top Shop an der Oxford Street. Die Gegend kennt jede Frau, reiht sich doch hier im Herzen von Mayfair ein Modegeschäft an das andere.

Ausgerechnet Top Shop, jenes Label, das dem Shoppen von sogenannter Fast Fashion einst zum Kult-Status verhalf, weil es nicht nur Trends imitierte, sondern selbst welche setzte, musste jetzt aufgeben. Eine neue Generation Kundinnen steht eher auf Klassiker als auf den Dernier Cri einer aktuellen Saison, der naturgemäss schon nach wenigen Wochen überholt wirkt.

Uniqlo, Zara oder H&M etwa setzen inzwischen auf schlichte Pullover oder warme Wintermäntel in dezenten Farbtönen. Mode soll jetzt signalisieren, dass sie jahrelang tragbar bleibt, qualitativ haltbar und über jeden Trend erhaben. So was wirkt nachhaltig und entlastet die jungen, engagierten Gewissen.

Sofakissen sind die neuen Statement-Sneakers, sagt Lisa Feldmann.
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Es geht um den Krimskrams rundherum

Was aber hat Ikea hier verloren, das Möbelhaus, dessen Blau-Gelbe-Lagerhallen-Ästhetik wir von seelenlosen Industrievierteln kennen, die wir nur dann aufsuchen, wenn komplette Einbauküchen oder das nächste Kinderzimmer fällig sind? Wobei wir dann allerdings jeweils mit einer Wagenladung Wohnaccessoires an der Kasse enden, von denen wir nicht mal ahnten, dass wir sie brauchen.

Um genau diesen Impuls geht es! Sei es, weil wir so viel zu Hause sind wie noch nie, sei es, weil wir in den sozialen Medien verfolgen können, wer alles so besonders schön eingerichtet ist – Spontankäufe von Lampenschirmen, Kissenbezügen und Keramik-Teekannen gehen gerade durch die Decke.

Davon profitieren schon jetzt Filialen von klassischen Wohnaccessoire-Anbietern wie Mubi, Interio oder Søstrene Grene, deren Produkte wir gern im Vorübergehen konsumieren. Und bald also im neuen Flag Ship Store von Ikea in London.

Die letzte Bastion für den schnellen Konsum

Aber auch Designermarken haben deutlich aufgerüstet, und selbst edle Fashion-Webseiten haben die Sparte Home-Accessoires entdeckt. Jetzt gibt es Kuscheldecken von Loewe oder Gabriela Hearst und für die Avantgardisten unter uns hübsche, bunte Keramik von Ottolinger oder eine Fussmatte von Off-White. Alles erschwinglich, ideal für den eher unüberlegten Konsum.

Hübsch eingerichtet überholt gerade schick angezogen, so viel steht fest. Denn: Sofakissen sind die neuen Statement-Sneakers.

Lisa Feldmann hat sich schon als Chefredaktorin der Zeitschrift «Annabelle» über die tiefere Bedeutung unserer alltäglichen Lifestyle-Produkte Gedanken gemacht. Heute liest man darüber jeden zweiten Samstag im Blick und auf www.feldmanntrommelt.com

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