Die Frage ist eher, was mit uns allen los ist! Was Liebe und Beziehung anbelangt, herrschen in unseren Köpfen diverse wunderliche Überzeugungen, die immer wieder heftig mit der Realität zusammenprallen, an denen wir aber trotzdem festhalten: Wir glauben, dass wir ein Leben lang glücklich sein werden mit unserer Partnerin oder unserem Partner, dass unsere Liebe jede Schwierigkeit überwinden wird und dass beide niemals Augen für andere Menschen haben werden.
Hinzu kommen weitere Glaubenssätze, die wir für ebenso zwingend wahr halten, nämlich dass es in jeder Beziehung schwierige Phasen gebe, man nicht alles haben könne, Streit normal sei etc. So entsteht ein gefährliches Konglomerat aus widersprüchlichen Ideen, das uns – mal aus Hoffnung, mal aus Kleinmut – Situationen erdulden lässt, die wir längst hätten verändern müssen.
Dass Sie nach 16 Jahren Gefühle für einen anderen Mann entwickelt haben, liegt daran, dass Sie in Ihrer Beziehung die entsprechende Nähe, Wärme, Lebhaftigkeit und Anerkennung vermisst haben – vermutlich schon sehr lange, aber aus den genannten Gründen reden wir uns einen solchen Mangel im Nu schön, notfalls jeden Tag.
Die Frage ist: Was haben Sie dazu beigetragen? Ein Partner ist ja kein Gefühlskiosk, der einen Tag und Nacht zu bedienen hat, sondern ein Gegenüber, mit dem wir gemeinsam die Beziehung gestalten. Wo waren Sie nicht nahe, nicht warm, nicht lebhaft und nicht anerkennend – auch sich selbst gegenüber? Und warum? Glauben Sie etwa insgeheim, Sie hätten keine richtige Liebe verdient?
Vielleicht entdecken Sie mit Ihrem Partner neue Intimität, vielleicht auch nicht. Die Leere aber weiterhin stehen zu lassen, sozusagen als kleinen Lackschaden des Lebens, ist auf keinen Fall eine Option. Da sind Sie einander und sich selbst mehr schuldig.
