Meyer rät: Soll man wegen der Kinder zusammenbleiben?
Trennungen sind das kleinere Übel

Mein Partner und ich wollen uns eigentlich trennen, haben uns nun aber auf meine Initiative hin entschieden, wegen der Kinder zusammenzubleiben.
Publiziert: 05.02.2022 um 18:10 Uhr
Thomas Meyer

Menschen, die «wegen der Kinder» zusammenbleiben, glauben, diesen damit einen Gefallen zu tun, indem sie ihnen eine Trennung und deren Konsequenzen ersparen. Das wirkt zwar nobel, ist aber viel zu wenig weit gedacht. Denn wenn ein Paar sich eigentlich trennen möchte, ist die Stimmung längst im Eimer – und bleibt auch dort drin. Es ändert sich ja nichts, im Gegenteil: Sie unterdrücken permanent Ihre wahren Gefühle. Das ist schon für Ihre Seele schlecht – für jene Ihrer wehrlosen Kinder ist es aber schlicht katastrophal. Denn inwiefern soll diesen gedient sein, wenn sie ihre Mutter – und auch ihren Vater – ständig unglücklich, gestresst und mutlos erleben? Zu was für einer Art Vorbild machen Sie sich dadurch?

Zugegeben, Trennungen sind weder angenehm noch einfach. Aber sie sind immer das kleinere Übel, verglichen mit der zwanghaften Fortführung eines Zustandes, dessen logische Konsequenz sie eigentlich wären. Wenn Sie nun tatsächlich zusammenbleiben, bis Ihre Kinder ausgezogen sind, bedeutet das eine jahrelange psychische Belastung für Sie und Ihre Kinder, die aus dieser Erfahrung gewiss nicht gestärkt und zuversichtlich in ihr eigenes Leben hinaustreten werden, sondern ängstlich und orientierungslos.

Sie sollten Ihre Entscheidung noch einmal gründlich überdenken und sich fragen, was Sie dazu getrieben hat. Warum glauben Sie, Trennungen seien so schändlich und schrecklich, dass man sie um jeden Preis – wirklich jeden – vermeiden müsse? Warum trauen Sie sich und Ihrem Partner nicht zu, sich in Würde und Respekt voneinander zu lösen? Und warum halten Sie Ihr seelisches Wohlergehen für derart irrelevant? Nehmen Sie die Unterstützung einer Fachperson in Anspruch, um die nötigen Antworten zu finden, und seien Sie ehrlich. Wer sich trennen will, soll und darf sich trennen.

Wenn die Eltern unglücklich sind, leiden die Kinder am meisten, sagt Thomas Meyer.
Foto: iStock
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