Wir sind Welt!
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BlickPunkt zum Gipfel in Genf:Wir sind Welt!

Über den Biden-Putin-Gipfel
Wir sind Welt!

Nächste Woche sind alle Augen auf Genf gerichtet. Dort begegnen sich die Präsidenten der USA und Russlands. Dass ihr Treffen in der Schweiz stattfindet, ist kein Zufall.
Publiziert: 12.06.2021 um 13:55 Uhr
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Aktualisiert: 12.06.2021 um 14:00 Uhr
Christian Dorer, Chefredaktor Blick-Gruppe

Gerade noch war die Schweizer Aussenpolitik von Wehklagen geprägt. Nach dem Aus für den Rahmenvertrag mit der EU war die Rede von Abseitsstehen und Bedeutungslosigkeit. Die Schweiz – einsam, isoliert, von aller Welt verlassen!

Keine 14 Tage später steht unser Land im Mittelpunkt der Weltöffentlichkeit: Am Mittwoch begegnen sich US-Präsident Joe Biden (78) und Russlands Präsident Wladimir Putin (68) in der herrschaftlichen Villa «La Grange» am Genfersee – ein grosser diplomatischer Erfolg für Aussenminister Ignazio Cassis (60) und sein Team.

In letzter Zeit fanden Gipfeltreffen eher in Singapur (Trump/Kim), Wien (Iran-Atomgespräche), Helsinki, Vancouver oder Stockholm statt. Alle wollen diese Welt-Events durchführen: Das bringt Prestige, Kontakte, Gratiswerbung – vielleicht sogar einen Platz in den Geschichtsbüchern.

Christian Dorer, Chefredaktor Blick-Gruppe: «Wenn sich die Mächtigen der Welt in der Schweiz begegnen, so bringt dies unserem Land grosse Vorteile.»
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Warum haben Biden und Putin nun ausgerechnet Genf ausgewählt?

  1. Die Neutralität: Unser Land war zwar nie wirklich neutral – im Kalten Krieg gehörte die Schweiz ebenso eindeutig zur westlichen Allianz wie heute zum demokratisch-freiheitlichen Europa –, doch die Eidgenossenschaft ist weltweit als vertrauenswürdige Vermittlerin akzeptiert, weil ihr als Kleinstaat keine eigenen Interessen im Weg stehen.
  2. Die Tradition: Schon mit der Gründung des Völkerbundes 1920, spätestens beim Treffen von US-Präsident Ronald Reagan und Sowjetführer Michail Gorbatschow 1985, mit dem das Ende des Kalten Krieges begann, ging Genf als die Stadt der Gipfel in die Geschichte ein.
  3. Die Uno: Genf ist nach New York der wichtigste Standort der Vereinten Nationen mit mehr als 40 internationalen Organisationen, 177 diplomatischen Vertretungen, 380 NGOs, 26’000 Diplomaten.
  4. Das Praktische: Unser Land ist in der Lage, einen solchen Gipfel auch kurzfristig sicher und präzise durchzuführen, was nicht nur mit dem Weltruf der Schweizer Uhren zusammenhängt.
  5. Die Umstände: Eine EU-Nation kommt wegen der Brüsseler Sanktionen gegen Russland nicht in Frage, während die Schweiz zu Moskau wie zu Washington ein relativ unbelastetes Verhältnis pflegt.

Wenn sich die Mächtigen der Welt in der Schweiz begegnen, so bringt dies unserem Land grosse Vorteile. Das zeigt sich jedes Jahr am WEF in Davos. Denn es gehört zu den Gepflogenheiten der Diplomatie, dass die Regierung des Gastgeberlandes ein bilaterales Treffen mit den Gästen anberaumt. So kann der Bundesrat internationale Beziehungen auf höchster Ebene pflegen – und so etwas schadet nie: Ohne das Gipfeltreffen in Genf würde Joe Biden die Schweiz auf seiner Europareise links liegen lassen.

Auf der Weltbühne sind wir wer. In Europa heute Nachmittag hoffentlich ebenfalls, wenn die Fussball-Nati um 15 Uhr ihr erstes EM-Spiel gegen Wales austrägt!

Hopp Schwiiz!

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