Afrika-Masche, geschmuggelte Drogen und ein tobender Richter
St. Galler Rentnerin flieht vor Haft in Kolumbien

Eine Ostschweizer Rentnerin wurde in Kolumbien zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Doch ihr gelingt die Flucht. Der zuständige Richter tobt – und beschuldigt die Schweiz.
Publiziert: 10.06.2024 um 18:23 Uhr
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Aktualisiert: 11.06.2024 um 14:32 Uhr

30 Jahre lang waren sie verheiratet, doch im September 2021 endet das Glück des St. Galler Rentnerpaares auf einer gemeinsamen Reise jäh. Die Ehefrau, Rita B.*, landet im grössten Frauenknast Kolumbiens. Der Vorwurf: Drogenschmuggel.

Das vermeintliche Abenteuer beginnt zu Hause in Gams im Kanton St. Gallen, wie RTS berichtet. Eines Tages flattert eine E-Mail eines selbsternannten afrikanischen Anwalts ins Postfach von Ritas Ehemann Marcel B.*. Eine Erbschaft in Kolumbien winkt – inklusive einer gratis Reise. Perfekt für das Ehejubiläum, denkt sich Marcel B. Seine Frau zögert zunächst, begleitet ihren Mann dann aber doch auf die Reise. Später sollte sie diesen Entscheid zutiefst bereuen.

In Kolumbien angekommen nimmt das Drama seinen Lauf. Eine ominöse Kontaktperson erklärt dem Paar, dass es ein Problem mit dem Erbe gebe und schickt die beiden weiter nach Serbien mit einem Paket im Gepäck. Am Flughafen von Bogotá finden die Beamten über drei Kilogramm reines Kokain im Koffer – versteckt in Büchern und Faxpapierrollen. Das Rentnerpaar ist offensichtlich auf Betrüger hereingefallen. Während Rita B. festgenommen wird, kehrt ihr Mann unbehelligt in die Heimat zurück.

Die Rentnerin stand in Kolumbien fast zwei Jahre lang unter Hausarrest.
Foto: Screenshot RTS
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Durch die Haft verschlechtert sich ihr Zustand

Rita B. droht eine mehrjährige Gefängnisstrafe in Kolumbien. «Sie litt unter Stress, Einsamkeit und Angst. Wenn sie also noch eine harte Gefängnisstrafe draufsetzen, hätte das zu einem Zusammenbruch ihrer psychischen Gesundheit führen können», sagt ihr Anwalt Diego Henao Vargas gegenüber RTS.

Ihr Geisteszustand verschlechtert sich, und dem Anwalt gelingt es, sie in Hausarrest zu verlegen. In Bogotá lebt Rita B. fast zwei Jahre zurückgezogen, finanziert von ihrer AHV-Rente. Vermieterin Maribel erinnert sich gegenüber dem Sender an die eigenwillige Mieterin. Die Schweizerin habe ihre Zeit mit Origami verbracht. «Das war Ritas Leben, sehr ruhig. Wir vermissen sie.»

Denn Rita B. hält sich nicht mehr in Bogotá auf. Als der Richter Ende August 2023 die Rückkehr ins Gefängnis anordnet, ergreift die damals 68-Jährige mit Pass und Kreditkarte die Flucht: eine viertägige Odyssee von Kolumbien über Brasilien nach Europa. Zurück in der Schweiz findet sie Zuflucht in einem Nachbardorf von Gams. Ihren Mann will Rita B. nicht mehr sehen.

Kolumbianischer Richter: «Es war die Schweizer Regierung»

Derweil tobt der kolumbianische Richter, der Rita B. verurteilte. «Es war die Schweizer Regierung, sehr wahrscheinlich, ich bin mir fast absolut sicher, die interveniert hat, damit sie von hier ausreisen konnte. Sie sehen unsere Länder als Jagdgründe der Europäer, sie sehen uns immer noch als Indianer, die sie kolonisieren, erobern und unterwerfen müssen», wird Hermens Dario Lara Acuna, Richter am Obersten Gericht in Bogotá, von RTS zitiert. Rita B. drohen weitere vier bis neun Jahre Haft wegen der Flucht. Auch ein internationaler Haftbefehl liegt gemäss dem Sender gegen sie vor. Nach Schweizer Recht kann sie aber nicht ausgeliefert werden.

Die juristischen Mühlen mahlen jedoch auch hier weiter: Die Staatsanwaltschaft St. Gallen hat die Rentnerin und ihren Mann vorgeladen. Ein neues Verfahren droht – diesmal auf heimischem Boden.

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Blick benutzt künstliche Intelligenz als Helferin bei der Redaktionsarbeit, etwa beim Aufspüren verschiedener Quellen oder beim Erstellen von Zusammenfassungen von Texten. Blick befolgt beim Einsatz von KI strenge Regeln. So hat immer der Mensch das letzte Wort. Mehr Infos gibts hier.

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