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Klimawandel bremst Höhenwinde
Der langsame Jetstream macht unser Wetter so extrem

Heftige Wetterereignisse beschäftigen derzeit die Nordhalbkugel. Laut Experten lassen sich die Hitzewellen und starken Niederschläge auf den Klimawandel zurückführen. Meteorologe Klaus Marquardt erklärt die Zusammenhänge.
Publiziert: 16.07.2021 um 18:50 Uhr
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Aktualisiert: 16.07.2021 um 19:06 Uhr

Hitzewelle und massive Waldbrände in Kanada und den USA, tödliche Fluten in Europa – seit Wochen häufen sich die extremen Wetterereignisse auf der Nordhalbkugel. Besonders zwischen dem 40. und 50. Breitengrad richten Umweltkatastrophen immer wieder erheblichen Schaden an.

Experten zufolge passen die extremen Wetterbedingungen in das Bild des Klimawandels. Doch wie funktioniert das genau? Was hat Erderwärmung mit riesigen Fluten zu tun?

Für Regen und Sonne sorgt der Jetstream

Entscheidend für unser Wetter ist der Jetstream. Meteonews-Meteorologe Klaus Marquardt erklärt gegenüber Blick: «Der Jetstream ist der Motor für das Wettergeschehen in den mittleren Breiten.»

«Der Jetstream ist der Motor für das Wettergeschehen in den mittleren Breiten», sagt der Meteonews-Meteorologe Klaus Marquardt. Angetrieben wird der Jetstream durch hohe Temperaturunterschiede. Das Problem jedoch ist, das der Klimawandel genau das Gegenteil bewirkt.
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Der Jetstream entsteht im Übergangsbereich zwischen warmer Luft im Süden und kalter Luft im Norden. Durch die Erdrotation weht er von West nach Ost. Allerdings nicht geradlinig, sondern er mäandert – «schlängelt» – dabei.

Entlang dieses Starkwindbandes laufen Tief- und Hochdruckgebiete. Erstere kommen vom Norden und bringen kalte Luftmassen. Letztere wehen vom Süden und bringen warme Luft.

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Klimawandel verlangsamt Jetstream

Angetrieben wird der Jetstream durch die hohen Temperaturunterschiede. Und da liegt laut Marquardt der Knackpunkt: «Die Arktis erwärmt sich, wodurch der Temperaturunterschied zwischen Nord und Süd kleiner wird.»

Die Folge: Das Wetter wird «langsamer». Das heisst: Der Jetstream wird schwächer und mäandert stark. Die Tief- und Hochdruckgebiete entlang des Starkwindbandes bewegen sich langsamer von West nach Ost.

So kommt es, dass das massive Hochdruckgebiet in Nordamerika sehr lange über die gleiche Region zog, was Hitze, Dürre und schlussendlich Waldbrände mit sich brachte.

Regen durch mehr Wasser in Atmosphäre

Für den nassen Juli in Mitteleuropa sei hingegen ein – fast schon stationäres – Tiefdruckgebiet verantwortlich. Hier beeinflusse der Klimawandel jedoch nicht nur die Dauer des schlechten Wetters, sondern potenziell auch die Niederschlagsmenge: Eine wärmere Atmosphäre könne mehr Wasserdampf aufnehmen, was wiederum zu mehr Niederschlag führe, erklärt der Experte.

Doch nur bei Regen ist es in letzter Zeit nicht geblieben – Gewitter, Donner und Hagel haben für Weltuntergangsstimmung gesorgt. Ist das auch eine Folge des Klimawandels? Marquardt: «Die Antwort ist nicht so einfach. Starke Gewitter gab es auch früher.»

Doch heftige Wetterereignisse würden sich häufen. Der Meteorologe ist beunruhigt: «Wenn hundertjährige Hochwasser in zwei Jahrzehnten gleich mehrfach auftreten, dann verschiebt sich da langsam was. Die Frage ist dann allerdings: Wie sieht ein echtes hundertjähriges Hochwasser in Zukunft aus?»

«Zu kaltes Wetter ist zur Ausnahme geworden»

Trotz eines bisher regnerischen und eher kühleren Julis sagt er: «Zu kaltes Wetter ist zur Ausnahme geworden.» Im Nordosten Europas sowie im Norden Sibiriens habe es zuletzt aussergewöhnlich hohe Temperaturen gegeben. Diese liessen Schnee und Eis rekordverdächtig schnell schmelzen.

Laut dem Klimabulletin von MeteoSchweiz war der Juni 2021 hierzulande der viertwärmste Juni seit Messbeginn 1864. Mit einer Durchschnittstemperatur von 14,4 Grad lag er um 2,5 Grad über der Norm 1981-2010. (une)

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