Reporter Fabian Vogt macht den Daten-Selbsttest
Facebook kennt sogar die Nummer meiner toten Oma!

Dass Facebook eine Datenkrake ist, ist bekannt. Doch die Zahl und Art der gespeicherten Informationen verstört. Im Selbsttest hat Reporter Fabian Vogt sämtliche Daten heruntergeladen, die Facebook bisher gesammelt hat und festgestellt, wie transparent er und sein Umfeld für das Soziale Netzwerk sind.
Publiziert: 31.03.2018 um 12:19 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 02:40 Uhr
Fabian Vogt

Facebook hat am Gründonnerstag bekanntgegeben, die Zusammenarbeit mit Datenhändlern zu beenden (BLICK berichtete). Damit reagiert der Konzern auf den Cambridge-Analytica-Skandal: Die Analyse-Firma hatte sich auf illegale Weise Informationen von Dutzenden Millionen Facebook-Nutzern beschafft. Facebook erfuhr davon schon vor drei Jahren, informierte aber seine Nutzer nicht (soll jetzt nachgeholt werden) und gab sich mit der Antwort zufrieden, dass die Daten gelöscht worden seien (eine Lüge). 

Um herauszufinden, wie sehr ich von diesem Datenleck betroffen sein könnte, wollte ich wissen, was Facebook alles über mich gespeichert hat. Deshalb habe ich die Daten, die Facebook über mich gesammelt hat, heruntergeladen. Und dabei festgestellt: Die wissen viel zu viel! Da war die Nummer meiner verstorbenen Grossmutter, die nie Facebook benutzte, zu finden. Textnachrichten mit Affären, deren Profile ich eigentlich gelöscht hatte. Oder auch, welche Firmen meine Daten zu Werbezwecken verwenden.

Profil für Werbetreibende

Wer mich nicht kennt, weiss nach der Lektüre meines Profils bereits einiges. In verschiedenen Tabs erfährt man noch mehr über sich selbst. Ab und an stimmen die Informationen nicht, sehr oft aber schon.

Facebook hat ein Profil über mich erstellt, das es Drittanbietern ermöglicht, mir massgeschneiderte Werbung anzubieten. Das Profil ist erschreckend gut: Facebook weiss unter anderem, dass ich viel reise, ein Android-Telefon besitze, aber mit dem Laptop Windows 7 nutze. Dass ich ein eigenes Unternehmen habe oder zumindest mich dafür interessiere und mich mit neuen Technologien beschäftige, ist Facebook ebenso bekannt wie die Tatsache, dass ich gerne zocke. Oft wird bei solchen Profilen auch die politische Einschätzung angezeigt, da ich als Journalist aber versuche, in dieser Hinsicht neutral zu bleiben, fehlt das bei mir.

Facebook-Chef Mark Zuckerberg steht derzeit arg in der Kritik. Erstmals wird einer breiten Öffentlichkeit bewusst, welche Daten das Unternehmen speichert. Das Ergebnis ist erschreckend.
Foto: STEPHEN LAM

Wer sein eigenes Profil anschauen möchte, kann dies hier tun. Danach auf Deine Informationen – Deine Kategorien klicken. Falls übrigens jemand der Meinung ist, dass eine Kategorie überhaupt nicht passt, kann sie weggeklickt werden. Das führt aber nicht dazu, dass weniger Werbung geschaltet wird. Sie wird einfach zufälliger sein.

Netterweise sagt Facebook auch gleich, welche Anbieter die Daten haben. In meinem Fall ist offenbar vor allem der Spieleanbieter PlayStation sehr interessiert, aber auch Fluggesellschaften und das Modehaus Zalando, bei dem ich allerdings noch nie bestellt habe. 

Einige der Firmen, denen Facebook meine Daten zu Werbezwecken weitergibt.
Foto: Fabian Vogt (Screenshot)

Wie man die Daten löschen kann

Weshalb weiss Facebook diese Dinge über mich? Weil es sämtliche Daten speichert, die es kriegen kann. Dazu gehören unter anderem Nachrichten, Videos, Fotos aber auch Telefonkontakte von Freunden. Einiges davon gebe ich willentlich preis, vieles allerdings nicht. 

Wer mein Experiment wiederholen möchte, kann sich seine Facebook-Daten ebenfalls herunterladen. Dazu geht man oben rechts bei Facebook auf den Pfeil,danach Einstellungen-Allgemein und dann zuunterst «Lade eine Kopie deiner Facebook-Daten herunter.» auswählen. Die Daten werden anschliessend aufbereitet und als ZIP-File zur Verfügung gestellt. Mein Dokument war rund 250 MB gross, was mehr als 150'000 Word-Seiten entspricht. Hier die wichtigsten Erkenntnisse:

Facebook kennt jede Nachricht, die je gesendet oder erhalten wurde und jede Datei, die geschickt oder empfangen wurde. Das Label «Private Nachricht» ist ein schlechter Scherz. Facebook weiss, wann ich mich wo mit welchem Gerät eingeloggt habe, besitzt sämtliche von mir gemachten und gelöschten Fotos und hat sämtliche Videos, die jemals von oder über mich auf der Plattform hochgeladen wurden.

Auch die Freunde sind transparent

Doch damit ist der Datendurst noch nicht gestillt. Facebook weiss, das ist erschreckend, auch alles über meine Freunde. Ihre Email-Adressen, ihre Telefon-Nummern, wann ich sie befreundet habe, an welchen Events wir zusammen waren oder welche Anfragen ich ignorierte. Informationen wie Email-Adressen und Telefon-Nummern habe ich niemals dem Sozialen Netzwerk hinzugefügt, Facebook ist das egal.

Wer Facebook die Daten seiner Freunde nicht mehr geben möchte, klickt auf diesen Link. Danach auf Alle Kontakte entfernen.

Wer seine Daten herunterladen will, wird entdecken, dass sich hinter dem fast nebensächlich angebrachten «and more» eine Hülle von Informationen verstecken.
Foto: Fabian Vogt (Screenshot)

Mit all diesen Informationen erstaunt es nicht, dass Facebook besser über mein Leben Bescheid zu wissen scheint, als ich selber. So weiss das Unternehmen genau, was ich jeden Tag in den letzten zwölf Jahren – 2006 habe ich mich registriert – gemacht habe. Wer auf Startseite-Entdecken-An diesem Tag geht, sieht, was er beispielsweise am 29. März 2010 getan hat. Dabei tauchen nicht nur eigene Posts auf, sondern auch solche, in denen man von Freunden markiert wurde. An die man vielleicht gar nicht mehr erinnert werden möchte und sicher nicht in die Hände von Leuten fallen sollen, die man nicht kennt.

Telefondaten gehen gar nicht!

Für das grösste Entsetzen sorgte bei den Facebook-Nutzern in den letzten Tagen die Tatsache, dass Facebook auch die Telefon-Daten hat. So kennt es die Nummern meiner Eltern, Verwandten und anderen Bekannten, die nicht auf Facebook sind und es nie waren. Die teilweise nicht einmal über ein Smartphone verfügen. Nebst den Nummern sammelte Facebook in den letzten Jahren auch Anrufdaten von Android-Nutzern. Bei mir war das nicht der Fall, weil ich es Facebook nie erlaubte. Doch vielen geht es anders, wie ein Blick auf Twitter zeigt:

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Die Anrufdaten werden gesammelt, wenn die Messenger-App installiert ist und man Facebook die Erlaubnis gab, Kontakte zu teilen. Facebook kennt aber viel mehr als nur die Kontakte: Sie wissen, mit wem man wann und wie lange telefoniert hat. Sie wissen auch, mit wem man wann geschrieben hat. Für Facebook ist dies das normalste der Welt, eine Entschuldigung braucht es deshalb offenbar nicht. Im Gegenteil, die Methode wird verteidigt. Man könnte so einfacher Leute finden und das wäre schliesslich ein Hauptzweck von Social Media, sagte kürzlich Firmenchef Mark Zuckerberg. Zudem seien Kontakt-Importer ganz natürlich und man würde ja keine Inhalte von Gesprächen und Nachrichten speichern. 

Wer sich mit dieser Erklärung nicht zufrieden gibt, der kann verhindern, dass Facebook weiterhin diese Meta-Daten speichert. Dazu öffnet man die Facebook-Messenger-App und klickt auf der Startseite auf das Profilbild. Dann runterscrollen zu Personen und dort die Funktion Kontakte synchronisieren deaktivieren. Dann mit Synchronisation beenden bestätigen. Um sämtliche bisher gespeicherten Telefon-Optionen zu löschen, klickt man wie bei den Facebook-Freunden auf diesen Link. Danach unten auf Zeige die Kontakte an, die du im Messenger hochgeladen hast - Alle löschen.

Um zu verhindern, dass Facebook weiterhin Daten speichert, gibt es auch eine endgültigere Möglichkeit: Den Account deaktivieren. Weil das gar nicht so einfach ist, hier eine Kurzanleitung: Auf der Startseite oben rechts auf den Pfeil nach unten klicken. Danach EinstellungenAllgemeinKonto verwaltenKonto deaktivieren. Danach fragt Facebook noch mehrmals nach, ob man sich sicher sei. Nach dem, was in den letzten Tagen herauskam und vor allem, wie Facebook sich dabei verhalten hat, gibt es immer mehr Leute, die sich sicher sind. 

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