«Man lässt das Projekt versanden»
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Stink-Streit in Hohenrain LU:«Man lässt das Projekt versanden»

2300 Menschen, 15'000 Schweine –in Hohenrain LU stinkts jetzt sogar Züchter Arthur Röösli (51) zu fest
«In diesem Dorf stimmt einiges nicht»

In Hohenrain LU wabern seit Jahren Stinkewolken durch die Wohnzonen. Die Abluft von Schweineställen wird ungenügend gereinigt. Trotz Studie, Arbeitsgruppe und Klagen scheint sich nichts zu ändern. Schweinezüchter Arthur Röösli hat investiert und ist nicht zufrieden.
Publiziert: 06.12.2023 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 06.12.2023 um 09:16 Uhr
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Beat MichelReporter

Im Luzerner Dorf Hohenrain stinkts gewaltig! Hier leben 15'000 Schweine – bei nur bei knapp 2300 Menschen. Zu sehen ist davon nicht viel, die Ställe sind klein und unscheinbar, die Tiere bleiben drinnen. Umso deutlicher aber zeigt die Nase den Saubestand an. Grösste Stink-Ecke in der Gemeinde: der Dorfteil Günikon, auch Güllikon genannt.

Seit Jahren bekommt die Gemeinde das Problem nicht in den Griff. Denn: Freiwillig baut die Mehrheit der ansässigen Bauern in ihren Ställen keine neuen Luftreiniger ein. Schweinezüchter Arthur Röösli (51) ist der eine Bauer, der investierte. Dass die anderen nicht mitziehen, macht ihn muff. «Ich kann jetzt den Gestank der anderen auf meinem Hof riechen, weil es bei mir nicht mehr riecht. Für das Dorf hat sich leider noch nichts geändert», sagt er genervt.

Gemäss eigenen Angaben hat Röösli unter anderem 250'000 Franken in eine moderne Abluftreinigungsanlage investiert. Zudem dürfen seine Schweine den Stall nicht mehr verlassen. Ganz anders verhalten sich seine beiden nur wenige Dutzend Meter entfernten Schweineproduzenten-Nachbarn. Sie betreiben bisher ihre alten Abluftwäscher weiter, investieren kaum.

Schweinezüchter Arthur Röösli aus Hohenrain LU brütet über den Dokumenten. Er hat als erster der Bauern in Günikon die Anlage modernisiert. Finanziell hat es ihm nicht viel gebracht.
Foto: Beat Michel
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Studie bestätigt: Es stinkt.

Gestank ist nicht einfach zu messen. Das Bundesamt für Umwelt gibt zwar vor, wenn es mehr als zehn Prozent der Zeit schlecht rieche, müssen Massnahmen getroffen werden. Doch wer entscheidet, ob es stinkt? Die Gemeinde liess darum im Sommer 2020 das Thema wissenschaftlich angehen. Unabhängige Schnüffler prüften an 15 Standorten während jeweils fünf Minuten, ob «Gerüche aus der Landwirtschaft» wahrnehmbar sind. Das Resultat: Die Hohenrainer Bevölkerung ist «beträchtlichen» Geruchsimmissionen ausgesetzt. An keinem der Messpunkte wird die Vorgabe des Bundes unterschritten.

Arthur Röösli sagt: «In diesem Dorf stimmt einiges nicht». Er kann nicht nachvollziehen, warum die beiden Höfe neben ihm weiterstinken dürfen. Herausfinden kann er das nur schwer, «denn wir sprechen nicht mehr miteinander», sagt er zu Blick.

Auch am Tag des Blick-Besuches ist die Luft nicht rein. Trotz Kälte und Wind sind die unangenehmen Düfte zwar nicht immer in der Nase, aber immer wieder. Es sind wahre Stinkwolken, die durch das Dorf wabern. Blick kontaktierte die beiden Bauern, von deren Höfen die Stinkwolken kommen. Antworten gibt es jedoch keine.

Gemeindeoberhaupt: «Alles wird gut.»

Dafür spricht der Gemeindepräsident Alfons Knüsel (62). Er hat dufte Neuigkeiten für seine Bürger: Jahrelang hat die Gemeinde Druck auf die Stinke-Bauern gemacht. Bald können die geplagten Anwohner hoffentlich aufatmen, wie der Gemeindepräsident gegenüber Blick schreibt: «Einer von zwei nötigen Luftwäschern ist bereits bewilligt. Die Bewilligung für die zweite Anlage ist auf der Zielgeraden.»

Das Dorfoberhaupt erklärt weiter: «Zum Zeitpunkt der Erhebung war das Ziel bereits klar: die Geruchssituation so weit wie möglich in Zusammenarbeit mit den Landwirten zu verbessern. Wenn die Massnahmen freiwillig umgesetzt werden, können jahrelange Rechtsstreitigkeiten vermieden werden.»

Zahlungen streichen? Geht nicht!

Auch das zuständige kantonale Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement verweist auf die kommenden Luftwäscher als positive Wende. Sprecherin Paloma Meier-Martino weist aber auch darauf hin, dass es keinen rechtskräftigen Entscheid der Vollzugsbehörde wegen Geruchsbelästigung gibt. Die Resultate der Stink-Studie sind demnach nicht bindend. Für die genervten Anwohnern heisst es also: Nase zu und durch, bis die neuen Filter da sind.

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