Unwetter in der Schweiz
Das Verdrängen wird sich rächen

Wann rettet man ein Dorf? Wann nicht? Wer es wagt, laut darüber nachzudenken, dem wird mit Empörung begegnet. Dabei ist es höchste Zeit, diese Diskussion zu führen.
Publiziert: 07.07.2024 um 11:25 Uhr
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Aktualisiert: 07.07.2024 um 11:29 Uhr
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Lisa AeschlimannReporterin & Blattmacherin

Die Unwetter vom letzten Wochenende mit mehreren Toten haben Diskussionen ausgelöst: Wie lange lohnt sich der Schutz einzelner Bergtäler noch, wenn extreme Wetterereignisse zunehmen?

Wann rettet man ein Dorf? Wann überlässt man es seinem Schicksal? Die Fragen sind aktueller denn je. In Brienz GR, dem Dorf, das rutscht, wurden bisher gut 70 Millionen in den Schutz investiert – für 72 Einwohnende und 50 Gäste. Ist das nicht zu viel?

Die Empörung über diese Fragen ist jeweils gross, die Bereitschaft zur Diskussion klein. Ein Muster, das sich seit Jahren wiederholt. Das Wegschauen geht so weit, dass man möglichst die Zukunft verdrängt. Die kantonalen Gefahrenzonenkarten erheben nur den Ist-Zustand – obwohl es technisch möglich wäre, diese auf Jahrzehnte hinaus zu planen und so vorausschauender zu bauen.

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Das Verdrängen wird sich rächen: Mit dem Klimawandel nehmen Naturgefahren zu. Der Permafrost taut, der Fels bröckelt, Hänge rutschen. Einzelne Häuser stehen schon heute mitten in Hochrisikozonen. Umsiedlungen werden unvermeidlich sein.

Kaum ein Land gibt so viel für ihre Berge aus wie die Schweiz

In kaum einem Land lässt man sich die Förderung der Randregionen so viel kosten wie in der Schweiz. Der Bund hat mit der Neuen Regionalpolitik von 2016 bis 2023 gut 240 Millionen Franken À-fonds-perdu-Beiträgen und knapp 320 Millionen Darlehen investiert. Dazu kommen landwirtschaftliche Unterstützungen, Beträge aus dem Finanzausgleich oder für den Verkehr. Es ist Geld, das anderswo fehlt.

Die Schweiz muss sich der Diskussion stellen, auch wenn sie schmerzhaft wird. Viel schmerzhafter ist nämlich, wenn das Zuhause von einem Tag auf den anderen für immer fort ist – weil man nicht hinschauen wollte.

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