Kündigung wegen Schwangerschaft
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Nur noch drei Monate Lohn:Kündigung wegen Schwangerschaft

So ekeln Firmen junge Mütter raus – BLICK-Leserinnen berichten
«Schwangere sind wie eine Seuche»

Der BLICK-Bericht über den «Karrierekiller Kind» hat viele Reaktionen hervorgerufen. Sie zeigen eine an Grausamkeit grenzende Rücksichtslosigkeit der Arbeitgeber bei Kündigungen von Schwangeren und jungen Müttern.
Publiziert: 12.02.2019 um 16:28 Uhr
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Aktualisiert: 13.02.2019 um 15:36 Uhr
Claudia Gnehm

Der Fall der jungen Mutter Julia H., welcher nach dem Mutterschaftsurlaub gekündigt wurde, hat zahlreiche Leserinnen aufgewühlt. «Ich muss leider sagen, dass es mir gleich ergangen ist», schreibt Sophia F.* aus dem Kanton St. Gallen. Wie bei Julia H. wurde ihr nach dem Mutterschaftsurlaub des zweiten Kindes gekündigt. «Dies obwohl bereits das Arbeitspensum und der 1. Arbeitseinsatz vereinbart wurde», schreibt sie in einem E-Mail.

Kommentarlose Kündigung

Bei Leserin Lena K.* versuchte der Vorgesetzte, sie bereits während der Schwangerschaft zur freiwilligen Kündigung zu drängen. Sie habe nicht gekündigt. Auch weil er ihr zuvor zugesichert hatte, dass sie nach dem Mutterschaftsurlaub wieder die Arbeit aufnehmen könne und die Firma familienfreundlich sei, teilt sie BLICK mit.

Leider sei dies nicht der Fall gewesen: «Nach Ende des Mutterschaftsurlaubs wurde ich ins Büro des Personalchefs zitiert – ich dachte, wir besprechen die neuen Arbeitsbedingungen – und da übergab er mir kommentarlos die Kündigung.»

Julia H. (38) wurde nach dem Mutterschaftsurlaub gekündigt, obwohl die Weiterbeschäftigung schriftlich vereinbart wurde.
Foto: Thomas Meier
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Auch von krassen Äusserungen berichten Leserinnen, von Sprüchen, die schon fast an Mobbing grenzen. «Schwangere sind eine Seuche», habe ihr die Finanzchefin gesagt, schreibt Karin F.*. Künftig stelle sie nur noch Männer ein, die würden wenigstens nicht schwanger.

Karin F. wollte ihr Pensum nach dem Mutterschaftsurlaub für ein Jahr auf 50 Prozent herabsetzen und nachher wieder aufstocken. Ihr wurde ebenfalls gekündigt. Der Unternehmenschef meinte «Kinder seien Selbstverantwortung». Sie suche trotz guter Qualifikation nach wie vor eine Teilzeitstelle.

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Frauen, die nach Geburt des Kindes weiterarbeiten wollen, müssen immer häufiger davon Abstand nehmen. Die Diskriminierungen wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft nehmen zu.

1. Teil: Firmen ekeln junge Mütter raus

2. Teil: «Schwangere sind wie eine Seuche»

3. Teil: «Jetzt wehren sich die Mütter»

4. Teil: «Nestlé-Schweiz-Chefin: Ich würde Schwangere einstellen»

5. Teil: «Unternehmerin warnt vor Kosten, die Mütter verursachen»

6. Teil: «Sogar der Gewerbe-Boss ist sauer»

7. Teil: «Was Frauen mit Kindern auf dem Arbeitsmarkt erleben»

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Ein Teufelskreis

Die Angestellte Anne R.*, die vier Jahre in einem Familienbetrieb arbeitete, hoffte auf eine Teilzeitstelle nach dem Mutterschaftsurlaub. Doch noch während des Mutterschaftsurlaubs stellte sie der Arbeitgeber vor die Wahl: entweder zu 100 Prozent weiterarbeiten – oder gar nicht!

«Schweren Herzens habe ich vorerst der 100-Prozent-Rückkehr zugestimmt», schreibt die Leserin. Wie sie das organisieren solle, wisse sie noch nicht. Aber sie brauche schlicht und einfach das Geld. Eine Vollzeitbetreuung könne sie sich nicht leisten. «Vielleicht hat jemand eine Idee, wie wir aus diesem Teufelskreis ausbrechen können?», so ihre verzweifelten Worte an BLICK.

Zahlreiche weitere Frauen schreiben von Kündigungen nach dem Mutterschaftsurlaub aus «wirschaftlichen Gründen». Auch Maria F.* erging es so. Ihr Arbeitgeber offerierte ihr, dass sie einen Monat der Kündigungsfrist bezahlt kriege und nicht arbeiten müsse, dafür nachher auf ihr Gehalt verzichten soll. «Ich habe zugestimmt, obwohl es ein Fehler war», schreibt sie. Einfach geschluckt hätte sie das faule Angebot und sich nirgends beschwert. «Es hätte ja eh nichts gebracht, sondern nur meine Kraft gekostet.»

* Namen geändert

So schützen Sie sich vor Willkür

Es lohnt sich, sich so früh wie möglich über Rechte und Pflichten von Schwangeren und Müttern zu informieren (z. B. auf www.infomutterschaft.ch). Die Lösung für die Berufstätigkeit nach der Geburt sollte mit dem Arbeitgeber so früh wie möglich in der Schwangerschaft ausgearbeitet werden.

Da die vor dem Mutterschaftsurlaub mündlich zugesicherte Pensumsreduktion öfters später nicht eingehalten wird, empfiehlt sich eine schriftliche Vereinbarung über das Arbeitsvolumen. Ein Anrecht auf eine Pensumsreduktion besteht grundsätzlich nicht. Bei Diskriminierungsverdacht sind die Fachstellen für Gleichstellung, Rechtsberatungsstellen und Gewerkschaften gute Anlaufstellen. Genaue Informationen darüber, wie ein Diskriminierungs-Verfahren abläuft, gibt es auf der Info-Seite des Bundes www.geichstellungsgesetz.ch.

Sollte eine Schwangere nicht mehr arbeiten können, muss sie ein Arztzeugnis vorweisen, damit die Taggeldversicherung für den Lohnausfall aufkommt. Während der Schwangerschaft und in den 16 Wochen nach der Geburt gilt ein Kündigungsschutz. Der Mutterschaftsurlaub darf nicht vor der Geburt angetreten werden.

Ist nach der Geburt eine längere Arbeitspause geplant, empfiehlt es sich mit der Kündigung bis nach der Geburt abzuwarten. Sonst könnten Ansprüche auf Erwerbsausfallentschädigung während des Mutterschaftsurlaubs entfallen. Wenn das Kind auf der Welt ist, bleibt genügend Zeit, um per Ende des Mutterschaftsurlaubs zu kündigen. Claudia Gnehm

Es lohnt sich, sich so früh wie möglich über Rechte und Pflichten von Schwangeren und Müttern zu informieren (z. B. auf www.infomutterschaft.ch). Die Lösung für die Berufstätigkeit nach der Geburt sollte mit dem Arbeitgeber so früh wie möglich in der Schwangerschaft ausgearbeitet werden.

Da die vor dem Mutterschaftsurlaub mündlich zugesicherte Pensumsreduktion öfters später nicht eingehalten wird, empfiehlt sich eine schriftliche Vereinbarung über das Arbeitsvolumen. Ein Anrecht auf eine Pensumsreduktion besteht grundsätzlich nicht. Bei Diskriminierungsverdacht sind die Fachstellen für Gleichstellung, Rechtsberatungsstellen und Gewerkschaften gute Anlaufstellen. Genaue Informationen darüber, wie ein Diskriminierungs-Verfahren abläuft, gibt es auf der Info-Seite des Bundes www.geichstellungsgesetz.ch.

Sollte eine Schwangere nicht mehr arbeiten können, muss sie ein Arztzeugnis vorweisen, damit die Taggeldversicherung für den Lohnausfall aufkommt. Während der Schwangerschaft und in den 16 Wochen nach der Geburt gilt ein Kündigungsschutz. Der Mutterschaftsurlaub darf nicht vor der Geburt angetreten werden.

Ist nach der Geburt eine längere Arbeitspause geplant, empfiehlt es sich mit der Kündigung bis nach der Geburt abzuwarten. Sonst könnten Ansprüche auf Erwerbsausfallentschädigung während des Mutterschaftsurlaubs entfallen. Wenn das Kind auf der Welt ist, bleibt genügend Zeit, um per Ende des Mutterschaftsurlaubs zu kündigen. Claudia Gnehm

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