Kinderliedermacher Andrew Bond
«Kindermusik muss für Eltern einigermassen erträglich sein»

Andrew Bond gibt heute zwei Konzerte im Zürcher Hallenstadion. Vor 25 Jahren gehörte er zu den Pionieren seines Metiers und trat einen Boom los, der bis heute anhält. Doch es gibt auch Entwicklungen, die dem erfolgreichen Kinderliedermacher Sorgen bereiten.
Publiziert: 17.12.2023 um 14:14 Uhr
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Jonas DreyfusService-Team

Seinen ersten Song «Zimetschtern han i gern» hat er vor 25 Jahren in einfacher Qualität auf Kassette für seine eigenen Kinder aufgenommen. Bis heute machen der Song und das gleichnamige Album, das er anschliessend veröffentlichte, einen grossen Teil der 800'000 Tonträger aus, die Andrew Bond (58) aus Wädenswil ZH in seiner langjährigen Karriere verkauft hat. Aus diesem Grund tritt der Kinderliedermacher – er gehört zu den erfolgreichsten seines Fachs – heute zweimal mit den alten Songs und einem rund 70-köpfigen Chor im Hallenstadion auf. Tickets für die beiden Mitsingkonzerte gibts nur noch wenige. Blick sprach mit Bond über seine unvergleichliche Laufbahn. 

Herr Bond, wie wichtig ist Ihnen Perfektion?
Andrew Bond: Wenn ich heute meine alten Sachen höre, denke ich immer, dass ich das am liebsten alles nochmals neu aufnehmen würde. Damals konnte ich es einfach nicht besser. Inzwischen ist mir Perfektion sehr wichtig.

Aber macht nicht gerade das Handgemachte diese Art von Musik so lebendig?
Klar darf die Seele nicht fehlen – das ist aber kein Freipass dafür, alles falsch zu machen. Wenn ich heute ein Lied aufnehme, achte ich darauf, das Endprodukt so zu gestalten, dass sich die Zielgruppe damit identifizieren kann. Bei Produktionen, die zu geschliffen sind, würden Kinder schnell einmal denken, dass das jetzt eher ein Lied ist, das sich an Erwachsenen richtet. Die Musik muss einen Stubencharme haben, wie ich das nenne. 

Andrew Bond, wie Kinder ihn mögen. Fotografiert im Jahr 2017 auf dem Hof in Wädenswil, wo er mit seiner Familie lebt.
Foto: Gabi Vogt/13PHOTO
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Einen Stubencharme?
Sie muss so authentisch klingen wie eine Familie, die zu Hause zusammen Weihnachtslieder singt. Lehrpersonen von heilpädagogischen Schulen schicken mir manchmal Aufnahmen von Schülern, die im Chor meine Lieder singen – von Instrumenten wie einem Triangel begleitet. Das klingt oft chaotisch. Doch ich spüre, mit welcher Inbrunst die Kinder bei der Sache sind. Das ist echt. 

Sie haben die Kindermusik vor 25 Jahren revolutioniert, indem Sie eine Mainstream-Musiksprache verwendeten, wie Sie es einmal genannt haben. Was heisst das?
Nichts anderes, als dass ich Pop-Elemente in die Songs einfliessen liess. Lange Zeit waren Swing- und Blues-Elemente das Exotischste, was man in Kindermusik aus der Deutschschweiz hören konnte. Sonst war sie volkstümlich geprägt und beeinflusst von «Chömed Chinde, mir wänd singe» – auch als Maggi-Liederbuch bekannt. Ende der 90er-Jahre traten neben mir Linard Bardill und die Band Schtärneföifi mit frischen Mundart-Kinderliedern ins Rampenlicht. Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort. 

Das hat in der Deutschschweiz einen Boom für Mundart-Kinderlieder losgetreten, der bis heute anhält. Woran lag es?
Am Anfang meiner Karriere haben sich sicher viele andere Musiker gedacht, dass sie das auch können, was wir gemacht haben. Ich fand das begrüssenswert, weil es die Szene zum Wachsen brachte. Inzwischen ist sie stark professionalisiert. 

Sie gehören bis heute zu den Erfolgreichsten. Was macht einen guten Kindermusiker aus?
Die Leute, die Erfolg haben in unserer Branche, kommen nicht aus der Musik, sondern aus der Jugendarbeit und aus pädagogischen Berufen. Viele waren in der Pfadi oder im Blauring. Sie wissen, was für Kinder relevant ist. Der St. Galler Marius Tschirky, der mit Marius & die Jagdkapelle Erfolge feiert, ist Waldkindergärtner. Ich habe 17 Jahre als Sekundarlehrer gearbeitet.

Die Macher der erfolgreichsten Schweizer Kinderband Schwiizergoofe haben keinen pädagogischen Background.
Den brauchen sie nicht, denn ihre Musik richtet sich auch an Kinder, die herausgewachsen sind aus dem Sound, den ich und vergleichbare Liedermacher herausgeben. Es sind Kinder, die alt genug sind, um Musik selbst zu streamen, was zum riesigen Erfolg in den Charts beiträgt. Was die Schwiizergoofe machen, ist mega. Vergangenen Sonntag standen sie auf Platz eins der Schweizer Albumcharts. Ich habe es mit «Zimetschtern han i gern» nochmals auf die sechs geschafft. 

Wie viele physische Tonträger verkaufen Sie noch?
Lange Zeit haben Liedermacher wie ich noch CDs verkauft, weil Eltern ihren Kindern lieber einen Player ins Zimmer stellten als ein Tablet. Doch das ist immer weniger oft der Fall. Ich habe deshalb mit anderen Kinderliedermachern die Plattform liederladen.ch initiiert, auf dem eine riesige Auswahl an Liedern aus allen Ecken der Schweiz einzeln gekauft und heruntergeladen werden kann. Denn Streaming ist eine Katastrophe fürs Geschäft.

Wie äussert sich das?
Mit Streamingeinnahmen lässt sich keine Produktion mit Studiomusikern bezahlen. Alben veröffentlichen kann ich mir deshalb nicht mehr leisten. Das geht auch anderen grossen Namen unter den Kinderliedermachern so. Fast niemand produziert mehr neue Sachen, weil es sich nicht mehr lohnt. 

Sein Name ist Bond. Andrew Bond.

Andrew Bond (58) ist Sohn einer Schweizerin und eines Briten. Mit zwölf Jahren zog er mit seiner Familie von England in die Schweiz. Bond hat Theologie studiert und arbeitete in Wädenswil ZH als Musik- und Religionslehrer, bevor er sich hauptberuflich der Musik zu widmen begann. Bis heute hat er 30 Alben veröffentlicht. Songs wie «Summer ade», «Marrini, Marruni, Marroni» und «Miini Lieblingsziit» kennt fast jedes Schweizer Kind. Er ist verheiratet, hat eine Tochter (30) und einen Sohn (28).

Andrew Bond (58) ist Sohn einer Schweizerin und eines Briten. Mit zwölf Jahren zog er mit seiner Familie von England in die Schweiz. Bond hat Theologie studiert und arbeitete in Wädenswil ZH als Musik- und Religionslehrer, bevor er sich hauptberuflich der Musik zu widmen begann. Bis heute hat er 30 Alben veröffentlicht. Songs wie «Summer ade», «Marrini, Marruni, Marroni» und «Miini Lieblingsziit» kennt fast jedes Schweizer Kind. Er ist verheiratet, hat eine Tochter (30) und einen Sohn (28).

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Aber mit Konzerten macht man Kohle, oder?
Das ist so. Allerdings verlangen wir viel weniger für ein Ticket als Musiker, die für Erwachsene spielen. Ich musste gerade für meine Tochter online Tickets für eines der beiden Taylor-Swift-Konzerte im kommenden Sommer erstehen. Der günstigste Stehplatz im Letzigrund kostet 163 Franken. Bei meinem Konzert ist das günstigste Ticket für 18 Franken zu haben. Aber ich will jetzt nicht als Kulturpessimist dastehen, weil ich weiterhin an den Musikmarkt glaube, auch wenn er sich rasant verändert.

Wie sieht es finanziell aus bei Ihnen?
Ich kann relativ gut leben von der Musik und mir mehrere Angestellte leisten, die mich bei der Arbeit unterstützen. Aber lukrativ ist dieser Job nicht. Mein Einkommen ist vergleichbar mit dem, was ich als Sekundarlehrer verdient habe. 

Muss Kindermusik auch den Eltern gefallen?
Die meisten Erwachsenen sind happy, wenn das Kind happy ist. Aber die Musik, die es hört, muss für die Eltern schon einigermassen erträglich sein.

Tickets für die beiden Shows am 17. Dezember im Hallenstadion (13.30 und 17 Uhr) sind an der Kasse vor Ort oder auf ticketcorner.ch erhältlich. 

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