Sie schwieg jahrelang, jetzt schockiert Anja Leuenberger (27) mit ihrer Enthüllung. In jungen Jahren wurde das erfolgreiche Aargauer Model mehrfach sexuell belästigt und zwei Mal vergewaltigt. Beim ersten Mal in einem Zürcher Nachtclub war sie erst 15 Jahre alt. Das zweite Mal ereignete sich, als die 18-Jährige in Los Angeles modelte, der Täter war ein Vertrauter aus der Branche.
Darüber ist Model Tamy Glauser (35) bestürzt, aber nicht überrascht: «Ich kenne kein einziges Model, das nicht schon mal einen sexuellen Übergriff erlebt hat», sagt Glauser. «Vom Klaps auf den Hintern bis hin zur Vergewaltigung.» Leider sei dies im Modelbusiness immer noch an der Tagesordnung, so die Bernerin.
Oft geht es nicht um Jobs, sondern um Sex
Glauser hat Missbrauch hautnah miterlebt, etwa bei einem Dinner einer Casting-Agentur in Tokio. «Die Jüngste in unserer Gruppe war 13 Jahre alt. Mir wurde schnell klar, dass es nicht um Jobs, sondern bloss um Sex ging.» Als einer der Agenten ein 17-jähriges Model mit nach Hause nehmen wollte, schritt sie ein und bestellte ein Taxi: «Wir wollten nur noch weg von dort.»
Bestens bekannt mit den Missständen in der Branche ist auch Kiera Chaplin (37): «Frauen werden wie Ware behandelt», so die Enkelin des Jahrhundertkomikers Charlie Chaplin (1889–1977). Während fast 20 Jahren posierte sie für Modebibeln wie «Vogue», «Elle» und «Vanity Fair». «In der Modeindustrie gibt es sehr viele schreckliche Menschen, die die Naivität junger Frauen ausnutzen.»
Oft sind solche Männer Serientäter
Auch Model Sara Leutenegger (25) blickt auf negative Erlebnisse zurück, so als sie 20 Jahre alt war: «Der Fotograf lud mich nach dem Shooting ein, eine Auswahl der Bilder zu betrachten. Plötzlich tauchten auf dem Schirm Pornos auf. Der Typ meinte, ich soll doch jetzt noch ein paar Aktfotos machen», so Leutenegger. «Ich habe sofort die Flucht ergriffen.»
Dass Anja Leuenberger nun mit ihrem Buch «The Depths of My Soul» den Missbrauch öffentlich macht und Betroffenen Mut machen will, sei bewundernswert. Schade findet Glauser, dass sie nicht noch einen Schritt weiter geht und sagt, wer ihr das angetan hat: «Sexualverbrecher in der Modebranche sind, wie solche im Filmbusiness, Serientäter. Würde sie den Täter nennen, hätten vielleicht auch andere seiner Opfer den Mut, an die Öffentlichkeit zu treten.»
