«Das ist reinste Diskriminierung»
Kleinwüchsigen-Kolumne von Rolf Knie sorgt für rote Köpfe

Kleinwüchsige seien stolz, im Zirkus arbeiten zu können, ist sich Kunstmaler Rolf Knie sicher. Darum sollte man auch über sie lachen dürfen, erklärt er. Eine Aussage, die beim Verein kleinwüchsiger Menschen in der Schweiz für Ärger und Unverständnis sorgt.
Publiziert: 13.08.2024 um 19:56 Uhr
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Aktualisiert: 13.08.2024 um 21:24 Uhr
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Patricia BroderRedaktorin People

Darf man über Kleinwüchsige in der Manege lachen? Ja, findet Zirkusartist und Künstler Rolf Knie (74). Durch politisch korrektes Denken würden wir alle völlig fehlgeleitet, erklärt der ehemalige «Salto Natale»-Direktor in seiner Kolumne für das Onlineportal Nau.ch. «Kleinwüchsige sind stolz, wenn sie in der Manege arbeiten können. Das ist ihr Beruf», schreibt Knie. In der Kommentarspalte gehen die Meinungen zu Knies Äusserungen auseinander – von Zustimmung bis Vorwürfen der Diskriminierung ist alles dabei.

Ganz anders als Knie sieht das Boglarka Nagy (41), Präsidentin des Verein kleinwüchsiger Menschen in der Schweiz und ihrer Familien. «Ich bin mit der Aussage von Herrn Knie gar nicht einverstanden», sagt sie zu Blick. «Ich würde mir wünschen, dass Herr Knie seine Aussage noch einmal gründlich überdenkt», fordert die Sonderpädagogin, die selber Mutter eines Kindes mit Kleinwuchs ist. Für kleinwüchsige Menschen sei es generell ein grosses Problem, dass über sie gelacht werde oder dass sie aufgrund ihrer Grösse als Kinder oder Clowns wahrgenommen würden. «Unsere Gesellschaft kann Kleinwuchs und Zirkus nicht trennen. Sie denken, alle Kleinwüchsigen arbeiten in der Manege», sagt Nagy. «Diese Assoziation ist für kleinwüchsige Menschen sehr schmerzhaft. Sie erleben im Alltag schon genug Entwertungen, da brauchen sie es nicht noch zusätzlich, dass man sie alle zu Clowns machen will. Das ist reinste Diskriminierung.»

«Das Publikum sollte nicht über Kleinwuchs lachen»

Rolf Knie sieht das anders: «Wenn man die Kleinwüchsigen aus der Manege verbannt, zieht man ihnen den Boden unter den Füssen weg. Man behindert sie, ihren Beruf richtig auszuüben», schreibt der 74-Jährige in seiner Kolumne. Doch dieser Beruf biete Kleinwüchsigen von Beginn weg unfairere Konditionen, entgegnet Nagy: «Bei kleinwüchsigen Clowns zielt die Pointe meist ausschliesslich auf ihren Kleinwuchs ab. Dabei sollte das Publikum bei einem Clown über seine Nummer und seine Darbietung und nicht über sein Aussehen und seinen Kleinwuchs lachen.» 

Findet, über Kleinwüchsige in der Manege dürfe gelacht werden: Zirkusartist und Künstler Rolf Knie.
Foto: Thomas Meier
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Als sich 2018 Peter Wetzel alias Clown Spidi 51-jährig das Leben nahm, habe sie das zutiefst betroffen gemacht. «Ich weiss nicht, wie oft Spidi gefragt wurde, wie es ihm in dieser ewigen Rolle als Clown geht», sagt Nagy. «Seine Geschichte hat ein tragisches Ende genommen.»

In der heutigen Zeit würden sich kleinwüchsige Menschen in der Schweiz vor allem eines wünschen, erklärt Boglarka Nagy abschliessend: «Kleinwüchsige wünschen sich eine Begegnung auf Augenhöhe. Sie wollen keine Bezeichnungen wie Zwerg oder Liliputaner, auch kein Mitleid. Sie wollen einfach ganz normal behandelt werden. Und sie wollen dieses Zirkusbild endlich aus den Köpfen bringen.»

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