«Ich wurde schon mehrmals angefragt, ob ich kandidieren möchte»
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Satiriker Elsener über Politik:«Wurde schon mehrmals angefragt, ob ich kandidieren wolle»

Michael Elsener bringt Politik auf die Bühne
«Wahlsonntage zelebriere ich wie einen WM-Final»

Seit Jahren ist Michael Elsener mit seinen Parodien in der ganzen Schweiz bekannt. Nun will er mit einem Politprogramm die Probleme des Landes beleuchten.
Publiziert: 26.02.2023 um 13:38 Uhr

Mit Politik bringt er die Leute zum Lachen: Seit 2014 erklärt Satiriker Michael Elsener (37) in den sozialen Medien Wahlvorlagen und will junge Menschen so zum Wählen animieren. In seinem neuen Programm «Alles wird gut» verbindet er sein Wissen aus seinem Politikwissenschaftsstudium mit der Liebe zur Bühne.

SonntagsBlick: Wieso heisst Ihr Programm «Alles wird gut» – stehen wir so schlecht da?
Michael Elsener: Meiner Meinung nach gilt: Wenn man eine Veränderung will, muss man positiv sein. Am Anfang des Programms frage ich das Publikum jeweils, was gerade das grösste Problem am jeweiligen Auftrittsort ist. Dann improvisieren wir zusammen eine kreative Lösung dafür.

Was ist das grösste Problem der Schweiz?
Veränderungsprozesse hier sind sehr langwierig. Klar, sind unsere Entscheidungen meist sehr gut durchdacht. Aber wir leben im 21. Jahrhundert. Da bleibt uns eigentlich nicht so viel Bedenkzeit.

Michael Elsener will mehr Menschen zum Wählen animieren.
Foto: Thomas Meier
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Die Fronten werden immer verhärteter. Diskussionen mit Menschen, die eine andere Meinung haben, geht man aus dem Weg.
Ja, diesen Punkt beobachte ich auch. Viele bewegen sich in ihren Filterblasen und bekommen in den sozialen Medien nur Inhalte mit, die die eigene Meinung bestärken. Aber für eine funktionierende Demokratie braucht es einen kleinsten gemeinsamen Nenner. Diesen zu finden, ist momentan schwierig.

Was meinen Sie mit «kleinstem gemeinsamen Nenner»?
Meiner Meinung nach ist dies unser Leben in Freiheit. Wir sind extrem privilegierte Menschen. Das ist nicht nur auf der Welt einzigartig, sondern auch in der Geschichte. Das Frauenstimmrecht im Appenzellischen kam erst vor etwas mehr als 30 Jahren. Den Zustand von einer freien Gesellschaft haben wir also noch nicht lange. Dafür fehlen oft das Bewusstsein und die Dankbarkeit – das sieht man an der Wahlbeteiligung. Dass rund die Hälfte der Stimmberechtigten die Möglichkeit nicht wahrnimmt, an die Urne zu gehen, finde ich bedenklich.

Wann haben Sie zuletzt den Gang zur Urne verpasst?
Als ich acht Monate auf Reisen war. Ansonsten nehme ich die Gelegenheit immer wahr. Der Aufwand ist ja minim. Vorausgesetzt, man kriegt irgendwie sein Stimmcouvert auf.

Wieso gehen weniger Junge wählen?
Da gibts für mich viele Faktoren. Angefangen bei den Wahlunterlagen, die total trist daherkommen. Ein seltsames Büchlein und ein paar Zettel. Es gibt nicht mal ein Begleitschreiben. Ich wäre dafür, es mehr zu einem Aufgebot zu machen. Im Sinne von: «Wir wählen und alle gehen hin.» Ich wollte übrigens schon ein paar Mal mit Schulen zusammenarbeiten, um junge Menschen zum Wählen zu animieren. Oft lautete die Antwort: Schulen müssen neutral bleiben. Aber Wählen geht uns doch alle an.

Wie sieht bei Ihnen ein Wahlsonntag aus?
Ich zelebriere das wie einen WM-Final. Freundinnen und Freunde kommen zum Zmittag zu mir, danach verfolgen wir die Resultate im Fernsehen. Wir zappen dabei immer hin und her, um die Analysen und die oft unfreiwillig komischen Wahlkorrespondenten miteinander zu vergleichen.

Haben Sie schon mal an eine Karriere als Politiker gedacht?
Ja, aber das ist nichts für mich. Ich wurde schon von den verschiedensten Parteien angefragt, ob ich kandidieren wolle. Aber mir gefällt die Arbeit auf der Bühne so sehr, dass ich nicht den Job wechseln möchte. Ich bin lieber die Person, die den Politikerinnen und Politikern Fragen stellt und ihre Arbeit kommentiert. Zudem finde ich Lachen eine sehr berührende Emotion. Deshalb möchte ich einen Job haben, in dem ich die Leute zum Lachen bringe und selber auch etwas zu lachen habe.

Mit «Vier werden Eltern» haben Sie kürzlich Ihr Debüt als Theaterautor gefeiert. Im Stück gehts um zwei schwule Männer, die mit einem Hetero-Paar Kinder bekommen wollen. Wie sind Sie auf das Thema gekommen?
Bei Gesprächen mit befreundeten Paaren erlebte ich, wie aufwühlend es ist, wenn man sich ein Kind wünscht und keines bekommen kann. Die Diskussion über verschiedene Familienmodelle hat mich inspiriert. Ich habe mich zusammen mit Co-Autor Roman Riklin tief in die Materie eingearbeitet, beispielsweise zu künstlicher Befruchtung und der Gesetzeslage bei der Adoption.

Was hat Sie beim Schreiben erstaunt?
Ich war erstaunt, wie viele Hürden eine Adoption mit sich bringt, während jeder Mensch an einer Party betrunken ein Kind zeugen kann. Im Stück erfährt man viel zu dieser Thematik – einfach auf eine leichte Art und Weise.

Möchten Sie selber Kinder?
Ich bin sehr glücklich mit meiner aktuellen Lebenssituation. Aber ich weiss ja nicht, was in Zukunft kommt.

Heute sprechen Sie wenig zimperlich über Ihre sexuelle Orientierung, früher hielten Sie sich eher bedeckt.
Früher wollte ich vermeiden, dass ich auf mein Schwulsein reduziert werde. Das ist lange Zeit bei anderen homosexuellen Prominenten passiert. Heute kann ich mich über Dinge wie die Ehe für alle äussern, werde aber trotzdem in erster Linie als Satiriker wahrgenommen.

Letzte Frage: Wer ist Ihr Lieblingspolitiker?
Alain Berset! Ich habe ihn einmal bei der Eröffnungsgala am Zurich Film Festival parodiert, als es hiess, er schaffe es nicht mehr ins Kino für seine Rede. Als er dann trotzdem da war und anfing, zu den Leuten zu sprechen, fingen alle an zu lachen. Der Grund: Ich habe meine Parodie praktisch identisch begonnen wie er seine Rede. Er verstand die Welt nicht mehr.

Das Programm «Alles wird gut» feiert am 1. März Premiere im Zürcher Theater am Hechtplatz. Es ist dort bis 12. März zu sehen. Weitere Daten auf michaelelsener.ch. «Vier werden Eltern» ist vom 1. März bis 30. April an den Kammerspielen Seeb zu sehen.

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