Schweizer Regisseur Michael Steiner über Kritik an Nicht-Juden
«Cancel Culture ist der erste Schritt in den Faschismus»

Der Film «Stella. Ein Leben» beleuchtet die dunklen Machenschaften von Stella Goldschlag, einer Nazi-Kollaborateurin während der NS-Zeit. Gedreht hat ihn ein Nichtjude – und erntet Kritik, weil er eine jüdische Täterin abbildet. Die Schweiz kennt einen ähnlichen Fall.
Publiziert: 03.02.2024 um 17:46 Uhr
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Aktualisiert: 05.02.2024 um 08:55 Uhr
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Die Berlinale wollte ihn nicht, Zürich schon: Im September 2023 feiert «Stella. Ein Leben» von Regisseur Kilian Riedhof am Zurich Film Festival (ZFF) Premiere. Am letzten Septemberabend laufen Zuschauer und Kritikerinnen gleichwohl mit gemischten Gefühlen aus dem Zürcher Kino Corso 1.

Während die einen die Stringenz in der Handlung vermissen und andere den Film schlicht nicht gut finden, bemängeln Dritte die Autorenschaft. Kann sich ein nicht jüdischer Regisseur eines Themas, das tief in der Geschichte der Shoah gräbt, überhaupt Stella Goldschlags Geschichte annehmen? Fehlt ihm nicht die Kenntnis – gar das Mitgefühl?

«Das führt zu Segregation»

In einer ähnlichen Situation fand sich der Schweizer Regisseur Michael Steiner (54) wieder, als er den Film «Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse», eine Romanverfilmung des jüdischen Autors Thomas Meyer (50), drehte. Steiner folgt dem Leben des jungen Motti Wolkenbruch – der Film spielt gekonnt ironisch mit Vorurteilen des orthodox-jüdischen Lebens in Zürich. Darf der Nichtjude Steiner das? Gegenüber Blick erklärt der Filmemacher sein Ungemach gegenüber diesem Misstrauen. Um für einen Menschen Verständnis und Mitgefühl zu haben, «muss man weder dasselbe Geschlecht noch dieselbe Religion oder Hautfarbe haben. Die Cancel-Culture-Forderungen führen zu Segregation und sind der erste Schritt in den Faschismus.»

Kilian Riedhofs Film «Stella. Ein Leben» sieht sich mit Vorwürfen der kulturellen Aneignung konfrontiert. Darf ein Nicht-Jude einen Film über jüdisches Leid drehen?
Foto: Christian Schulz
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Auch Hollywood kennt die Diskussion um kulturelle Aneignung. Bei Oscar-Anwärter «Killers of the Flower Moon», der im amerikanisch-indigenen Umfeld angesiedelt ist, hat Star-Regisseur Martin Scorsese (81) Regie geführt – nicht nur American Natives enervierten sich, dass Italoamerikaner Scorsese ihre Not weder nachfühlen, geschweige denn filmisch korrekt abbilden könne. Ähnliche Debatten flammen auch immer wieder bei animierten Disney-Filmen auf – zuletzt prominent bei «Encanto», einem Film, der das Leben einer indigenen Familie in Kolumbien zeigt. In der Vergangenheit sah sich Disney immer wieder Rassismus-Vorwürfen ausgesetzt – so beispielsweise bei «Peter Pan» oder «Pocahontas».

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