SRF-Baustellen – die grosse Wochenschau
Hier haperts inhaltlich am meisten

Technische Probleme, Sparzwang und unzufriedene Belegschaft sind das eine. Auch inhaltlich muss sich das SRF Kritik gefallen lassen. SonntagsBlick hat das SRF1-Programm unter die Lupe genommen, Tag für Tag.
Publiziert: 28.11.2021 um 00:22 Uhr
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Aktualisiert: 28.11.2021 um 08:30 Uhr
Peter Padrutt/Jean-Claude Galli

Eine latente Unruhe machte sich in den letzten Wochen bei SRF breit. Während Direktorin Nathalie Wappler (53) erneut über das laufende Sparprogramm bis Ende 2023 informierte, häuften sich Negativmeldungen über technische Probleme, zunehmende Abgänge auf der Redaktion und Belegschaftsproteste. Nicht zum ersten Mal ist der Umstand scharf kritisiert worden, dass das neu gebaute News- und Sport-Center am Studiostandort Zürich seit Jahren brachliegt, was monatlich zusätzliches Geld verschlingt.

Diesbezüglich gab es jetzt leichte Entwarnung. Morgen Montag moderiert Mario Torriani (45) «Schweiz aktuell» zum ersten Mal direkt aus dem Newsroom, auch «SRF Börse» kommt neu von dort. «Tagesschau» und «10 vor 10» sollen im Verlauf des kommenden Jahres ihr Studio wechseln.

«Happy Day und Röbi Koller gehören einfach zum SRF dazu»
2:39
Wappler zu den SRF-Formaten:«Happy Day und Röbi Koller gehören einfach zum SRF dazu»

Vogelkunde statt Flüchtlings-Drama

Bleibt zu hoffen, dass man mit den neuen Dekors auch die Relevanz schärft: Während letzten Mittwoch diverse News-Sendungen über das Flüchtlingsdrama im Ärmelkanal berichteten, brachte die SRF-«Tagesschau» einen Füller über einen Biologen, der Ex-Guerilla-Kämpfer in Kolumbien in der Vogelkunde unterrichtet. Der Untergang des Migrantenbootes mit über 30 Toten wurde erst am Donnerstag thematisiert.

Brennpunkt des News-Geschäfts: Das SRF-Fernsehstudio in Zürich-Leutschenbach mit Hochhaus, Bühnenturm und Meteo-Studio auf dem Dach.
Foto: SRF/Oscar Alessio
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Abgesehen von der Relevanz gibt es quer durchs ganze Wochenprogramm Handlungsbedarf. SonntagsBlick ortet jeden Tag eine Baustelle, nur schon auf dem ersten Kanal.

Montag

Während vergleichbare Stationen am Vorabend mit einem Magazin samt Unterhaltung aufwarten, dehnt sich beim SRF die Zeit zwischen 18 und 19 Uhr wie Kaugummi. Bereits «Mini Schwiiz, dini Schwiiz» wirkte beliebig, in der neuen Version «Mini Chuchi, dini Chuchi» lässt man nun Laien in ihren Heimküchen dilettieren. Die Sendung ist ein liebloser Mix aus zusammengeklaubten Elementen internationaler Vorbilder, sogar
Tele Züri mit «SwissDinner» wirkt schmissiger. Schmerzlich erinnern wir uns an eine echte Kochshow wie «al dente» (2001–2010) mit Sven Epiney (49), Sibylle Sager (54) und Andreas C. Studer (55).

Dienstag

Ab nächstem Frühling sorgen beim «Kassensturz» die aktuelle Deutschland-Korrespondentin Bettina Ramseier (41) und die Bernerin Kathrin Winzenried (48) für Frauenpower. Es wäre aber ein Fehler, wenn man die versierten Moderatorinnen den «Kassensturz»-Übervater Ueli Schmezer (60) einfach ersetzen lässt. Das 1974 von Roger Schawinski (76) erfundene Magazin braucht dringend eine Renovation und einen weiblicheren Fokus. Formal muss die Sendung weg vom Studio, die Frauen müssten mehr raus - so wie Nelson Müller (42) für seinen «Bio-Report» oder Lebensmitteltester Sebastian Lege (43). Beides sind tolle ZDF-Formate.

Mittwoch

Die «Rundschau» bot letzte Woche wieder einen ruppigen Mix aus der Corona-Krise, einer schaubegierigen Reportage über eine Frau, die auf «Onlyfans» blüttelt, und der Tragödie um Lukaschenkos Machtpoker. Der Mann, der das alles zusammenhalten muss, ist Dominik Meier (42). Auch nach zwei Jahren wirkt er noch immer ein wenig so, als müsste er das «Wort zum Sonntag» verlesen. Wenn man ihn aus dem Studio entlässt, rudert er etwas weniger steif mit den Händen – wie im Gespräch mit Gesundheitspolitiker Guido Graf. Aber bei keinem SRF-Magazin ist die Diskrepanz zwischen Inhalt und Moderation so auffällig.

Donnerstag

Früher hatte das SRF mit «Schawinski» einen griffigen und polemischen Late-Night-Talk. Mit der Rückkehr des «verlorenen Sohnes» Urs Gredig (51) von CNN Money Switzerland startete 2020 auch das Nachfolgeformat «Gredig direkt». Gredig ist höflich und strahlt. Aber direkt ist er nie, vielmehr etwas umständlich und hölzern. Meist beantwortet er seine Fragen an die Gäste mit angelesenen Zitaten gleich selber. Die Gespräche wirken wie gesprochene Wikipedia-Texte über die eingeladenen Persönlichkeiten. Und auch bei der Wahl der Gäste lässt sich keine Linie ausmachen.

Freitag

Wir lieben unsere Landfrauen ja, die uns bereits in der 15. Staffel anrühren. SRF walzt den Gaumenkitzler «Landfrauenküche» genüsslich aus wie Guetzliteig. Im Spin-off «Wenn Landfrauen reisen» sehen wir sie auch noch surfend und badend im Meer. Das wollen wir endgültig nicht. Früher war die «Landfrauenküche» ein Format zum Nachkochen – jetzt reiht sie sich ein in die idyllischen «SRF bi de Lüt»-Doku-Soaps ein. Es wimmelt am Freitag von Hüttenzauber, Dorfgeschichten und Wandersocken. Ein bunter Kontrast bildet nur noch die Wohnsendung «Ding-Dong». Bei SRF sollte es langsam klingeln.

Samstag

Der Samstagabend ist das Paradefeld jedes ambitionierten Senders. Die Programmierungsstrategie ist seit längerem ohne Esprit. Etwas mehr als eine Anhäufung von Spin-offs, eigener Wochensendungen oder Revivals dürfte man schon erwarten. Den Vogel abgeschossen hat das SRF am Samstag vor einer Woche mit dem «Promi-Special» von «Mini Beiz, dini Beiz», dem Vor-Vorgängerformat von «Mini Chuchi, dini Chuchi». Kurz vor dem Abschuss steht dafür offenbar die beliebte Sendung «Hello Again». Sagt Viola Tami (40) diese Weihnachten endgültig Goodbye? Immerhin: Das SRF prüft nun doch eine Jubiläumsausgabe des Strassenfegers «Benissimo» für nächstes Jahr.

Sonntag

Kompliziert und kompliziert präsentierte sich letzten Sonntag wieder der Frankfurter «Tatort». Die Krimi-Episoden schwanken immer noch zwischen grossem Kino und Quatsch. Gerne erinnern wir uns an Zeiten, als SRF den Wochenausklang mit selbst produzierten Einteilern und «Giacobbo/Müller» bestückte. Heimische Filme werden jetzt am Dienstag versenkt, wenn auf SRF 1 der Krimi läuft. Nun ist der Sonntag ein Experimentierfeld, das zur nahen Geisterstunde mit quotenlahmer Comedy nervt. Zu allem Ärger verlocht man heute Abend auch noch die neue und innovative Serie «Tschugger» auf die Zeit, wenn das Sandmännchen kommt.


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