20 Aufgaben für 2020
Das müssen die Politiker endlich auf die Reihe kriegen

Die ersten Tage des Jahres 2020 sind vorbei, bald erwacht auch die Politik aus dem Weihnachtsschlaf. Doch was müssen Bundesrat und Parlament im neuen Jahr unbedingt an die Hand nehmen? 20 (nicht nur ernst gemeinte) Vorschläge.
Publiziert: 04.01.2020 um 15:45 Uhr
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Aktualisiert: 09.01.2020 um 23:20 Uhr
Tobias Bruggmann, Ladina Triaca, Sermîn Faki und Ruedi Studer

1. Rentenreform

Die AHV ist in Schieflage. Zu viele Pensionäre wollen neu Geld beziehen, zu wenig Junge können einzahlen. Mit einer umfassenden Reform wollte der Bundesrat 2017 das Problem lösen. Und scheiterte krachend. Jetzt liegt ein neuer Vorschlag auf den Parlamentstischen. Mit der «AHV 21» kann das jüngere Parlament beweisen, dass es fähig ist, auch Generationenfragen zu lösen.

2. Pflege

Es ist einiges gegangen, um die Pflege und Betreuung von Angehörigen zu erleichtern. So soll jemand, der kranke Angehörige betreut, neu bis zu zehn Tage bezahlten Urlaub pro Jahr erhalten. Eltern schwerkranker Kinder sollen bis zu 14 Wochen Betreuungsurlaub nehmen können. Das hat das Parlament im Dezember beschlossen. Doch angesichts der demographischen Herausforderungen muss mehr getan werden – insbesondere in der Betreuung Betagter. Es ist nicht nur netter, sondern volkswirtschaftlich auch günstiger.

3. Klima

Die Klimakrise entschied das Wahljahr 2019. Im 2020 müssen Lösungen gefunden werden! Schon im März wird sich das Parlament mit dem CO2-Gesetz beschäftigen müssen. Die Massnahmen, die der Ständerat vorgeschlagen hat, wird man im Portemonnaie spüren. Der Nationalrat muss entscheiden, wie viel die Rettung des Klima kosten darf.

Die AHV ist in Schieflage. Zu viele Pensionäre wollen neu Geld beziehen, zu wenig Junge können einzahlen. Jetzt muss das jüngere Parlament beweisen, dass es fähig ist, die Generationenfrage zu lösen.
Foto: Keystone
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4. Verhältnis zu Europa klären

Seit einem Jahr liegt das Rahmenabkommen auf dem Tisch – doch nach wie vor ist der Beziehungsstatus zwischen der Schweiz und der EU nicht geklärt. Auch 2020 ist Geduld gefragt. Der Bundesrat will erst die Abstimmung über die SVP-Begrenzungsinitiative im Mai abwarten, bevor er mit Brüssel die strittigen Punkte – Lohnschutz, Unionsbürgerrichtlinie und staatliche Beihilfen – klärt. Die EU hat bereits durchsickern lassen, dass kein Zeitdruck bestehe – schliesslich hat man in Brüssel mit dem Brexit auch so genug um die Ohren.

5. Die Kampfjets zum Fliegen bringen

2020 wird zum Schicksalsjahr für die Armee: Voraussichtlich am 27. September entscheidet das Volk, ob es für sechs Milliarden neue Kampfjets kaufen will. Das Parlament hat dem Kauf im Dezember zugestimmt, verschiedene linke Organisationen haben bereits das Referendum angekündigt. Dass sie dies schaffen werden, scheint klar. Schon jetzt ist klar: Der Abstimmungskampf wird mit harten Bandagen geführt werden. Denn noch ist nicht klar, welcher Jet überhaupt gekauft werden soll. Zur Auswahl stehen vier verschiedene Jets, der Typenentscheid trifft der Bundesrat.

6. Lötschbergtunnel in Angriff nehmen

Dem Wallis droht ein Verkehrschaos. Für 930 Millionen Franken wird der Lötschberg-Basistunnel zum Teil ausgebaut. Doch dafür muss der Lötschberg-Tunnel, welcher dereinst den Halbstundentakt zwischen Bern und Brig ermöglichen soll, zuerst monatelang geschlossen werden. Die Rede ist von mehreren Monaten, bis zu einem halben Jahr. Also ist das Motto für das kommende Jahr: Den Tunnel noch geniessen. Der Baustart ist für 2021 vorgesehen.

7. Autobahnvignetten-Fluchen beenden

Schon bald ist es wieder soweit: Die alte Autobahnvignette muss mühsam weggekratzt und durch das neue, rote Exemplar von 2020 ersetzt werden. Fluchen ist vorprogrammiert. Wer sich noch etwas länger an der weihnachtlichen Besinnlichkeit laben möchte, darf sich auf 2022 freuen. Dann soll es die Vignette auch elektronisch geben. Zumindest will das der Ständerat so. Ob uns der Nationalrat weiter fluchen lässt, entscheidet sich im Frühling.

8. Weitere Pestizide verbieten

Die Schweiz hat ein Pestizid-Problem. Bis zu 70 Prozent des Trinkwassers sind vergiftet. Voraussichtlich im Herbst 2020 stimmt die Schweiz über die Trinkwasser- und die Pestizid-Initiative ab. Beide wollen den Pestizideinsatz in der Landwirtschaft stark einschränken. Der Bundesrat lehnte beide Initiativen ab und wollte auch keinen Gegenvorschlag formulieren. Doch dieser Giftpfeil könnte zurückkommen. Dann, wenn das Volk die Initiativen annimmt.

9. Konkordanz klären

Die Bundesratswahlen mit der Kampfkandidatur von Grünen-Chefin Regula Rytz (57) haben es wieder einmal vor Augen geführt: Der Tanz um die Konkordanz ist keine Frage grazil-politischer Balance, sondern pure Machtausübung. Jede Partei definiert Konkordanz so, wie es ihr am besten passt, um die eigene Position – sprich: ihre Sitze – zu sichern. Die Parteien sollen sich endlich mal zusammenraufen und für die Zusammensetzung der Landesregierung einen klaren Verteilschlüssel definieren. Ob am Schluss eine neue Zauberformel nach Partei- oder Fraktionsstärke oder gar mit einer Mindesthürde besteht? Klärt das endlich!

10. Wieder Bahnnation werden

Und er schüttelt doch. Wer regelmässig mit dem neuen Dosto pendelt, kennt den Ärger: Viele Pannen, dazu droht Übelkeit. Bombardier-Chef Stéphane Wettstein (60) verspricht zwar im BLICK, dass mit einer neuen Software alles besser wird und der Zug auch zuverlässiger fährt. Doch der neue SBB-Chef Vincent Ducrot (57) hat noch andere Baustellen. Die vielen Verspätungen muss er in den Griff kriegen, Preiserhöhungen bei den Billetten wird die Bevölkerung nicht mehr ewig akzeptieren. Dennoch: Wenn es einer schafft, die Schweiz wieder zur Bahnnation zu machen, dann der alte Bähnler Ducrot.

11. Bäume pflanzen in den Städten

Vergangenes Jahr gab es einen Hitzesommer, dieses Jahr genauso. Die Städte werden zu Glutöfen – und das gefährdet Menschenleben. Dagegen gäbe es ein einfaches Mittel: «Mehr Grün statt Grau». Wenn man mehr Büsche und Bäume in den Städten pflanzt, sorgen diese nicht nur für Schatten. Es verdunstet auch Wasser – und sorgt dadurch für Abkühlung. Sitten macht es bereits vor. Daran sollen sich die Städte ein Beispiel nehmen!

12. Departemente neu verteilen

Was war das für eine Diskussion nach den Bundesratswahlen: FDP-Bundesrat Ignazio Cassis wurde zwar wiedergewählt, sollte aber sein Departement wechseln. Weil er schlecht gearbeitet, sagen seine Gegner. Cassis müsse bleiben, seine Befürworter. Schon vor zwei Jahren kam sich der Bundesrat wegen der Departementsverteilung in die Haare. BLICK findet: Regelt das wie Erwachsene – mit einer Partie Schere, Stein, Papier.

13. Heiratsstrafe abschaffen, aber mit der Individualbesteuerung gefälligst

Rund 700'000 Zweiverdiener- und Rentner-Ehepaare müssen in der Schweiz mehr Bundessteuern bezahlen als unverheiratete Paare. Es ist unbestritten, dass die Heiratsstrafe abgeschafft werden muss. Die Frage ist nur wie? Der Bundesrat scheiterte im Dezember mit seinem Vorschlag – und muss nun nochmals über die Bücher. Die CVP wird in den nächsten Monaten entscheiden, ob sie ihre Heiratsstrafe-Initiative nochmals vors Volk bringt. Wir finden: Es ist höchste Zeit für die Individualbesteuerung! Keine Lebens- und Familienform soll durch Steuern benachteiligt werden.

14. Streicht den Eigenmietwert! (Unter einer Bedingung)

Der Eigenmietwert steht schon seit Jahren in der Kritik. Und schon seit Jahren will man ihn abschaffen. Grundsätzlich. Denn das Parlament lässt sich Zeit. Mit dem Eigenmietwert müssen Hausbesitzer, die in ihren eigenen vier Wänden wohnen, eine fiktive Miete als Einkommen versteuern. Dafür können sie zum Beispiel die Unterhaltsarbeiten am Haus von den Steuern absetzen. Darum fordern die Hausbesitzer der BLICK-Bundeshausredaktion: Streicht den Eigenmietwert! (Aber erst, wenn unsere Renovierungen durch sind.)

15. Büsis kastrieren

Kastriert unsere Büsis! Dieser Vorschlag kommt nicht von uns, sondern FDP-Nationalrätin Doris Fiala (62, ZH). Sie fordert eine Kastrationspflicht für Hauskatzen mit freiem Auslauf. Solange keine Kastrationspflicht für Männer mit freiem Auslauf kommt, ist alles in Ordnung.

16. Senfverbot für Bratwürste

Dieser Vorschlag widerspiegelt wohl hauptsächlich die lokale Durchmischung der BLICK-Bundeshausredaktion. Und das dort auch Minderheiten berücksichtigt werden. Denn der Vorschlag vom stellvertretenden Politikchef aus Buchs (SG) wurde eigentlich mit zwei zu sechs Stimmen abgelehnt. Aber was können denn wir St. Galler dafür, dass der Rest der Schweiz keine richtigen Bratwürste hat?

17. Roaminggebühren abschaffen

Die Schweiz ist eine Roaming-Insel. Wer als Tourist zu uns kommt und sein Bild von sich vor dem Matterhorn nach Hause schicken will, weiss spätestens wenn die Handyrechnung kommt, warum die Schweiz als teures Land gilt. Und auch für Schweizer, die ins Ausland reisen wollen, herrscht Roaming-Wirrwar. Je nach Mobilfunk-Abo kostet es mehr oder weniger. Deshalb liebe Politiker weltweit: Einigt euch wenigsten einmal und schafft die Roaminggebühren gleich ganz ab.

18. IV-Skandalgutachter «beschimpfen»

IV-Ärzte verdienen sich mit einseitigen Gutachten eine goldene Nase. BLICK machte mehrere Fälle publik, in welchen Ärzte kranke Menschen zu Simulanten abstempelten – und dafür viel Geld kassierten. Jetzt reagiert SP-Bundesrat Alain Berset (47): Er verspricht eine externe Untersuchung, die einen «allfälligen Handlungsbedarf aufzeigen soll.» Höchste Zeit.

19. Veganer-Menüs fürs Bundeshaus

2019 war das Jahr der Grünen. Sie holten 17 neue Sitze im Nationalrat, vier zusätzliche im Ständerat. Der Sieg musste natürlich gefeiert werden – natürlich ökologisch korrekt: Beim Weihnachtsessen durften die Parlamentarier nur zwischen vegeterisch und vegan aussuchen. Auch im Bundeshausrestaurant, der Galerie des Alpes, könnte man mit der Zeit gehen und vegane Menüs einführen.

20. Überbrückungsrenten einführen

Baut älteren Arbeitslosen endlich eine Brücke in ein würdigens Rentner-Dasein! Eigentlich war der Bundesrat auf bestem Weg dazu, eine tragbare Lösung vorzulegen. FDP-Magistratin Karin Keller-Sutter (56) hatte in Absprache mit den Sozialpartnern eine Überbrückungsleistung aufgegleist. Doch nun werkeln einige FDP-Ständeräte munter daran, die Brücke zum Einsturz zu bringen, indem sie ältere Arbeitslose in die Frührente zwingen wollen. Jetzt sind die Baumeister im Nationalrat gefragt, das Bauwerk zu retten.

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