Blick beantwortet die wichtigsten Fragen
Sind Pestizide wirklich so gefährlich?

Am 13. Juni stimmen wir über die Trinkwasser- und die Pestizid-Initiative ab. Beide wollen dem Einsatz von Pestiziden ein Ende setzen. Blick erklärt, was Pestizide genau sind und was so problematisch an ihnen ist.
Publiziert: 15.05.2021 um 12:21 Uhr
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Aktualisiert: 19.05.2021 um 09:43 Uhr
Die Trinkwasser-Initiative will, dass nur noch Bauern Direktzahlungen erhalten, die keine Pestizide einsetzen.
Foto: Keystone
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Rachel Hämmmerli

Ob man nun bio oder konventionell isst – über sie wird fleissig diskutiert. Pestizide sind in aller Munde. Mit jedem Tag rücken die Abstimmungen zu den Trinkwasser- und Pestizid-Initiativen näher. Die beiden Volksbegehren wollen, dass künftig weniger Pestizide im Essen, aber auch in der Natur landen. Blick erklärt, was Sie über Pestizide wissen müssen.

Was sind Pestizide?

Grundsätzlich sind Pestizide Gifte gegen Schädlinge. Sie werden in zwei Gruppen eingeteilt:

  • Pflanzenschutzmittel: Gifte, die Früchte, Gemüse und Getreide vor Krankheiten, schädlichen Insekten oder Unkraut schützen. Sie werden hauptsächlich von der Landwirtschaft genutzt. Die Pestizid-Initiative will nur diese Pestizide verbieten.
  • Biozide: Gifte zum Schutz von Mensch und Tier wie zum Beispiel Insektensprays, Reinigungs- und Desinfektionsmittel.

Herbizide, Fungizide und Insektizide – was ist was?

Pilzbefall, Insekten und Unkraut – das sind die drei Probleme, mit denen Landwirte am meisten zu kämpfen haben. Deshalb nutzen sie Fungizide, Insektizide und Herbizide – alles Pflanzenschutzmittel und dank der Wortverwandtschaft einfach zu merken: Herbizide wirken gegen Unkraut, Fungizide gegen Pilzbefall und Insektizide gegen Insekten.

Wie werden Pestizide hergestellt?

Pestizide sind ein Labor-Cocktail. Sie entstehen mithilfe chemischer Verbindungen, die so in der Natur nicht vorkommen. Wie auch Aspirin oder andere Schmerzmittel.

Brauchen Bio-Bauern auch Pestizide?

Ganz ohne Pestizide gehts auch im Biolandbau nicht. Selbst Bio-Bauern sind auf Gifte im Kampf gegen Schädlinge angewiesen, um Ernteausfälle zu vermeiden. Es werden beispielsweise Kupfersalze, Schwefel, Kaliseife und Eisenphosphat eingesetzt. Diese Pestizide werden auch durch ein chemisch-synthetisches Verfahren hergestellt, aber auf natürlicher Basis.

Darum gehts bei den Pestizid-Initiativen

Mit der Trinkwasser- und der Pestizid-Initiative stimmt die Schweiz am 13. Juni über zwei Vorlagen ab, die sich thematisch sehr ähnlich sind.

Hinter der Trinkwasser-Initiative steht Fitnesstrainerin Franziska Herren (54). Sie will unter anderem, dass nur noch jene Bauern Direktzahlungen erhalten, die keine Pestizide verwenden. Landwirte dürfen zudem nur so viele Tiere halten, wie sie mit Futter ernähren können, das auf dem eigenen Betrieb produziert wird.

Die Pestizid-Initiative, die von einem Bürgerkomitee aus der Westschweiz eingereicht wurde, ist noch extremer und will ein komplettes Verbot synthetischer Pestizide – nicht nur für die Landwirtschaft. Es sollen auch keine Güter mehr importiert werden dürfen, bei deren Herstellung Pestizide zum Einsatz kamen.

Bundesrat und Parlament lehnen beide Initiativen ab.

Franziska Herren ist der Kopf hinter der Trinkwasser-Initiative.
Peter Mosimann

Mit der Trinkwasser- und der Pestizid-Initiative stimmt die Schweiz am 13. Juni über zwei Vorlagen ab, die sich thematisch sehr ähnlich sind.

Hinter der Trinkwasser-Initiative steht Fitnesstrainerin Franziska Herren (54). Sie will unter anderem, dass nur noch jene Bauern Direktzahlungen erhalten, die keine Pestizide verwenden. Landwirte dürfen zudem nur so viele Tiere halten, wie sie mit Futter ernähren können, das auf dem eigenen Betrieb produziert wird.

Die Pestizid-Initiative, die von einem Bürgerkomitee aus der Westschweiz eingereicht wurde, ist noch extremer und will ein komplettes Verbot synthetischer Pestizide – nicht nur für die Landwirtschaft. Es sollen auch keine Güter mehr importiert werden dürfen, bei deren Herstellung Pestizide zum Einsatz kamen.

Bundesrat und Parlament lehnen beide Initiativen ab.

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Sind Bio-Pestizide unbedenklicher?

Grundsätzlich ist der Biolandbau schonender für Boden und Gewässer. Man versucht, so gut es geht, auf Pestizide zu verzichten. Aber er ist nicht über jeden Zweifel erhaben: Ein Grossteil der Kupfer-Präparate zum Schutz von Obst, Wein und Kartoffeln schädigt die Biodiversität und den Boden auch.

Warum nutzen Bauern überhaupt Pestizide?

Weil sonst ein Teil ihrer Ernte kaputtgeht und das ihr Einkommen schmälert. Und weil wir Konsumenten gewohnt sind, dass Früchte und Gemüse keine Schönheitsmakel aufweisen. Um sie in der geforderten Qualität und Menge zu produzieren, müssten Landwirte auf Pestizide zurückgreifen, sagen sie.

Was ist das Problem an Pestiziden im Trinkwasser?

Laut Zahlen des Bundesamts für Umwelt treten an mehr als der Hälfte der Grundwasser-Messstellen Pestizid-Rückstände auf. In intensiv ackerbaulich genutzten Gebieten sogar an über 90 Prozent. Damit ist der Qualitätsanspruch ans heimische Trinkwasser nicht erfüllt. Die Gewässerschutzverordnung sieht nämlich vor, dass Grundwasser generell keine künstlichen langlebigen Substanzen enthalten soll. Zwar besteht noch keine nachgewiesene Gefahr für die Gesundheit, aber zweifelsfrei ausschliessen kann man diese eben auch nicht.

Sind Pestizide schädlich für mich?

Pestizide sollen Krebs begünstigen und zu Asthma und Unfruchtbarkeit führen. Wirklich wissenschaftlich bestätigt ist das bisher nicht. Pestizide, die unter diesem Verdacht stehen, werden vom Markt genommen oder gar nicht erst zugelassen. Sowieso gilt: Die Menge macht das Gift. Allerdings ist nicht auszuschliessen, dass sich verschiedene Pestizid-Rückstände zusammengenommen negativ auf die Gesundheit auswirken können. Insbesondere sind Langzeitwirkungen von Pestiziden noch wenig erforscht.

Brauchen nur Bauern Pestizide?

Auch Desinfektionsmittel und Insektensprays sind grundsätzlich Pestizide – Gift, das Schädlinge beseitigt. Also nein, es brauchen auch andere Berufsgruppen Pestizide. Aber die Landwirtschaft ist der grösste Abnehmer. Und jener, der am nächsten an der Umwelt arbeitet.

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