Asyl-Debatte geht weiter
Kein Freipass für Afghaninnen

Im Sommer änderte der Bund die Asylpraxis für afghanische Frauen und Mädchen. Neu werden sie in aller Regel als Flüchtlinge anerkannt. Nun will die staatspolitische Kommission des Nationalrats die Schraube wieder anziehen – aber nur ein bisschen.
Publiziert: 02.02.2024 um 17:37 Uhr
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Aktualisiert: 04.02.2024 um 07:53 Uhr
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Daniel BallmerRedaktor Politik

Das Schicksal afghanischer Frauen in der Schweiz bleibt umstritten. In der Wintersession hatte der Nationalrat eine Motion von SVP-Ratsmitglied Gregor Rutz (51) zur Vorberatung an ihre Staatspolitische Kommission (SPK) überwiesen. Der Vorstoss verlangt, dass die neue Praxis bezüglich der Asylgesuche von Afghaninnen rückgängig gemacht werden soll.

SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider (60) hatte für einiges Aufsehen gesorgt. Im letzten Sommer hatte der Bund seine Asylpraxis für Frauen und Mädchen aus Afghanistan geändert. Bisher wurden sie meist nur vorläufig aufgenommen. Neu werden sie in aller Regel als Flüchtlinge anerkannt, erhalten Asyl und damit eine Aufenthaltsbewilligung. So wird es auch in der EU gehandhabt.

Praxis nicht grundsätzlich rückgängig machen

Als Folge der Praxisänderung wurde im September tatsächlich eine deutliche Gesuchszunahme von afghanischen Staatsangehörigen registriert, die bereits seit längerem in der Schweiz leben (rund 700). Die Zahl solcher Gesuche entwickelte sich im Oktober rückläufig (rund 300) und stieg im November wieder an (rund 500). Geht es nach der SVP, soll damit möglichst schnell wieder Schluss sein.

Im letzten Sommer hat das Staatssekretariat für Migration damals noch unter Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider die Asylpraxis für afghanische Frauen geändert.
Foto: keystone-sda.ch
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Ganz so weit will die vorberatende Nationalratskommission nicht gehen. Sie bestreite die schlimme Situation für Frauen in Afghanistan als Opfer diskriminierender Gesetzgebung als auch religiös motivierter Verfolgung nicht. Deshalb verlange sie auch nicht, dass die neue Praxis grundsätzlich rückgängig gemacht wird, schreibt SPK-Präsidentin Greta Gysin (40, Grüne) in ihrem am Freitag veröffentlichten Bericht. Die Kommission lehnt die Motion allerdings nur äusserst knapp mit 13 zu 12 Stimmen ab.

Gesuche sollen einzeln geprüft werden

Doch auch die SPK will die Schraube anziehen. Sie wolle sicherstellen, dass in jedem Fall eine Einzelfallprüfung der Gesuche stattfindet und nachziehende Ehemänner einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen werden. Einen Automatismus soll es nicht geben. Gleichzeitig seien Afghaninnen, die sich in Drittstaaten aufgehalten haben, aufgrund der Verfolgungssituation in diesem Land zu beurteilen. Die SPK hat einstimmig eine entsprechende Kommissionsmotion eingereicht.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte im Herbst ein Urteil zu Afghaninnen gefällt. Das Gericht hiess eine Beschwerde von zwei Afghaninnen gegen ihre Ausweisung gut. Die Schweiz muss ihnen Asyl gewähren. Das Gericht stützte damit die neue Asylpraxis des SEM bezüglich Afghaninnen. Laut der SVP hat das Gericht keinen Grundsatzentscheid getroffen, sondern in einem Einzelfall entschieden.

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