Nach Anstellung eines Ukrainers bekommt Chef eine Rechnung vom Kanton
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«Verstehe ich wirklich nicht»:Nach Anstellung eines Ukrainers bekommt Chef eine Rechnung

Bürokratie-Irrsinn in Luzern!
Für jeden angestellten Ukrainer will das Migrationsamt 100 Franken

Daniel Bussmann von der Feuerwerksfabrik Bugano in Neudorf LU hat einen Ukrainer angestellt. Sein Beispiel zeigt, wie die Behörden Unternehmern wie ihm Steine den Weg legen, wenn sie Menschen mit Schutzstatus S anstellen möchten.
Publiziert: 03.06.2024 um 10:11 Uhr
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Aktualisiert: 03.06.2024 um 11:25 Uhr

Als Daniel Bussmann (42) der Geschäftsführer des Familienunternehmens Bugano, das im Luzernischen traditionelle Zuckerstöcke herstellt, eine Rechnung vom Migrationsamt erhielt, konnte er kaum glauben, was er las. Der Grund für die Rechnung: Er hatte einen ukrainischen Mitarbeiter eingestellt.

Vermittelt wurde ihm sein neuer Mitarbeiter Andrian Pavel (42) durch einen Bekannten, bei dem Pavel im Nachbardorf untergekommen war. Um die Anstellung auch rechtlich abzusegnen, musste Bussmann den Arbeitsvertrag dem Migrationsamt des Kantons schicken.

Das Amt antwortete prompt mit besagter Rechnung. 95 Franken soll der Unternehmer nun dem Luzerner Amt überweisen, obendrauf noch 3 Franken Spesen für das Porto. Gleichzeitig erfolgte das Okay, dass Pavel bei der Produktion im Familienunternehmen mitarbeiten darf.

Daniel Bussmann (l.), Geschäftsführer der Feuerwerksfabrik Bugano, hat Andrian Pavel eingestellt, einen ukrainischen Flüchtling.
Foto: Philippe Rossier
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Kontrolle gegen Lohndumping

Personen mit Schutzstatus S dürfen in der Schweiz arbeiten – es braucht vorgängig aber eine Zulassung von der kantonalen Arbeitsmarktbehörde. Diese sollen dafür sorgen, dass es nicht zu Lohndumping kommt. Und im Kanton Luzern kostet diese Überprüfung eine Gebühr.

Für die Kontrolle hat Bussmann Verständnis, nicht aber für die Kosten, die damit für ihn anfallen: «Ich bin nicht bereit, diese Rechnung zu bezahlen», sagt er zu Blick. Er habe eine Person angestellt, die jetzt kein Geld mehr vom Arbeitslosenamt erhalten und drum nicht mehr vom Staat finanziert werden müsse. «Dass der Kanton im Gegenzug jetzt eine Gebühr verlangt, das verstehe ich wirklich nicht.» Den Betrag könnte seine Firma locker bezahlen, doch fehlt Bussmann dafür der Wille.

Kein Amt habe ihm Pavel vermittelt – der sich inzwischen als höflicher, sorgfältiger und fleissiger Mitarbeiter erweist. «Meinen Bekannten, der mir von Pavel erzählte, den lade ich gerne als Dank für die Vermittlung zu einem guten Abendessen», so Bussmann zu Blick.

In Bern und Zürich gratis

Eine kleine Umfrage in anderen Kantonen zeigt: Weder im Kanton Bern noch in Zürich kostet die gleiche Leistung etwas. Das Luzerner Migrationsamt verteidigt sich damit, dass die kantonale Verordnung vorschreibe, dass «die Gebührenverordnung des Bundes zur Anwendung kommt».

Derweil zeigt ein Blick zugespielter Mailwechsel aus der luzernischen Verwaltung, dass man selbst intern Mühe bekundet mit der Praxis. «Unseren Arbeitgeberberatenden gehen langsam die Argumente aus, wieso Personen mit Schutzstatus S angestellt werden sollen», schreibt eine Mitarbeiterin.

Dabei hatte sich Bundesrat Beat Jans (59) erst kürzlich deutlich an die hiesige Bevölkerung mit einem dringlichen Appell gewandt: Er erwarte von Arbeitgebenden, dass sie Menschen aus der Ukraine anstellen. Bis Ende 2024 schreibt der Bundesrat vor, dass 40 Prozent der arbeitsfähigen Menschen mit Schutzstatus S eine Arbeit gefunden haben sollen. Darum sollen Unternehmen vermehrt Flüchtlinge anstellen.

Wenig flexibel bei Deutschkurs

Für die Aussage von Jans hat Bussmann nur ein müdes Lächeln übrig. Er findet, dass die Behörden ihm bei der Arbeitsintegration eines Flüchtlings Steine in den Weg legten. So hätte Bussmann seinen neuen ukrainischen Mitarbeiter gerne nur zu einem Teilpensum angestellt, damit er einen Tag in der Woche noch einen Deutschkurs des regionalen Arbeitsvermittlungszentrums (RAV) hätte besuchen können.

Doch das RAV hatte dafür kein Gehör: Entweder zahle man Pavel einen Kurs, der an fünf Tagen die Woche stattfinde – oder gar nicht, hiess es da. Nun besucht Pavel keinen Deutschunterricht.

Ab und an schieben sich Bussmann und sein neuer Mitarbeiter drum das Smartphone mit einer Übersetzungsapp hin und her, wenn sie sich im Arbeitsalltag nicht verstehen.

Pavel will sich derweil nicht beklagen: «Ich will arbeiten, und bin sehr glücklich darüber, dass ich das hier kann», sagt er schüchtern zu Blick. Dass sein neuer Chef sich nun wegen seiner Anstellung mit den Schweizer Behörden anlegt, scheint ihm nicht ganz recht.

Die Bewilligungspflicht für Personen mit Schutzstatus S könnte bald fallen. Das Parlament in Bern sprach sich dafür aus, dass die geltende Bewilligungspflicht in eine Meldepflicht umgewandelt wird. Die Hürden für eine Arbeitstätigkeit sollen so abgebaut werden.

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