Bund stellt neue Lebensmittel-Pyramide vor
Schweizer sollen weniger Fleisch essen

Der Bund aktualisiert seine Ernährungsempfehlungen. So sollen Schweizerinnen und Schweizer weniger Fleisch und dafür mehr Hülsenfrüchte essen. Zudem wird neu darauf hingewiesen, welche Lebensmittel gar nichts bringen bei der täglichen Ernährung.
Publiziert: 11.09.2024 um 11:03 Uhr
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Aktualisiert: 16.09.2024 um 10:39 Uhr

Kurz zusammengefasst

  • Neue Ernährungsempfehlungen: Weniger Fleisch, mehr Vollkorn und Hülsenfrüchte
  • Empfehlungen zielen auf Reduktion von Umweltbelastungen und Lebensmittelverschwendung
  • Fleischkonsum auf höchstens dreimal pro Woche beschränkt
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Joschka SchaffnerRedaktor Politik

Etwas weniger Fleisch, dafür mehr Vollkorn und Hülsenfrüchte: Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) präsentiert das erste Mal seit 13 Jahren neue Ernährungsempfehlungen für gesunde Erwachsene bis 65 Jahre. Sie wurden in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung (SGE) und auf der Grundlage neuster wissenschaftlicher Erkenntnisse überprüft und aktualisiert.

Neu wurden nicht nur gesundheitliche Aspekte, eine vielfältige Lebensmittelauswahl und das in der Schweiz übliche Essverhalten berücksichtigt, sondern auch die Nachhaltigkeit. «Die aktualisierten Empfehlungen können in Verbindung mit einem bewussten Einkauf zu einer massgeblichen Reduktion der Umweltbelastungen und Lebensmittelverschwendung beitragen», teil das BLV in einer Medienmitteilung mit.

Lebensmittelpyramide bleibt bestehen

Dennoch erfindet der Bund das Rad nicht neu: Die Lebensmittelgruppen werden weiterhin in der allgemein bekannten Pyramide präsentiert. Sie kommt neu in 3D-Optik daher, ändert sich aber in der Reihenfolge kaum. Die Faustregel für Früchte und Gemüse – «fünf Portionen am Tag» – bleibt bestehen. Auch bleiben Flüssigkeiten, vorab Wasser, die mengenmässig wichtigste Lebensmittelgruppe.

Das ist die neue Lebensmittelpyramide des Bundes.
Foto: Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV)
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Einzelne Lebensmittelgruppen werden jedoch laut BLV neu stärker betont. So sehen die Empfehlungen Süssgetränke, Süsses und Snacks neu als entbehrlich an. Heisst: Sie bringen keinen Mehrwert für die tägliche Ernährung. Und zugunsten der Umwelt befinden sich Hülsenfrüchte nicht mehr in der dritten Stufe zusammen mit Getreideprodukten und Kartoffeln, sondern gelten wie Fleisch, Fisch oder Eier als Proteinquelle. So soll der rege Fleischkonsum der Schweizerischen Bevölkerung etwas gedrosselt werden – auf höchstens dreimal pro Woche.

Keine ausdrückliche Warnung vor hoch verarbeiteten Produkten

Auch läge der Fokus neu auf frischen statt verarbeiteten Lebensmitteln mit langen Zutatenlisten. Auf explizite Empfehlungen zu hoch verarbeiteten Produkten verzichtet das BLV aber. Wissenschaftliche Erkenntnisse würden zwar darauf hinweisen, dass diese sich negativ auf die Gesundheit auswirken und das Risiko für nicht-übertragbare Krankheiten erhöhen können. Doch fehle es an einer einheitlichen Definition, welche Produkte in die Kategorie fallen würden.

Eine ausgewogene Ernährung trage massgeblich zur Vorbeugung von Übergewicht und Fettleibigkeit bei, betont der Bund. Auch senke sie das Risiko für nicht-übertragbare Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Krebs. Zusätzlich zu den Ernährungsempfehlungen raten die Ernährungsexperten des Bundes zu 30 Minuten Bewegung täglich.

Schweiz folgt Deutschland nur teilweise

Mit der Neuauflage folgt das BLV zumindest teilweise den Ernährungsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), die bereits im Frühling präsentiert wurden. Sie legen den Konsumentinnen und Konsumenten im Nachbarland einen deutlich reduzierten Konsum von Fleisch, Milchprodukten und Eiern nahe – der Umwelt und Gesundheit zuliebe.

Die deutschen Empfehlungen sorgten für Aufruhr: Deutsche Ärzteverbände warnten durch die erhöhten Empfehlungen für Getreideprodukte vor einseitiger Ernährung und zunehmenden Diabetesfällen. Die Geflügelbranche empörte sich über die Weisung, nur noch ein Ei pro Woche zu konsumieren. Und Teile der deutschen Lebensmittelindustrie warfen der DGE gar vor, sich durch den Einbezug der Umweltaspekte politisch instrumentalisieren zu lassen.

Vermutlich beeinflussten auch diese heftigen Reaktionen aus Deutschland die Schweiz dazu, neue Empfehlungen eher mit dem Skalpell als mit dem Hammer anzugehen.

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