Bundesrats-Kandidat Albert Rösti (55) schielt auf das Uvek
Der Bock will Gärtner werden

Mit dem Rücktritt von Simonetta Sommaruga wird das Energiedepartement frei. Es wäre wohl das Wunschdepartement von Albert Rösti. Und trotz seiner Lobbymandate für Autos, Öl und Atom sehen Parlamentarier dem gelassen entgegen.
Publiziert: 03.11.2022 um 20:25 Uhr
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Aktualisiert: 03.11.2022 um 20:55 Uhr
Sermîn Faki

Jetzt wird ein Schlüsseldepartement frei: das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) der abtretenden Bundesrätin Simonetta Sommaruga (62) ist begehrt. Wer dort amtet, hat mit den grossen Brocken zu tun: sichere Energieversorgung, CO2-Neutralität, Strassen- und Bahnausbau, Biodiversität.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass SVP-Kronfavorit Albert Rösti (55) sich als Energiepolitiker am ehesten in diesem Departement sehen würde. Und halten die bürgerlichen Vertreter von SVP und FDP im Bundesrat zusammen, dann stehen die Chancen für ihn nicht schlecht, dass er es auch bekommt.

Rösti bekämpfte jeglichen Umbau

Es wäre eine Zeitenwende: Der grösste Erdöl-, Auto- und AKW-Lobbyist im Land würde dann das Energie- und Umweltdepartement leiten. Zur Erinnerung: Aktuell ist Rösti Präsident des Verbands der Autoimporteure Auto Schweiz und Beirat des Nutzfahrzeugverbands Astag und er arbeitet für die Kraftwerksbetreiber im Ausschuss für nukleare Entsorgung.

Nach dem Rücktritt von Simonetta Sommaruga dürfte SVP-Kronfavorit Albert Rösti mit dem Energieministerium liebäugeln.
Foto: keystone-sda.ch
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Bis vor kurzem war Rösti zudem Präsident von Swissoil, dem Dachverband der Brennstoffhändler, zudem bis zu deren Auflösung Präsident der AKW-Lobby-Organisation Aktion für vernünftige Energiepolitik Schweiz.

«Keine Idealbesetzung»

Und im Auftrag all dieser Verbände hat Rösti jeglichen Umbau des Schweizer Energiesystems bekämpft. Würde er zum Uvek-Chef, machte man den Bock zum Gärtner – oder?

GLP-Präsident Jürg Grossen (53), der Rösti seit vielen Jahren aus dem Berner Oberland kennt, mag sich zu solchen Spekulationen eigentlich nicht äussern. Doch könnte er mit einem Energieminister Rösti leben? «Ich kann mit jedem und jeder leben», sagt der Grünliberale zu Blick. Rösti wäre für ihn keine Idealbesetzung für das wichtige Uvek: «Er hat sich jahrelang als Öl- und Atomlobbyist betätigt. Allerdings, das muss man sagen, hat er sich auch stets für die Wasserkraft starkgemacht.»

Zudem habe Rösti in seiner Einschätzung in der letzten Zeit schon einen Wandel durchgemacht und setze sich zum Beispiel seit neustem auch für Elektroautos ein. Grossen sagt: «Er würde beim Ausbau von Wind- und Solarkraft wohl nicht den Turbo einlegen. Aber er ist kein Dogmatiker, sondern hört zu und kann Kompromisse machen.»

Keine Illusionen

Aus anderen Parteien hört man Ähnliches. «Es ist nicht gesagt, dass Rösti im gleichen Fahrwasser weiterfahren würde wie bisher», meint Mitte-Umweltpolitiker Stefan Müller-Altermatt (46). Da habe es schon manche Überraschung gegeben: «Ich erinnere nur an Otto Stich, der als vermeintlich bürgerlicher Linker von den Bürgerlichen gewählt wurde und dann im Amt Vollgas nach links gab.» Von daher sollte sich jetzt niemand – «weder links noch rechts» – Illusionen machen.

SP-Nationalrat Eric Nussbaumer (62) hat dennoch ein paar Erwartungen an die Energiepolitik eines SVP-Bundesrats: «Albert Rösti hat sicher noch Luft nach oben.» Bei der Förderung der Wasserkraft mache er sich keine Sorgen, da dürfte Rösti vorwärtsmachen. Und bei der Solarenergie sei die Macht des Faktischen einfach so gross, dass er da gar nicht bremsen könne. «Windkraft mit einem Energieminister Rösti – das allerdings könnte schwierig werden. Aber so schnell gebe ich nicht auf ...», lacht er.

AKW? Dann droht eine Referendumsschlacht

Aber droht mit Rösti im Uvek nicht eher ein Revival der AKW? Das müssten die Linken doch besonders fürchten. «Er kann schon versuchen, die AKW-Frage neu zu beleben», sagt Nussbaumer. Doch dann drohe ihm eine Referendumsschlacht nach der andern. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Bundesrat das will.»

Für Müller-Altermatt ist zudem klar: «Wer für den Bundesrat kandidiert, muss bereit sein, jedes Departement zu übernehmen. Auf der anderen Seite heisst das: Wir wählen einen Bundesrat, keinen Umwelt- oder Finanzminister.» Eine mögliche Departementsverteilung dürfe keine Rolle spielen.


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