«Ich freue mich sehr, habe aber auch Respekt»
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Jon Pult (39) nach Nominierung:«Ich freue mich sehr, habe aber auch Respekt»

Bundesratskandidat Jon Pult
Das Bündner Polittalent, das den Olympia-Traum beerdigte

Mit 24 Jahren wurde er Parteipräsident, mit 26 Grossrat – nun könnte der Bündner Jon Pult mit 39 Bundesrat werden. Der gewiefte Taktiker und treffsichere Redner fing zwar bei den Jusos an, politisiert heute aber im Zentrum der SP.
Publiziert: 25.11.2023 um 17:33 Uhr
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Aktualisiert: 26.11.2023 um 12:24 Uhr

Nationalrat Jon Pult war mit 39 Jahren der jüngste SP-Kandidat für die Nachfolge von Bundesrat Berset (51). Der politische Frühstarter gilt als begnadeter Rhetoriker und eines der grössten Politiktalente der Sozialdemokraten – Attribute, die ihn seine bereits 20-jährige Politiklaufbahn lang begleiten.

Pult wurde im Unterengadin als schweizerisch-italienischer Doppelbürger geboren. Mit 19 Jahren stieg er in die Politik ein, als er 2004 ins Churer Stadtparlament gewählt wurde.

Danach ging es in zügigem Tempo die politische Sprossenleiter hinauf: Mit 24 wurde Pult Präsident der SP Graubünden, mit 26 Bündner Grossrat, mit 29 Präsident der Alpen-Initiative, mit 35 Nationalrat und mit 36 Vizepräsident der SP Schweiz.

Jon Pult ist erst seit 2019 Nationalrat – nun könnte er bald Bundesrat werden.
Foto: keystone-sda.ch
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Gegen Olympische Spiele, für die Bahn

Spätestens als er im Grossen Rat ankam, fiel in Graubünden Pults politisches Geschick und seine treffsichere Rhetorik auf. Der junge Parlamentarier argumentierte und taktierte wie ein Routinier, ohne dabei altklug oder als Möchtegern zu wirken. Bald hiess im Bündnerland: «Der wird mal Bundesrat.»

Seinen wohl grössten Erfolg im Heimatkanton feierte Pult 2017, als SP und Grüne unter seiner Führung kantonale Pläne für Olympische Winterspiele an der Urne versenkten – gegen das beträchtliche Engagement der anderen Parteien und aller Wirtschaftsverbände.

Nationale Bekanntheit erreichte der studierte Historiker als Präsident der Alpeninitiative, die sich für den Gütertransport per Bahn einsetzt. Der Sprung in den Nationalrat gelang Pult 2019 gleichwohl erst im dritten Anlauf, als der von Silva Semadeni (71) gehaltene – damals nur eine – Bündner SP-Sitz frei wurde.

«Er brennt für seine Anliegen»

In Bundesbern fielen einmal mehr Pult politisches Talent und rhetorisches Geschick auf. Schon ein Jahr nach seinem Einzug ins Parlament machte ihn die SP zum Vizepräsidenten. In der Grossen Kammer präsidiert er mittlerweile die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrats.

Pult habe die Kommission «angenehm geführt» und dabei seine Dossiersicherheit unter Beweis gestellt, sagt FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen (42). Er erlebe Pult als sehr talentierten Politiker, «der inhaltlich wie sprachlich seine klar linken Positionen vertreten kann».

Auf seiner Homepage gibt sich Pult denn auch klassenkämpferisch: «Es ist Zeit, gegen diejenigen anzutreten, die für sich und ihre Freunde Extrawürste fordern und gleichzeitig auf Menschen herumtrampeln, die sich kaum wehren können», schreibt er dort.

Doch ganz so links wie vielfach wahrgenommen steht Pult nicht. Gemäss der unabhängigen Online-Wahlhilfe Smartvote politisiert er innerhalb der SP-Fraktion genau in deren Zentrum. «Er brennt für seine Anliegen: Die Menschen, eine gerechte Gesellschaft, ein gutes Zusammenleben», sagte die Bündner Nationalrätin Sandra Locher Benguerel (48) unlängst über ihren politischen Weggefährten.

Italienischen Pass will er behalten

Als grösste aktuelle Herausforderungen bezeichnete Pult bei der Bekanntgabe seiner Bundesratsambition die Reform des Gesundheitswesens sowie die Klima- und die Europapolitik. Für das Erreichen der Klimaziele fordert er eine «Politik der ausgestreckten Hand» statt eine «des erhobenen Zeigefingers».

Überhaupt betont Pult immer wieder die Wichtigkeit des Zusammengehens. Als er in den Kindergarten gekommen sei, habe er Rätoromanisch und Italienisch gesprochen, aber kein Wort Deutsch, schreibt er auf seiner Website. Diese Erfahrung habe ihn geprägt: «Miteinander reden heisst zuhören, verstehen – und selber verständlich sein. So baut man Brücken zueinander.» Heute lebt er mit seiner Frau, die als Journalistin bei SRF arbeitet, zwischen Chur und Bern.

Als Bundesrat würde der Sozialdemokrat seinen italienischen Pass behalten. «Ich bleibe Doppelbürger und würde mich als Bundesrat zu 100 Prozent für die Schweiz engagieren», erklärte er bei der Bekanntgabe seiner Kandidatur.


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