Bus, Tram oder S-Bahn
In diesen Städten ist man mit dem ÖV am schnellsten

Mit dem öffentlichen Verkehr kommt man in Schweizer Städten nicht sonderlich schnell von A nach B, wie eine Studie des liberalen Thinktanks Avenir Suisse zeigt. Überraschend ist, wer es auf die Spitzenplätze schafft.
Publiziert: 15.08.2024 um 05:02 Uhr
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Aktualisiert: 15.08.2024 um 09:33 Uhr
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Lea HartmannRedaktorin Politik

Rasch den Bus nehmen? Oder doch lieber das Velo? Wer in der Stadt lebt, hat die Qual der Verkehrsmittel-Wahl. Dabei ist der öffentliche Verkehr häufig nicht die schnellste Variante, wie eine Auswertung des Thinktanks Avenir Suisse zeigt.

Im Schnitt kommt man mit Bus, Tram und S-Bahn in den Städten gerade einmal mit 8,3 km/h voran. Auf dem Velo gelangt man doppelt so schnell von A nach B. Die Berechnung basiert auf über 100'000 zufällig ausgewählten Strecken in den grössten Schweizer Städten. Per Zufallsgenerator wurden Start- und Zieladresse ausgewählt und auf Google Maps die schnellste Strecke berechnet – inklusive Weg bis zur Bushaltestelle, möglichen Warte- und Umsteigezeiten. Das Auto haben die Forschenden aussen vor gelassen.

Die Untersuchung liefert einige spannende Erkenntnisse:

Nirgends in der Schweiz kommt man schneller mit dem ÖV von A nach B als in der Stadt St. Gallen.
Foto: PIUS KOLLER
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St. Gallerinnen sind am schnellsten

Den schnellsten öffentlichen Verkehr haben nicht etwa die grössten Städte wie Zürich und Genf – sondern St. Gallen und Biel. In St. Gallen kommt man mit Bus und Bahn mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 9,3 km/h ans Ziel, auf vergleichbaren Strecken in Biel mit 9,2 km/h. Nicht berücksichtigt sind mögliche Staus, in die die Busse gerade zu Stosszeiten geraten können. St. Gallen könnte den Spitzenplatz der Lage im Talkessel zu verdanken haben, sagt Avenir-Suisse-Forscher Lukas Rühli. Der Regionalzug erlaubt relativ hohe Geschwindigkeiten bei Fahrten vom einen Stadtende ans andere. 

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Schlusslicht Genf

Schlusslicht ist Genf. Hier beträgt die durchschnittliche ÖV-Geschwindigkeit nur etwas über 7 km/h. Die langsamste Deutschschweizer Stadt ist Basel (7,8 km/h). Wobei die Forscher anmerken, dass Genf dafür sehr dicht besiedelt ist. Auch wenn der ÖV nicht so schnell ist, ist man dafür rasch am Ziel.

Biel punktet beim Umsteigen

Doch nicht nur die Geschwindigkeit zählt. Angeschaut hat sich Avenir Suisse auch, wo man am wenigsten umsteigen muss. Gerade für Menschen, die nicht gut zu Fuss sind, im Rollstuhl sitzen oder mit Kindern unterwegs sind, ist das ein wichtiges Kriterium. Auch hier können Biel und St. Gallen punkten. Die Fusswege zu ÖV-Haltestellen in Biel sind kurz, man muss selten umsteigen. In Lausanne muss man auf vergleichbaren Streckenlängen fünfmal häufiger umsteigen als in Biel, hält die Auswertung fest.

Winterthurer gehen besser zu Fuss

Gerade bei kurzen Strecken ist man häufig zu Fuss am schnellsten. Doch auch da gibt es Unterschiede. Will man in Luzern und Lausanne eine Strecke zwischen 500 Metern und einem Kilometer zurücklegen, ist man in über 60 Prozent der Fälle mit dem ÖV schneller als zu Fuss. In Winterthur hingegen macht man besser einen Spaziergang. In knapp zwei Dritteln der Fälle ist man so rascher am Ziel, als wenn man auf den Bus wartet. 

Über alle Distanzen hinweg lohnt es sich in Zürich am meisten, den ÖV zu nehmen. Man spart sich so gut drei Viertel der Gehdistanz. In Lugano hingegen nur gut die Hälfte.

Und im internationalen Vergleich?

Avenir Suisse hat sich auch den ÖV in deutschen und österreichischen Städten angeschaut. Im internationalen Vergleich schneidet die Schweiz nur minim besser ab: Im Schnitt kommt man hierzulande 0,5 km/h schneller von A nach B als in Berlin, Wien oder anderen Grossstädten. 

Das Fazit des Thinktanks: Der ÖV ist langsamer, als man denkt. Für die zukünftige Verkehrsplanung müsse man sich deshalb gut überlegen, wo sich weitere Investitionen lohnen, meint Forscher Rühli. «Die Städte sollten vor allem Lösungen entwickeln, um die Menschen auf der sogenannten letzten Meile schneller vorwärtszubringen.» Angebote wie Leihvelos und -trottis gibt es bereits. Rühli rechnet damit, dass künftig auch automatisiert fahrende kleinere Fahrzeuge Einzug in die Städte halten werden. Damit zum Beispiel auch Senioren noch schneller von A nach B kommen. 

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