Das Wichtigste auf einen Blick
Das müssen Sie zur Ehe für alle wissen

Am 26. September stimmt die Schweiz über die Ehe für alle ab. Blick erklärt, was sich bei einem Ja zur Heirat von gleichgeschlechtlichen Paaren ändern würde – und was nicht.
Publiziert: 05.08.2021 um 10:39 Uhr
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Aktualisiert: 03.09.2021 um 08:59 Uhr
Lea Hartmann

Bevor sich Schwule und Lesben vor dem Traualtar das Ja-Wort geben dürfen, braucht es ein Ja an der Urne. Am 26. September stimmt die Schweiz über die Ehe für alle ab.

Den Stein ins Rollen gebracht hatten 2013 die Grünliberalen. Per Vorstoss forderten sie die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Was ist seither geschehen? Und worüber stimmen wir nun genau ab? Blick beleuchtet die Hintergründe und Konsequenzen der Abstimmung.

Worum geht es genau?
In der Schweiz sollen Paare gleichen Geschlechts das Recht bekommen, zu heiraten. Damit verbunden ist auch, dass verheiratete lesbische und schwule Paare Kinder adoptieren dürfen. Heute ist Homosexuellen nur die Adoption von Stiefkindern erlaubt. Für lesbische verheiratete Paare wird ausserdem die Samenspende legalisiert. Neu dürfen auch sie in der Schweiz zu einer Samenbank und via künstliche Befruchtung ein Kind zeugen.

Auch in der Schweiz soll die Ehe für homosexuelle Paare geöffnet werden.
Foto: Getty Images
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Wie steht die Schweiz im internationalen Vergleich da?
In den allermeisten westeuropäischen Staaten ist die Ehe für alle bereits Realität. Die Schweiz wäre das 17. europäische Land, in dem Homosexuelle heiraten dürfen – nach den Niederlanden (2001), Belgien (2003), Spanien (2005), Norwegen (2009), Schweden (2009), Island (2010), Portugal (2010), Dänemark (2012), Frankreich (2013), Luxemburg (2014), Grossbritannien (England, Wales und Schottland 2014, Nordirland 2020), Irland (2015), Finnland (2017), Deutschland (2017), Malta (2017) und Österreich (2019). In einer Mehrheit dieser Länder ist auch die Samenspende für lesbische Paare legal.

Warum stimmt die Schweiz erst jetzt darüber ab?
Das hat mehrere Gründe. Einerseits hat das Parlament das Geschäft lange vor sich hingeschoben – andere Themen wurden als wichtiger befunden. Als man sich dann der Sache annahm, sorgte für hitzige Diskussionen, ob zur Einführung der Ehe für alle eine Verfassungsänderung nötig ist oder nicht. Mehrfach haben National- und Ständerat dafür Rechtsexperten angehört und Gutachten erstellen lassen. Das Thema ist aber nicht nur deswegen komplexer, als es auf den ersten Blick scheint. Es mussten zum Beispiel auch Fragen geklärt werden, was die Bereiche Adoption, Witwer- und Witwenrenten, Einbürgerung, Fortpflanzungsmedizin und den Status der eingetragenen Partnerschaft betrifft. Im Dezember gab nach dem National- schliesslich auch der Ständerat grünes Licht für die Ehe für alle.

Samenspende für lesbische Paare stört Gegner
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Abstimmung zur «Ehe für alle»:Samenspende für lesbische Paare stört Gegner

Wer steht hinter dem Referendum?
Die Unterschriftensammlung gegen die Ehe für alle hat ein überparteiliches Komitee christlich-konservativer Politikerinnen und Politiker eingereicht. Präsidiert wird das Komitee von EDU-Präsident Daniel Frischknecht, SVP-Nationalrätin Verena Herzog (65) und Mitte-Nationalrat Marco Romano (38). Die Gegner der Ehe für alle argumentieren, dass die Ehe heterosexuellen Paaren vorenthalten sei und geschützt werden müsse. Dies sei nicht diskriminierend, sondern durch die Biologie begründet. Die Legalisierung der Samenspende sei zudem verfassungswidrig. Nicht zuletzt führen die Gegnerinnen und Gegner das Kindswohl an, das aus ihrer Sicht gefährdet ist.

Und was sagen die Befürworter?
Ausser der SVP, der EVP und der Mitte, die ihre Position noch nicht festgelegt hat, stehen alle grösseren Parteien hinter der Ehe für alle. Auch der Bundesrat spricht sich für den Schritt aus, selbst wenn er sich dafür starkgemacht hatte, das Thema Samenspende separat anzugehen. Aus Sicht des Pro-Lagers ist es höchste Zeit, dass auch in der Schweiz homosexuelle Paare heterosexuellen gleichgestellt werden. Das Kindswohl hänge von anderen Faktoren als dem Geschlecht der Eltern ab. Dank der Legalisierung der Samenspende müssten lesbische Paare zudem nicht mehr ins Ausland, um sich ihren Kinderwunsch zu erfüllen. Und sie hätten dadurch mehr Rechte und Sicherheit.

Was ist mit der eingetragenen Partnerschaft?
Wird die Ehe für alle angenommen, wird der Status der eingetragenen Partnerschaft abgeschafft. Dies heisst, dass keine neuen Partnerschaften eingetragen werden können. Die bisherigen eingetragenen Partnerschaften bleiben aber bestehen. Die Paare haben die Möglichkeit, diese per Erklärung beim Zivilstandsamt in eine Ehe umwandeln zu lassen.

Ist neu auch die Leihmutterschaft für Schwule erlaubt?
Nein. Leihmutterschaft – also das Engagieren einer Frau, die für einen ein durch künstliche Befruchtung gezeugtes Kind austrägt – ist und bleibt verboten. Das gilt genauso für Homosexuelle wie für Heterosexuelle. Um das zu ändern, bräuchte es eine Verfassungsänderung. Auch die anonyme Samenspende bleibt verboten.

Falls die Ehe für alle angenommen wird: Ab wann können Homosexuelle heiraten?
Das ist noch offen. Sollte die Vorlage beim Stimmvolk eine Mehrheit erhalten, muss der Bundesrat das Datum der Inkraftsetzung festlegen.

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