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Die eigenen Kantonsregierungen sind uneins
In den Kantonen tobt der Gülle-Streit

Eigentlich müsste den Kantonen sauberes Trinkwasser wichtig sein. Wenn es aber ums Grundwasser geht, das mit Pestiziden und Gülle verschmutzt ist, sind die Fronten nicht nur im Parlament verhärtet. Auch mitten durch die Kantonsregierungen geht ein Riss.
Publiziert: 14.09.2020 um 12:48 Uhr
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Aktualisiert: 30.01.2021 um 19:29 Uhr
Lea Hartmann

Im Ständerat kommt es heute Nachmittag zum Showdown um sauberes Trinkwasser. Die Politik zittert vor der Trinkwasser- und der Pestizid-Initiative – aber man ist sich nicht einig, wie man auf die beiden Volksbegehren reagieren soll, die in der Bevölkerung breiten Rückhalt geniessen.

So ist selbst innerhalb der Kantone ein Zwist entbrannt, wie man sich zum inoffiziellen Gegenvorschlag stellen soll, über den die kleine Kammer heute befindet.

Ständeräte unter Druck

Wie brisant das Thema ist, zeigen die jüngsten Ereignisse. Schon seit Monaten wird im Parlament über einen Kompromiss gestritten. Nun, kurz vor der entscheidenden Abstimmung im Ständerat, ist die Diskussion ums saubere Wasser noch vergifteter geworden.

Der Ständerat entscheidet heute über die Trinkwasser- und die Pestizid-Initiative.
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Mit einem Kuhhandel verhinderte der Bauernverband, dass vor der Abstimmung über die Initiativen ein verbindlicher Plan zur Entschärfung des Pestizid-Problems in der Schweiz vorliegt. Als Konsequenz verschärfte die Wirtschaftskommission dann aber in letzter Minute ihren Vorschlag, über den der Ständerat heute abstimmt.

Dabei ist es nicht nur ein riesiges Problem, dass Pestizide die Wasserqualität bedrohen, auch die Überdüngung gefährdet das Trinkwasser. Mit einem verbindlichen Absenkpfad für Nährstoffüberschüsse soll Letzteres angegangen werden. Die Bauernlobby tobt und setzt die Ständeräte unter Druck, die Gülle-Verschärfungen abzulehnen.

Gegensätzliche Positionen in den Kantonen

Wie sehr die Fronten verhärtet sind, zeigt sich gerade in den Kantonen. Wenige Tage vor der entscheidenden Abstimmung im Stöckli bekamen die Ständeräte Post von ihren Regierungsräten. Und zwar gleich doppelt.

Die Konferenz der kantonalen Landwirtschaftsdirektoren (LDK) appelliert an die Parlamentarier: Sie sollen auf ihren ursprünglichen Vorschlag zurückkommen und die Massnahmen gegen die Überdüngung wieder streichen. Weil nie eine Vernehmlassung dazu stattgefunden habe, sei der heutige Vorschlag abzulehnen.

Ein Ja wird den Ständeräten hingegen im zweiten Brief empfohlen. Absender ist die Bau-, Planungs- und Umweltdirektoren-Konferenz (BPUK). Die Umweltdirektoren der Kantone sind nämlich ganz anderer Meinung als ihre Regierungskollegen. Man begrüsse das Vorhaben und die Anträge der Wirtschaftskommission, betonen die Umweltdirektoren. Die Gülle-Reduktionsziele, die nun gesetzlich festgeschrieben werden sollen, gehen aus ihrer Sicht sogar fast noch zu wenig weit.

In der Zwickmühle

Die Ständerätinnen und Ständeräte sind damit in der Zwickmühle. Sie sollten die Interessen ihrer Kantone vertreten – doch wie entscheiden, wenn sich nicht einmal ihre Kantonsregierungen einig sind? Für die bürgerlichen Ständeräte kommt der Druck der Bauernlobby hinzu. Und auch das links-grüne Lager steht vor einem Balanceakt: Es will die Vorlage nicht zu stark verwässern, gleichzeitig aber auch nicht den mühsam erarbeiteten Kompromiss gefährden.

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