Ehe für alle
SVPler vergleicht Homosexuelle mit radikalen Islamisten

Der Abstimmungskampf zur «Ehe für alle» wird schärfer. SVP-Nationalrat Yves Nidegger vergleicht die LGBT-Szene gar mit radikalen Islamisten wie dem IS oder den Taliban. Befürworter sind schockiert.
Publiziert: 24.08.2021 um 19:16 Uhr
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Aktualisiert: 25.08.2021 um 10:46 Uhr

Sie sind für kaum vorstellbare Gräuel verantwortlich: die Islamisten des IS oder der Taliban. In schreckhafter Erinnerung sind die Videos geköpfter Terror-Geiseln. Oder die blutigen Strafen der Taliban – von abgehackten Händen für Diebstahl bis hin zu Steinigungen für Homosexuelle.

Und doch ist sich der Genfer SVP-Nationalrat Yves Nidegger (64) nicht zu schade, vor der Abstimmung zur «Ehe für alle» vom 26. September die hiesige Schwulen- und Lesben-Szene mit diesen Radikalen zu vergleichen.

«Extremistisch und einschüchternd»

«Manchmal sage ich mir, dass die LGBTIQA+-Lobby für sexuelle Minderheiten das ist, was der Islamismus für Muslime ist: eine extremistische, einschüchternde, aber kaum repräsentative politische Front, die davon träumt, der gesamten Gesellschaft ihr eigenes Gesetz aufzuzwingen», schreibt Nidegger in einem Meinungsbeitrag auf der offiziellen Internetseite der SVP Schweiz.

Auch in der Schweiz soll die Ehe für homosexuelle Paare geöffnet werden. Das hat das Parlament nach jahrelanger Debatte beschlossen.
Foto: Keystone
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Der SVP-Politiker lässt keinen Zweifel darüber offen, was er von der «Ehe für alles» hält: gar nichts. Und Nidegger steht damit nicht alleine da. Letztlich deutlich ist die Delegiertenversammlung der Parteispitze gefolgt und hat kürzlich die Nein-Parole beschlossen – obwohl sich auch innerhalb der Partei ein Pro-Komitee gebildet hatte.

Darum geht es bei der «Ehe für alle»

Am 26. September stimmt die Schweizer Stimmbevölkerung darüber ab, ob auch gleichgeschlechtliche Paare heiraten dürfen. Heute ist es nur möglich, eine Partnerschaft amtlich eintragen zu lassen. Bei dieser haben die Partner zwar in vielen Belangen die gleichen Rechte und Pflichten wie Ehegatten, sind aber etwa bei der Adoption, dem Zugang zur Fortpflanzungsmedizin, oder der vereinfachten Einbürgerung schlechter gestellt. Mit der Öffnung der zivilen Ehe erhalten gleichgeschlechtliche Paare dieselben Rechte wie bisherige Ehegatten, lesbische Paare erhalten ausserdem Zugang zur Samenspende.

Ein überparteiliches Komitee mit Vertretern vor allem aus der Eidgenössisch-Demokratischen Union (EDU) und der SVP hat dagegen das Referendum ergriffen, da die Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau geschützt werden müsse. Die meisten Parteien, darunter FDP, CVP, Grüne und SP sprechen sich für ein Ja aus.

Am 26. September stimmt die Schweizer Stimmbevölkerung darüber ab, ob auch gleichgeschlechtliche Paare heiraten dürfen. Heute ist es nur möglich, eine Partnerschaft amtlich eintragen zu lassen. Bei dieser haben die Partner zwar in vielen Belangen die gleichen Rechte und Pflichten wie Ehegatten, sind aber etwa bei der Adoption, dem Zugang zur Fortpflanzungsmedizin, oder der vereinfachten Einbürgerung schlechter gestellt. Mit der Öffnung der zivilen Ehe erhalten gleichgeschlechtliche Paare dieselben Rechte wie bisherige Ehegatten, lesbische Paare erhalten ausserdem Zugang zur Samenspende.

Ein überparteiliches Komitee mit Vertretern vor allem aus der Eidgenössisch-Demokratischen Union (EDU) und der SVP hat dagegen das Referendum ergriffen, da die Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau geschützt werden müsse. Die meisten Parteien, darunter FDP, CVP, Grüne und SP sprechen sich für ein Ja aus.

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«Man müsste eigentlich Mitleid haben»

«Natürlich sind solche Aussagen schockierend», sagt Roman Heggli (30) von Pink Cross, der Dachorganisation der schwulen und bisexuellen Männer in der Schweiz. Es sei aber schon vor dem Abstimmungskampf absehbar gewesen, dass es zu solch «abstrusen Vorwürfen» kommen werde. «Das zeigt, wie tief Homophobie in unserer Gesellschaft noch immer verankert ist.»

Eigentlich aber disqualifiziere sich Nationalrat Nidegger mit solchen Aussagen ja selber, findet Heggli. Er wisse vermutlich selber, dass das Unfug sei. «Ansonsten müsste man eigentlich Mitleid haben, dass er vor ein paar Regenbogenfahnen solche Angst hat», sagt Pink-Cross-Geschäftsleiter Heggli weiter. «Vielleicht sollten wir ihn mal auf einen Kaffee in unser LGBT-Büro einladen, um ihm aufzuzeigen, dass wir nichts im Schilde führen.» (dba)

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