Energiekommission nimmt Stromversorger an die kurze Leine
Schluss mit Kunden-Abzocke!

Im vergangenen Jahr mussten die Haushalte deutlich mehr für Strom zahlen. Damit soll Schluss sein, findet die Energiekommission des Nationalrats. Und legt die Stromkonzerne an die kurze Leine.
Publiziert: 23.08.2023 um 09:12 Uhr
|
Aktualisiert: 23.08.2023 um 13:03 Uhr
RMS_Portrait_AUTOR_1148.JPG
Sermîn FakiPolitikchefin

Im vergangenen Jahr stiegen die Strompreise ordentlich. Wegen des Ukrainekriegs, abgeschalteten AKWs in Frankreich und Wassermangel. Gewinner waren die Stromkonzerne, einige konnten ihre Gewinne 2022 massiv steigern.

Auch, weil sie sich die Krise ganz bewusst zunutze machten: Blick berichtete vor einiger Zeit über die Engadiner Kraftwerke EKW. Diese können durch den Stausee von Livigno (I) und verschiedene Kraftwerke entlang des Inn günstigen Strom aus Wasserkraft gewinnen. Das tun sie aber nur, wenn sie ihn auch teuer auf dem Markt loswerden.

Einkaufen war profitabler

2022 kauften sie lieber teuren Strom auf dem Markt, um ihn dann noch teurer an ihre Abnehmer weiterzuverkaufen. Folge: Die Engadiner mussten einen doppelt so hohen Strompreis zahlen wie im Vorjahr.

Seit Beginn des Ukrainekriegs sind die Stromkosten gestiegen.
Foto: Shutterstock
1/6

Mit solchen Geschäftspraktiken soll nun Schluss sein, wenn es nach der Energiekommission des Nationalrats geht. Diese hat mehrere Entscheide gefällt, die die Stromkunden in der Grundversorgung – also alle Haushalte – vor so grossen Strompreisschwankungen schützen soll.

  1. will sie Elektrizitätsversorger dazu verpflichten, mindestens 50 Prozent ihrer Produktion zu Gestehungskosten in der Grundversorgung abzusetzen. Das bedeutet: Energieproduzenten dürfen die Hälfte ihres Stroms nur noch zu dem Preis verkaufen, den seine Produktion sie gekostet hat.
  2. sollen Energieunternehmen wie die Engadiner Kraftwerke ihre in der Grundversorgung gebundenen Kundinnen und Kunden zu einem gewissen Anteil mit erneuerbarer Energie aus dem Inland beliefern müssen. Die EKW also könnten nicht länger nur Strom zukaufen, sondern müssen selbst produzieren. Der Anteil des selbst produzierten Stroms soll vom Bundesrat festgelegt und schrittweise erhöht werden. Jahr für Jahr würde es also mehr inländischer Strom – was auch die Versorgungssicherheit stärken würde.
  3. und letztens sollen die Energiekonzerne den übrigen Strom für die Grundversorgung so beschaffen, dass die negativen Auswirkungen von Preisschwankungen möglichst gering sind. Das heisst wohl, dass man weniger auf dem kurzfristigen Spot Market mit Tagespreisen der Strombörsen beschafft, sondern langfristige Lieferverträge eingeht.

Aufsicht hat Alarm geschlagen

Die Engadiner Kraftwerke kostete die Produktion einer Kilowattstunde im Durchschnitt etwa fünf Rappen in den letzten Jahren. Dennoch hat sie ihre Turbinen nicht durchgehend laufenlassen, sondern Strom zugekauft. Da dieser meist billiger war als die fünf Rappen, regte sich kein Widerstand. Doch als die EKW 2022 den Strom ebenfalls auf dem freien Markt kauften, kostete dieser 55 Rappen pro Kilowattstunde – das Elffache des eigenen Wasserstroms. 

Eine solche Praxis hat die Elektrizitätsaufsicht Elcom bereits bemängelt. Die unabhängige Regulierungsbehörde warnte davor, die gefangenen Kunden, also die Privathaushalte und Kleinunternehmen, die ihren Stromlieferanten nicht frei wählen können, zu schröpfen.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?