Es kämpfen Beschleunigungs- gegen Gratis-Anwälte
Die Asylgesetz-Schlacht beginnt!

Nach dem Nein zur Durchsetzungs-Initiative geht der Kampf ums neue Asylgesetz bereits los. Dabei geht es auch um die Deutungshoheit. Die SVP zieht mit ihrem Referendum gegen «Gratisanwälte für alle Asylbewerber» ins Feld. FDP-Nationalrätin Doris Fiala lanciert nun den Konter: «Es handelt sich um Beschleunigungs-Anwälte!»
Publiziert: 01.03.2016 um 17:18 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 22:03 Uhr
Ruedi Studer

Es ist eine kleine Szene am Rande der Frühlingssession, doch sie zeigt auf, wie sehr die nächste migrationspolitische Auseinandersetzung den Politikern schon unter den Nägeln brennt. «Wir müssen konsequent von Beschleunigungs-Anwälten sprechen, Philipp. Wir müssen den «Gratisanwälten» der SVP etwas entgegensetzen!», sagt FDP-Nationalrätin Doris Fiala (ZH) zu Parteichef Philipp Müller. Dieser nickt zustimmend.

Fiala spielt damit auf das neue Asylgesetz an, welches am 5. Juni vors Volk kommt. Die Revision hat raschere Verfahren für Asylsuchende zum Ziel. Damit auch schnellere Entscheide und damit eine kürzere Aufenthaltsdauer von abgewiesenen Asylbewerbern.

SVP kämpft gegen «Gratisanwälte» 

Im Gegenzug wird allen Asylsuchenden aber auch ein unentgeltlicher Rechtsberater zur Seite gestellt. Grund genug für die SVP das neue Gesetz mit dem Referendum zu bekämpfen. Mit dem Slogan «Gegen Gratisanwälte für alle Asylbewerber» sammelte die SVP über 65'000 Unterschriften. Denn damit seien Asylsuchende «besser gestellt als jeder Schweizer Bürger».

Diese Argumentation ärgert Fiala: «Hat ein Schweizer nicht genügend Geld, bekommt er auch unentgeltlich einen Pflichtverteidiger», sagt sie zu BLICK. Dass die unentgeltliche Rechtsvertretung zu mehr Rekursen und damit höheren Kosten im Asylbereich führen werde, wie das die SVP behauptet, bestreitet sie vehement. «Die Rechtsvertreter werden pauschal mit 1200 Franken pro Fall abgegolten. Da gibt es keinen finanziellen Anlass, zu ‚blöterle’ und ein Verfahren zu verzögern», so Fiala.

«Das Gegenteil ist der Fall: Chancenlose Beschwerden werden gar nicht eingereicht. Die Rechtsvertreter sind damit also viel mehr und nachweisbar Beschleunigungs-Anwälte!» Und günstiger werde es auch: «Ein Asylsuchender kostet rund 1400 Franken pro Monat. Der Rechtsvertreter ist also schon bezahlt, wenn dank diesem ein chancenloser Asylbewerber ein paar Wochen früher das Land wieder verlässt.»

Kampf um Deutungshoheit 

«Gratisanwalt» versus «Beschleunigungs-Anwalt» also. Fiala wählt den Konter-Begriff bewusst. Im Wissen darum, dass in einem Abstimmungskampf die Deutungshoheit rasch einmal wichtig werden kann. Wie bei der Durchsetzungs-Initiative, welche die Gegner konsequent als «Verschärfungs-Initiative» betitelten. Oder umgekehrt die SVP, welche die Härtefallklausel erfolglos zur «Täterschutzklausel» umzudefinieren versuchte.

Was Fiala am SVP-Referendum besonders ärgert, ist die Tatsache, dass die SVP selber stets raschere Verfahren fordert. «Aber egal, wie scharf ein Kompromiss ist, die SVP schraubt ihre Forderungen immer noch höher. Das dient vielleicht ihrem Politmarketing, aber sicher nicht der Sache.»

Auch die Linke habe bei diesem Gesetz einige Kröten schlucken müssen, betont Fiala. «Ein guter Kompromiss muss alle ein wenig schmerzen. Doch während die Linke für einmal auf die Zähne beisst, zeigt sich die SVP uneinsichtig und ergreift das Referendum.»

«Stimmvolk hat rote Linie gezogen – und wird es wieder tun»

Sie werde sich mit aller Kraft für das neue Gesetz engagieren, sagt Fiala. «Ich habe schon einige Flüchtlingslager besucht und weiss, was chaotische Zustände bedeuten. Deshalb sage ich klar: In der Schweiz kann davon – jedenfalls bis heute – keine Rede sein.»

Das Test-Bundeszentrum in Zürich funktioniere bestens und werde von vielen Ländern und Organisationen besucht. «Es wird als Vorzeigemodell international gelobt.»

Fiala ist daher optimistisch, dass sich das Stimmvolk «auch diesmal nicht vom SVP-Politmarketing in die Irre führen lässt» und das neue Asylgesetz deutlich angenommen wird. «Letzten Sonntag hat das Stimmvolk die rote Linie gezogen – und wird es auch im Juni wieder tun.»

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