FDP-Gössi fordert nach Umfrage zum EU-Rahmenvertrag Bundesrat zum Handeln auf
«Das ist ein eindeutiges Signal»

Das vorliegende Rahmenabkommen habe in der Bevölkerung keine Chance, argumentierte der Bundesrat stets. Eine neue Umfrage zeichnet ein anderes Bild. Auch stellt es die bisherige Haltung mehrerer Parteien infrage – auch wenn die das anders sehen.
Publiziert: 09.05.2021 um 20:09 Uhr

Petros Mavromichalis hat sichtlich Freude an der neuen Umfrage des Forschungsinstituts GFS Bern. Von einem «Umfrage-Hammer» schreibt der EU-Botschafter in Bern auf Twitter genüsslich – und bezieht sich dabei auf einen Artikel im SonntagsBlick. Tatsächlich sind die Umfrageresultate Wasser auf die Mühlen in Brüssel. Denn sie zeigen: Fast zwei Drittel der Schweizer Stimmberechtigten sind für das Rahmenabkommen mit der EU.

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Von den befragten Stimmberechtigten würden heute 64 Prozent in einer Abstimmung Ja oder «eher Ja» zum Vertrag sagen. Das betont der Verband Interpharma, der die Umfrage in Auftrag gegeben hatte. Demnach sehen 54 Prozent der Befragten in den bilateralen Verträgen hauptsächlich Vorteile, 16 Prozent stellen die Nachteile in den Vordergrund.

Allerdings: Das Lager jener, die «bestimmt» für das Abkommen sind, ist geschrumpft – nämlich von 22 Prozent im letzten Jahr auf noch 15 Prozent im laufenden Jahr.

Ist das Rahmenabkommen noch zu retten? Klar ist: Aussenminister Ignazio Cassis und der Bundesrat stehen vor einer schwierigen Aufgabe.
Foto: Keystone
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Abkommen scheint alles andere als chancenlos zu sein

Und dennoch bleibt die Erkenntnis, dass das Abkommen, anders als von vielen Politikern behauptet, alles andere als chancenlos ist. Das dürfte auch den Druck auf den Bundesrat erhöhen. Denn die Regierung soll dem Vernehmen nach bereits daran sein, den Abbruch der Verhandlungen vorzubereiten.

Die Umfragewerte dürften aber auch mehrere Parteien auf dem falschen Fuss erwischen. Etwa die SP sowie die Gewerkschaften. Sie haben regelmässig wiederholt, dass der Lohnschutz für sie nicht verhandelbar ist. Das aktuelle Rahmenabkommen gebe «den Lohnschutz zum Abschuss frei».

SP-Basis wertet anders als Parteispitze

Doch gemäss der Umfrage kommt die SP-Basis zu einem anderen Schluss. Zwar teilen 60 Prozent der Befragten die Einschätzung, dass der Lohnschutz geschwächt werde. Für die meisten ist das aber kein Grund, den Vertrag abzulehnen.

Denn zwei Pro-Argumente sollen unter den SP-Sympathisanten mehr Einfluss haben: Dass die Wirtschaft ruhig planen und arbeiten kann und dass ohne Rahmenvertrag die Bilateralen erodieren. So unterstützen 81 Prozent der SP-Anhänger das Abkommen. Sie gehören damit zusammen mit den Grünen (80 Prozent) und Grünliberalen (87 Prozent) zu den treusten Unterstützern – aller Vorbehalte der Parteispitze zum Trotz.

SP-Co-Präsident Cédric Wermuth (35) lässt sich von den Umfrageresultaten allerdings nicht aus der Ruhe bringen. «Das ist ein Gefälligkeitsgutachten für die Pharmalobby», kommentiert er. Er erlebe seit Wochen im Gespräch mit der Bevölkerung das Gegenteil: «Die Menschen wollen Lohnschutz und gute Beziehungen zu Europa. Nicht entweder oder. Solche Umfragen brauchen nur Leute, die den Kontakt zur Bevölkerung verloren haben.» Insofern ändere diese Umfrage für ihn gar nichts. Sie zeige einzig auf, wie wichtig der Schweizer Bevölkerung gute Beziehungen zur EU seien.

Bei der FDP schwindet der Rückhalt

Überraschend dürften die Umfrageresultate aber auch für die FDP-Spitze sein. Denn gemäss der Umfrage steigen unter den Anhängern des Freisinns die Zweifel am Nutzen der Bilateralen. So würden derzeit noch 63 Prozent Ja oder eher Ja zum Rahmenabkommen sagen. Letztes Jahr waren es hingegen noch 79 Prozent.

FDP-Präsidentin Petra Gössi (45) wertet dies aber immer noch als «klaren Rückhalt» für das Rahmenabkommen und den bilateralen Weg. Und vor allem: «Das ist ein eindeutiges Signal aus der Bevölkerung, mit dem sich der Bundesrat auseinandersetzen muss.»

Bisher deuteten viele die Signale aus dem Bundesrat darauf hin, dass ein Abbruch der Verhandlungen kurz bevorstehe. Nun aber müsse die Regierung nochmals alles daransetzen, ein gutes Verhandlungsergebnis zu erzielen, findet Gössi. «Immerhin ist sie verpflichtet, zum Wohl der Schweiz zu entscheiden.» (dba)

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