Fünf-Punkte-Plan für engere Zusammenarbeit
Schweiz schreibt Liebesbrief an die Nato

Die Schweiz hat zusammen mit Österreich, Malta und Irland der Nato einen Brief geschrieben. Das Ziel: eine noch engere Kooperation. Die SVP ist sauer.
Publiziert: 12.05.2024 um 00:27 Uhr
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Aktualisiert: 12.05.2024 um 13:49 Uhr
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Raphael RauchBundeshausredaktor

Der Schweizer Nato-Botschafter in Brüssel, Philippe Brandt (61), hat im Dezember einen brisanten Brief unterzeichnet. Wie die österreichische Zeitung «Die Presse» berichtet, sieht das Schreiben einen Fünf-Punkte-Plan vor, wie die neutralen Länder Schweiz, Österreich, Malta und Irland noch enger mit der Nato zusammenarbeiten können. Dazu zählen auch Übungen von komplexen militärischen Szenarien, an denen VBS-Chefin Viola Amherd (61) in der Nato-Zentrale teilnehmen könnte.

Zwischendurch liest sich das Schreiben wie eine Liebeserklärung an die Nato. Die vier neutralen Länder sehen sich als «die engsten Nato-Partner, wenn es um gemeinsame Werte geht», und streichen «die wachsende Bedeutung» der Partnerschaft hervor: «Russlands illegaler Angriffskrieg gegen die Ukraine betrifft uns alle.»

Im Nato-Jargon heissen die vier Länder Schweiz, Österreich, Malta und Irland WEP4 (westeuropäische Partner 4). Früher war von den WEP5 die Rede, als Schweden und Finnland noch neutral waren. Durch den Nato-Beitritt von Stockholm und Helsinki wurden die Karten neu gemischt; mittlerweile spannt Malta mit den verbleibenden neutralen Staaten zusammen.

Ziemlich beste Freunde: Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg und VBS-Chefin Viola Amherd.
Foto: keystone-sda.ch
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Austausch von Aufklärungsdaten

Der Brief enthält einen konkreten Fünf-Punkte-Plan: Erstens soll der Austausch mit Verbündeten und Partnern häufiger und intensiver werden. Zweitens wünschen sich die WEP4 einen privilegierten Zugang zu Dokumenten und Informationen. Wie «Die Presse» berichtet, soll es auch um den verstärkten Austausch von Aufklärungsdaten gehen, da gebe es noch Luft nach oben.

Drittens soll es ein gemeinsames Engagement bei der Gestaltung von Normen und Politikfeldern geben – vor Entscheidungen möchten die Nato-Freunde rechtzeitig einbezogen werden. Viertens soll das gemeinsame Krisenmanagement intensiviert werden, was die Schweizer Teilnahme an hochrangigen Übungen miteinschliesst: Beim sogenannten Crisis Management Exercise (CMX) handelt es sich um Szenarien, bei denen auch Verteidigungsminister eingebunden sind und wo ohne echte Waffen die Reaktion auf einen Angriff simuliert wird. Fünftens soll der Bereich Innovation gestärkt werden, etwa über die Innovationsplattform «Diana». Denn die neutralen Staaten befürchten, in Rüstungsfragen abgehängt zu werden.

«Annäherung heisst nicht Nato-Beitritt»

Im Bundeshaus war der Brief an die Nato bislang nicht bekannt. «Ich werde beim VBS nachfragen, warum wir bis jetzt nicht darüber informiert wurden», sagt die Präsidentin der Sicherheitspolitischen Kommission (SIK) des Nationalrats, Priska Seiler Graf (55, SP). Sie begrüsst den Kurs des Bundesrates: «Annäherung heisst nicht Nato-Beitritt.»

Die SVP hingegen warnt vor einem «schleichenden Nato-Beitritt» und hat die Neutralitätsinitiative lanciert. SVP-Ständerat Werner Salzmann (61) findet: «Priorität hat jetzt die Wiederherstellung der Verteidigungsfähigkeit unserer Armee. Wir benötigen so rasch wie möglich eine Verteidigungsdoktrin. Ohne diese Grundlage können wir weder gezielt beschaffen noch richtig üben und uns auch nicht auf mögliche Kooperationen vorbereiten.»

«Unter Wahrung der Neutralität»

Das Aussendepartement (EDA) sieht im Flirt mit der Nato nichts Neues. Bereits in der Vergangenheit habe die Schweiz an Sitzungen des Nordatlantikrates und sogar an CMX-Übungen teilgenommen. Alles geschehe «unter Wahrung der Neutralität».

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