Gerichtskommission wundert sich über Stefan Keller (44)
Fifa-Ermittler muss um Job bangen

Kann der ausserordentliche Bundesanwalt Stefan Keller im Amt bleiben? Nein, finden Mitglieder der zuständigen Gerichtskommission, nachdem Keller nicht mehr gegen Fifa-Boss Gianni Infantino ermitteln darf.
Publiziert: 07.05.2021 um 06:43 Uhr
Daniel Ballmer

«Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende», findet ein Mitglied der Gerichtskommission von National- und Ständerat. Die Kritik ist deutlich: «Der ausserordentliche Bundesanwalt Stefan Keller hat es einfach verbockt», kommentiert ein anderer Parlamentarier. «Ich sehe keine Lösung, wie es mit ihm weitergehen soll.»

Das Bundesstrafgericht hat eine Beschwerde von Fifa-Boss Gianni Infantino (51) gutgeheissen, wie am Mittwoch bekannt geworden ist. Keller (44) darf nicht mehr gegen den Walliser ermitteln. Der ausserordentliche Bundesanwalt war im letzten September vom Parlament eingesetzt worden, um die nichtprotokollierten Geheimtreffen des ehemaligen Bundesanwalts Michael Lauber (55) mit Infantino zu untersuchen.

Die Gerichtskommission will es nun genau wissen. Kommissionspräsident Andrea Caroni (41) hat Keller sowie die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) in die nächste Sitzung von Mitte Mai eingeladen. Dort sollen sie aufzeigen, wie sie sich das weitere Vorgehen vorstellen. Ein Rücktritt scheint für Keller vorerst kein Thema zu sein. Er nehme fürs Erste aber keine weiteren Verfahrenshandlungen vor, teilte er mit.

Sonderermittler Stefan Keller muss in der Untersuchung gegen Gianni Infantino in den Ausstand treten. Das Gericht gibt dem Fifa-Boss damit recht.
Foto: Getty Images
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Gerichtsentscheid lasse kaum Spielraum

In der Gerichtskommission scheinen die Meinungen allerdings teilweise bereits gemacht. Zu happig sind die Vorwürfe des Bundesstrafgerichts an die Adresse von Keller. «Sie lassen kaum Interpretationsspielraum», findet ein Kommissionsmitglied.

So bestehen für die Beschwerdekammer des Gerichts «berechtigte Zweifel an der Unbefangenheit» von Sonderermittler Keller gegenüber Fifa-Boss Infantino. Keller habe Infantino mehrfach öffentlich vorverurteilt. Er habe irreführend kommuniziert – und er habe ein Amtsgeheimnis ausgeplaudert. Die dreiköpfige Beschwerdekammer stützt ihren Entscheid auf Aussagen Kellers in drei Medienmitteilungen und in einer juristischen Fachzeitschrift. Sie sieht dadurch Ausstandsgründe für Keller als gegeben an.

«Wir werden wohl einen Nachfolger suchen müssen»

Zur Diskussion steht nun, ob Keller im Amt bleiben kann. So soll etwa geprüft werden, ob die Untersuchung zu den Geheimtreffen aufgeteilt werden kann – Keller also weiterhin gegen Lauber und die weiteren Personen und ein zweiter Staatsanwalt gegen Infantino ermitteln kann.

In der Gerichtskommission hält sich die Begeisterung für eine solche Lösung allerdings in Grenzen. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass das funktioniert», sagt ein Kommissionsmitglied. «Wir werden wohl einen Nachfolger suchen müssen», ist zu hören. Dabei gehe natürlich viel Zeit verloren, sei aber kaum zu umgehen. Zu «verkachelt» sei die Situation. «Aber da müssen wir wohl durch.»

Kommissionsmitglieder zeigen sich auch selbstkritisch

«Die Wahl Kellers war sicher nicht glücklich, muss man heute sagen», heisst es aus der Gerichtskommission. Dabei müssen sich die Mitglieder aber auch an der eigenen Nase nehmen.

Die Kommission hatte vor ihrer Empfehlung ans Parlament nur oberflächlich abgeklärt, ob Teilzeitrichter Keller für das knifflige Amt des Sonderermittlers geeignet ist, wie Blick bekannt gemacht hatte. «Wir werden sicher auch in der Kommission selber über die Bücher gehen müssen», sind sich Mitglieder bewusst.

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