Gesundheitsministerin Baume-Schneider ist gefordert
Erbitterter Streit um die Ärztelöhne

Der jahrealte Zoff um die Ärztelöhne ist vergangene Woche eskaliert – eine Seite der Streithähne hat gar ein Gespräch mit der Gesundheitsministerin boykottiert. Den Schaden haben die Prämienzahler.
Publiziert: 29.04.2024 um 00:17 Uhr
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Aktualisiert: 29.04.2024 um 16:56 Uhr
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Sermîn FakiPolitikchefin

Das Parlament erhöht den Druck auf Gesundheitsministerin Elisabeth Baume-Schneider (60). Die Gesundheitskommission des Ständerats hat sie vergangene Woche aufgefordert, so schnell wie möglich Pauschalpreise für ambulante Untersuchungen und Behandlungen einzuführen. Der Krankenkassenverband Santésuisse, der solche Pauschalen erarbeitet hat, freut sich: «Das ist ein starkes Signal aus dem Parlament an den Bundesrat», sagt Direktorin Verena Nold (61).

Die Kommission grätscht damit allerdings voll in einen laufenden Streit über die Ärztelöhne. Während Santésuisse und der Spitalverband H+ für solche Pauschalen sind, wehrt sich die Ärztegesellschaft FMH gemeinsam mit dem Krankenkassenverband Curafutura mit Händen und Füssen gegen deren Einführung. Das geht so weit, dass Curafutura sich weigerte, ein Treffen mit dem Gesundheitsdepartement boykottierte und FMH vertrauliche Informationen aus dem Bundesrat weitergab. 

Mehr Geld für Hausärzte

Kaum hatte die Gesundheitskommission ihre Forderung nach Pauschalen gestellt, äusserte sich FMH mit einem geharnischten Communiqué: Die von Santésuisse und H+ eingereichten Pauschalen hätten «zahlreiche inhaltliche Mängel» und würden zu «Fehlanreizen führen». Stattdessen solle der Bundesrat «endlich seine Verantwortung» übernehmen und den neuen Arzttarif Tardoc genehmigen, den die FHM mit Curafutura entwickelt hat. 

Immer mehr Operationen werden ambulant durchgeführt. Im Bild: Operationssaal im ambulanten Zentrum des Stadtspital Zürich. Doch wie sollen diese Leistungen bezahlt werden?
Foto: Keystone
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Dazu muss man wissen: Ärzte in Praxen, aber auch in Spitalambulatorien, rechnen heute Einzelleistungen ab. Angefangen bei der Konsultation über die Wundversorgung bis hin zur ambulant durchgeführten Operation. Die Ärzte wollen, dass das so bleibt.

Der über 20 Jahre alte Tarif Tarmed soll aber durch den Tardoc ersetzt werden. Dabei sollen Leistungen, die heute zu hoch vergütet werden, günstiger werden, während andere, die heute nicht kostendeckend sind, besser bezahlt werden. So sollen Hausärzte mehr Geld für Gespräche mit Patienten, Angehörigen, Heimen und Spitex erhalten. Im Gegenzug soll eine Computertomographie vom Schädel künftig nur noch mit 215 statt 273 Franken vergütet werden. 

Kein Kompromiss in Sicht

Die Pauschalen von Santésuisse würden alles verteuern, behauptet die FMH. Die Vergangenheit kann das jedoch nicht belegen: 2012 wurden für stationäre Behandlungen im Spital Fallpauschalen eingeführt. Just in jenem Bereich sind die Kosten seitdem am wenigsten gestiegen.

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Santésuisse – und die Gesundheitspolitiker von National- und Ständerat – sehen im Einzeltarif hingegen die Gefahr, dass Ärzte Tarifpositionen zahlreich kombinieren und somit deutlich mehr Zeit abzurechnen, als sie wirklich aufgewendet haben. Bei Pauschalen wäre das nicht möglich. «Damit soll sichergestellt werden, dass der fair bezahlt wird, der leistet und nicht der, der am kreativsten abrechnet», sagt Santésuisse-Direktorin Nold. Ihr Verband ist immerhin einverstanden, für einen Teil der ambulanten Behandlungen den Tardoc anzuerkennen, wenn für anderes Pauschalen eingeführt werden. Die Gegenseite aber lehnt das ab.

Für Baume-Schneider, die bis zu den Sommerferien entscheiden muss, eine Knacknuss. Vor allem, weil die unterlegenen Verbände dann klagen können. Der Zoff um die Ärztelöhne ist noch lange nicht entschieden. 


 

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