Immer mehr Querulanten
Bundesrat nimmt Staatsverweigerer ins Visier

Staatsverweigerer zahlen keine Steuern, manche denken, die Schweiz sei eine Firma. Die Querulanten sind in der Schweiz vernetzt. Ein umfassendes Bild der Situation hat der Bundesrat allerdings nicht. Das soll sich nun ändern.
Publiziert: 29.08.2024 um 10:17 Uhr
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Aktualisiert: 29.08.2024 um 10:39 Uhr

Kurz zusammengefasst

  • In der Schweiz gibt es immer mehr Staatsverweigerer
  • Bundesrat will die Gefahr, die von Staatsverweigerern ausgeht, untersuchen
  • In Deutschland planten Reichsbürger einen Staatsstreich
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Céline ZahnoPraktikantin Politik

Bei Stefan Oschmann (44) flattern erst Rechnungen, dann Mahnungen und Zahlungsbefehle ins Haus. Irgendwann steht sogar die Polizei auf der Matte und pfändet seinen Autoanhänger. Oschmann zahlt nämlich keine Steuern und auch keine Krankenkassenprämien. Er ist Staatsverweigerer.

Staatsverweigerer sind überzeugt, sich von Staat und Gesetz losgesagt zu haben. Manche glauben, dass die Schweiz nur eine Firma ist. Viele definieren sich als «Mensch» und grenzen sich so vom behördlich verwendeten Wort «Person» ab. Sie glauben, sich so juristischer und finanzieller Verantwortung zu entziehen. Letztes Jahr deckte Blick auf, dass Staatsverweigerer in der ganzen Schweiz Seminare abhalten. Die Szene ist vernetzt, sie haben ein gemeinsames Weltbild.

Bundesrat will sich Überblick verschaffen

Ein umfassendes Bild des Milieus, das zeigt, wie verbreitet und gefährlich die Verweigerer sind, gibt es aber nicht. Die Anzahl Staatsverweigerer hat in den letzten Jahren zugenommen, ein Überblick über die Ausmasse fehlt jedoch. Der Bundesrat will das nun ändern und den Staatsverweigerern auf den Zahn fühlen. Er hat ein entsprechendes Postulat von SP-Nationalrätin Nina Schläfli (34) angenommen, das verlangt, die Gefahr der Staatsverweigerer genauer unter die Lupe zu nehmen.

Staatsverweigerer zahlen keine Steuern, manche glauben, die Schweiz sei nur eine Firma. Staatsverweigerer Stefan Oschmann ertrinkt deswegen in Pfändungen und Betreibungen.
Foto: Philippe Rossier
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«Ich habe mit Personen gesprochen, die mit Staatsverweigerern zu tun hatten, auch die Medienberichte sind erschütternd. Für Betroffene und ihre Familien ist das unangenehm und gefährlich», so Schläfli. Wenn Staatsverweigerer mit Beamten zu tun hätten, würden sie etwa Gespräche aufnehmen und veröffentlichen oder Gruppen auf zuständige Personen hetzen und zu Hause aufsuchen.

Gefahr für die Sicherheit der Schweiz?

Eine Übersicht zu den Staatsverweigerern sei aber auch im Selbstinteresse der Politik, betont Schläfli. «Das Gedankengut der Staatsverweigerer geht gegen die Demokratie. Es sollte auch auf der höchsten politischen Ebene ein Interesse geben, da genau hinzuschauen.»

In Deutschland zeigt sich unlängst, wie gefährlich die Staatsverweigerer sein können. Eine bewaffnete Gruppe aus dem Reichsbürger-Milieu soll im Dezember 2022 einen Staatsstreich geplant haben. Seit diesem April läuft ein Prozess gegen 26 Angeklagte.

Die Ideologie der Staatsverweigerer in der Schweiz sei zwar nicht offen gewalttätig, hält der Bundesrat fest. Allerdings gibt es einzelne Personen oder Gruppen, die Gewalt als ein Mittel der Notwehr rechtfertigen. Es sei ein grosses Anliegen, dass es in der Schweiz nicht so weit kommt, sagt Schläfli. «Und dazu braucht es erst einmal umfassende Informationen über die Szene.»

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