Juristisches Hickhack zu Ende
Stapo Zürich muss Herkunft von Tätern nennen

Seit Jahren tobt ein intensiver Konflikt zwischen der Stadt Zürich und dem Kanton bezüglich der Frage, ob die Nationalität von Verdächtigen in polizeilichen Mitteilungen genannt werden sollte oder nicht. Jetzt wurde ein Machtwort gesprochen.
Publiziert: 02.02.2024 um 09:21 Uhr
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Aktualisiert: 02.02.2024 um 09:45 Uhr
Die Stadtpolizei muss in Medienmitteilungen neben Alter und Geschlecht künftig auch die Nationalität von Tätern und Opfern nennen.
Foto: imago/Geisser

Seit sechs Jahren tobt ein intensiver Konflikt zwischen der Stadt und dem Kanton Zürich. Und zwar über die Frage, ob die Nationalität von Tatverdächtigen und Opfern in Polizeimeldungen genannt werden sollte. Die Kontroversen spalten die politischen Lager.

Linke argumentieren, dass die Nennung der Nationalität Ressentiments gegenüber Ausländerinnen und Ausländern fördere und darum irrelevant sei. Die bürgerlichen Parteien, insbesondere die SVP, halten dagegen: Sie betonen die Bedeutung von Herkunft und Sozialisation und fordern Transparenz.

Jetzt ist klar: Die Stadtpolizei Zürich muss künftig die Nationalität von Verdächtigen und Opfern in Medienmitteilungen nennen. Eine angepasste Weisung der Zürcher Oberstaatsanwaltschaft hat den sechsjährigen Streit zwischen Stadt und Kanton beigelegt, wie die «Neue Zürcher Zeitung» schreibt.

Bestimmungen sind kompliziert

Um den grundlegenden Wandel in diesem Konflikt zu begreifen, ist ein Rückblick auf die Volksabstimmung im März 2021 notwendig. Damals lehnten die wahlberechtigten Bürger zwar eine entsprechende Initiative der SVP ab, befürworteten jedoch den Gegenvorschlag des Regierungsrats.

Damit wurde im Zürcher Polizeigesetz Artikel 51a eingeführt, der die Nennung der Herkunft von Tätern verlangte. Ende gut, alles gut? Mitnichten.

Ein junger Jurist der GLP legte nach der Abstimmung beim Bundesgericht Beschwerde gegen diesen Gesetzesartikel ein. Zwar wurde die Beschwerde abgewiesen. Und doch kam das Gericht zu einem überraschenden Urteil: Der neu eingeführte Artikel im Polizeigesetz regle tatsächlich nicht das, was eigentlich beabsichtigt war.

Überraschende Änderung zum Jahreswechsel

Das Gesetz auf kantonaler Ebene kann lediglich Richtlinien für die Polizei vorgeben, wie sie die Öffentlichkeit bei Unfällen oder Vermisstmeldungen zu informieren hat. Im Falle von Polizeimeldungen zu Straftaten ist jedoch die nationale Strafprozessordnung massgeblich. Diese enthält keine Bestimmungen, die die Polizei zur Nennung von Nationalitäten verpflichten würden.

Die Stadtpolizei Zürich ignorierte das Urteil und berief sich auf eine Weisung der Oberstaatsanwaltschaft, die weiterhin die Nennung der Nationalität vorschrieb. Ein Postulat von SP, Grünen, GLP und AL forderte die Stadtpolizei daraufhin auf, auf Herkunftsangaben zu verzichten. Obwohl der Gemeinderat dies unterstützte, blieb die entscheidende Frage offen, ob besagte Weisung nur für die Staatsanwaltschaft galt.

Die überraschende Wende kam mit einer Änderung der Weisung der Oberstaatsanwaltschaft zum Jahreswechsel 2024 – sie wurde modifiziert. Auf der ersten Seite ist seither klargestellt, dass Abschnitte, die am rechten Rand mit einem Doppelstrich versehen sind, sowohl an die Staatsanwaltschaft als auch an die Polizei gerichtet sind.

SVP freut sich, GLP findet es «höchst problematisch»

Beim umstrittenen Abschnitt findet sich nun ebenfalls ein Doppelstrich am Rand. Somit gilt auch für die Stadtpolizei die Anweisung, bei «Tätern, Tatverdächtigen und Opfern neben dem Alter und dem Geschlecht in der Regel auch die Nationalität bekanntzugeben».

Die SVP begrüsste die Entscheidung. Die Gegner, insbesondere die GLP, bezeichnet das Vorgehen der Verwaltung als höchst problematisch. Stadtpolizei und Stadtrat akzeptieren die Änderung, der langjährige Streit scheint damit endlich beigelegt zu sein. (oco)

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