«Wir haben immer noch extrem tiefe Preise»
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Stromversorger wehrt sich:«Wir haben immer noch extrem tiefe Preise»

Kleine Energieversorger wehren sich
«Es gibt nichts, was wir professioneller machen könnten!»

Kleine Stromversorger wehren sich gegen die Kritik, sie arbeiteten unprofessionell und würden ihren Kunden damit überrissene Strompreise verrechnen. Und erklären, wie sie auf dem komplexen Markt agieren.
Publiziert: 06.09.2023 um 20:04 Uhr
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Aktualisiert: 06.09.2023 um 20:10 Uhr

Die Kritik aus Bern trifft die kleinen Schweizer Stromanbieter ins Herz. Bei der Präsentation der neuen Stromtarife am Dienstag sagte Werner Luginbühl (65), Präsident der Elektrizitätskommission (Elcom): «Ich gehe davon aus, dass die Einkäufe nicht überall mit der nötigen Professionalität erfolgt sind.» Denn: Im Durchschnitt steigen die Strompreise im Jahr 2024 um 18 Prozent. Spitzenreiter ist die Gemeinde Büttikon AG mit einem Anstieg von gut 157 Prozent.

Für den Preisanstieg gibt es laut Elcom mehrere Gründe. Neue und höhere Abgaben, der höhere Marktspreis für Strom, aber eben auch die Einkaufsstrategien der Stromversorger im Lande seien verantwortlich für die höheren Tarife. Letztere haben teils beim Stromeinkauf gezockt und auf tiefe Preise spekuliert. Dass nicht überall professionell Strom eingekauft wurde, führe laut Luginbühl nun zu diesem Stromhammer.

Büttikon holt sich Hilfe

Und tatsächlich: Die Gemeinde Büttikon gibt gegenüber Blick Fehler zu. «Wir haben intern einen Kalkulationsfehler gemacht», so Gemeinderat Christian Camenisch (56). Deshalb gab es für dieses Jahr nur einen moderaten Preisanstieg, was jetzt ausgeglichen werden muss. Über den jetzt «massiv» hohen Preisanstieg informierten die Behörden ihre Einwohner vorab und reagieren nun: Damit Büttikon nicht an der Strompreis-Spitze bleibt und Fehler vermeidet, werde man künftig durch «externe Dienstleister» unterstützt.

In Büttikon wird der Strom massiv teurer. Die Gemeinde gibt zu, einen Kalkulationsfehler gemacht zu haben.
Foto: ZVG
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20 Kilometer westlich von Büttikon trifft die Kritik aus Bern hingegen auf Unverständnis. In Kölliken AG kommt der lokale Strombaron Andreas von Gunten (55) auf dem Elektrovelo zum Blick-Interview. «Wir arbeiten professionell», sagt der Präsident des Stromverteiber blitzartig. «Es gibt nichts, was wir professioneller machen könnten», weist der SP-Politiker die Kritik der Elcom zurück.

Kleine Versorger bilden Einkaufsgemeinschaften

Dass kleine Gemeinden oder Stromvertreiber ihren Strom allein einkaufen, sei «nicht sinnvoll», findet von Gunten aber. Aus diesem Grund werde der Kölliker Strom gesammelt mit anderen Anbietern durch eine externe Elektrizitätsfirma eingekauft. Trotzdem trifft den Stromhammer von Gunten Kunden: Um 150 Prozent steigt der Kilowattstunden-Preis von 15 auf 37 Rappen. «Wir bleiben auf dem Niveau der Stromanbieter aus den Nachbargemeinden», relativiert von Gunten.

In dieselbe Bresche schlägt Markus Wey (57), Geschäftsführer von Elektra Widen Betriebs AG und Präsident der Elektra Hermetschwil: «Auch wenn bei einigen kleinen Anbietern die Tarife stark gestiegen sind, liegen sie im langjährigen Schnitt oft noch tiefer als die Grossversorger.» Er berät im Kanton Aargau mehrere kleine und mittelgrosse Versorger und weist die Elcom-Kritik vehement zurück: «Ich kann nicht verstehen, warum die Elcom und andere jetzt auf die kleinen Versorger eindreschen!» Schliesslich führe die Fronarbeit und Effizienz der kleineren Versorger, so Wey, in vielen Fällen zu niedrigeren Netzkosten. 

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