Gössi rudert zurück
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Knatsch um Konzern-Initiative:Bürgerkrieg im Bundeshaus

Kontroverse um Konzernverantwortungs-Initiative
Gössi rudert zurück

Wie weit geht die Konzernverantwortungs-Initiative wirklich? Nach umstrittenen Aussagen in der «Tagesschau» gesteht FDP-Präsidentin Gössi Fehler ein.
Publiziert: 05.10.2020 um 11:52 Uhr
|
Aktualisiert: 07.10.2020 um 10:33 Uhr
Camilla Alabor, Simon Marti

Der Abstimmungskampf um die Konzernverantwortungs-Initiative ist lanciert. Die Vorlage will Schweizer Unternehmen in die Pflicht nehmen, wenn sie im Ausland Menschenrechte verletzen. Selbst im bürgerlichen Lager hat die Initiative Befürworter, weshalb die Chancen auf ein Ja am 29. November durchaus intakt sind.

Umso engagierter wirbt FDP-Präsidentin Petra Gössi (44) für ein Nein. Am letzten Mittwoch erklärte sie in der «Tagesschau» des Schweizer Fernsehens, welch drastische Folgen die Initiative hätte: Unternehmen würden künftig die volle Haftungspflicht und die volle Verantwortung für Zulieferer in der ganzen Kette tragen.

Darum geht es bei der Konzernverantwortungs-Initiative

Am 29. November stimmt die Schweiz über die Konzernverantwortungs-Initiative ab. Sie will, dass Unternehmen mit Sitz in der Schweiz dafür haften, wenn sie, ihre Tochterfirmen oder andere kontrollierte Unternehmen im Ausland gegen Menschenrechte oder Umweltstandards verstossen. Im Rahmen einer Sorgfaltsprüfung müssen Unternehmen künftig mögliche Risiken erkennen und geeignete Massnahmen dagegen ergreifen. Diese Sorgfaltspflicht gilt für alle Unternehmen in der Lieferkette.

Dagegen sind Bundesrat und Parlament. Sie argumentieren, dass ein Ja ein Alleingang der Schweiz wäre, der vor allem dem Wirtschaftsstandort schaden würde. Dem Nein-Lager gehören CVP, FDP und SVP an, dazu kommen die Wirtschaftsverbände, allen voran der Dachverband Economiesuisse. Sie befürchten eine Schwächung der Schweizer Unternehmen, den Rückzug von KMU aus Entwicklungsländern, zu viel Bürokratie und erpresserische Klagen.

Dafür sind neben den über hundert Nichtregierungsorganisationen, welche die Initiative ergriffen haben, SP, Grüne, GLP, EVP und BDP. Dazu kommt ein bürgerliches Komitee mit Vertretern von CVP und FDP.

BLICK beantwortet hier die wichtigsten Fragen zur Initiative.

Am 29. November stimmt die Schweiz über die Konzernverantwortungs-Initiative ab. Sie will, dass Unternehmen mit Sitz in der Schweiz dafür haften, wenn sie, ihre Tochterfirmen oder andere kontrollierte Unternehmen im Ausland gegen Menschenrechte oder Umweltstandards verstossen. Im Rahmen einer Sorgfaltsprüfung müssen Unternehmen künftig mögliche Risiken erkennen und geeignete Massnahmen dagegen ergreifen. Diese Sorgfaltspflicht gilt für alle Unternehmen in der Lieferkette.

Dagegen sind Bundesrat und Parlament. Sie argumentieren, dass ein Ja ein Alleingang der Schweiz wäre, der vor allem dem Wirtschaftsstandort schaden würde. Dem Nein-Lager gehören CVP, FDP und SVP an, dazu kommen die Wirtschaftsverbände, allen voran der Dachverband Economiesuisse. Sie befürchten eine Schwächung der Schweizer Unternehmen, den Rückzug von KMU aus Entwicklungsländern, zu viel Bürokratie und erpresserische Klagen.

Dafür sind neben den über hundert Nichtregierungsorganisationen, welche die Initiative ergriffen haben, SP, Grüne, GLP, EVP und BDP. Dazu kommt ein bürgerliches Komitee mit Vertretern von CVP und FDP.

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Diese Zulieferer seien «Unternehmungen, die man vielleicht gar nicht kennt», so Gössi. Für ein kleines Unternehmen in der Schweiz sei es aber gar nicht möglich, «vor Ort zu kontrollieren, wie sich das fünfte Unternehmen in der Kette der Zulieferung im Ausland genau verhält».

Tatsächlich dürfte es für eine Firma schwierig sein, die Kontrolle über jeden indirekten Zulieferer zu haben.

Landolt ist «erstaunt»

Doch verlangt die Initiative dies überhaupt? Bürgerliche Politiker, welche die Initiative befürworten, zeigen sich ob Gössis Aussage «erstaunt». «Das ist, gelinde gesagt, ein sehr kreativer Umgang mit dem Text der Initiative», sagt etwa BDP-Präsident Martin Landolt (52).

Am Ende warne die FDP noch davor, dass ein Schreiner, der für einen Rohstoffmulti einen Tisch herstelle, für die Rohstoffimporte haftbar gemacht werde, meint der Glarner sarkastisch. So weit gehe die Initiative aber nicht. «Die Vorlage verlangt einzig, dass Schweizer Unternehmen für ihre Tochterfirmen im Ausland haften.» Oder für jene Betriebe, die sie faktisch kontrollierten. Zudem sehe der Initiativtext Ausnahmen für KMU vor: «Das ist entscheidend.»

Gössi hat etwas verwechselt

Was also sagt die FDP-Chefin zu den Vorwürfen, sie verbreite quasi Falschmeldungen? Die Schwyzerin räumt einen Fehler ein: Sie habe in der TV-Sendung die Begriffe «Sorgfaltspflicht» und «Haftung» verwechselt, «was ich sehr bedaure».

Mit anderen Worten: Schweizer Unternehmen seien dafür verantwortlich, bei ihren Zulieferern mögliche Risiken in Bezug auf die Verletzung von Menschenrechten zu identifizieren; haften würden sie dafür aber nicht.

An einem Kritikpunkt hält Gössi indes fest: KMU seien von der Initiative sehr wohl betroffen. Zwar heisse es im Initiativtext, auf die KMU sei Rücksicht zu nehmen. Aber, warnt Gössi: «Faktisch wird das ein toter Buchstabe bleiben. Denn in vielen Fällen arbeiten unsere KMU mit Schweizer Grossunternehmen zusammen.»

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