Mitten im Pride Month
Diese Politiker kämpfen für Liebe ohne Grenzen

Eine neue parlamentarische Gruppe setzt sich für die Anliegen der LGBTQI+-Gemeinschaft ein. Blick zeigt, wer dabei ist.
Publiziert: 19.06.2021 um 16:38 Uhr
Amit Juillard und Aline Leutwiler

In queeren Kreisen sieht man dem 26. September erwartungsvoll, manchmal auch ängstlich, entgegen. An diesem Sonntag stimmt das Schweizervolk nämlich über die Ehe für alle ab. Kommt es zu einem Ja, können sich auch schwule und lesbische Paare das Jawort geben, Kinder adoptieren oder auf eine Samenspende zurückgreifen.

«Wenn die gleichberechtigte Ehe angenommen wird, ist der Kampf noch nicht vorbei», sagt Tamara Funiciello (31), SP-Nationalrätin aus Bern und Vorstandsmitglied der Lesbenorganisation Schweiz. Sie ist eine der Co-Vorsitzenden der neuen parlamentarischen LGBTQI+-Gruppe (gemeint sind Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und Intersexuelle). Am 12. Juni verkündete ihr Neuenburger Kollege Damien Cottier (46, FDP) die Gründung der Gruppe bei Blick.

Gemeinsam gegen Diskriminierung

Die Idee einer parlamentarischen Gruppe zu Themen der LGBTQI+-Gemeinschaft gibt es bereits seit zwei Jahren. SP-Nationalrat Angelo Barrile (44) spielte schon lange mit dem Gedanken, eine solchen zu gründen. «Es gibt immer wieder Themen und Anliegen in diesem Bereich. Nun gibt es endlich ein Gefäss, das alle Interessierten und Engagierten vereint», so Barrile.

Eine parlamentarische Gruppe engagiert sich neu für Anliegen der LGBTIQ+- Gemeinschaft. Darunter ist auch Mitte-Nationalrat Philipp Kutter (45).
Foto: keystone-sda.ch
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Er erhoffe sich von der Zusammenarbeit, dass man sich besser absprechen und regelmässiger austauschen könne. Barrile, selbst in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft, engagiert sich bereits bei der Schwulenorganisation Pink Cross. «Insbesondere Hassverbrechen gegen Queere, Diskriminierungen und einen besseren Schutz für verfolgte LGBTQI+-Flüchtlinge müssen wir in nächster Zeit anpacken», sagt er zu Blick. Immer wieder gäbe es Fälle von Menschen, die ihre sexuelle Ausrichtung in ihrer Heimat nicht ausleben dürften und dann im Asylverfahren in der Schweiz scheiterten.

Links und rechts mit dabei

Einen ganz konkreten Plan hat auch SVP-Nationalrat Hans-Ueli Vogt (51): «Es gibt einen Elefanten im Raum. Mit zunehmender Immigration steigt auch die Homophobie. Die Linke will das nicht akzeptieren.» Er werde deshalb derjenige sein, der dieses Thema anspreche. «Ausserdem ist es wichtig, dass Homosexuelle dieselben Rechte wie alle anderen haben. Die Linke hat das Thema an sich gerissen. Es ist mir aber wichtig, der Wählerschaft zu signalisieren, dass man sich dafür auch als Rechter engagieren kann», so Vogt. Auch wenn das nicht allen gefalle.

Die Linke hält allerdings dagegen. «Ich bin bisexuell und die einzige geoutete Frau im Parlament», sagt Funiciello. Dies auszusprechen, sei Teil ihrer politischen Haltung. «In einem rechten Parlament braucht es eine Gruppe wie diese, um Dinge zu ändern. Es gibt nämlich noch viele Hindernisse», sagt sie.

FDP-Ständerat erhofft sich Signalwirkung

Sich gegen Diskriminierung einzusetzen, ist ebenfalls ein wichtiges Thema für den FDP-Ständerat Matthias Michel (58) aus Zug: «Insbesondere der Staat soll keine Menschen in irgendeiner Weise diskriminieren und hat für Gleichbehandlung zu sorgen, wie es auch in der Bundesverfassung steht.» Als heterosexueller Mann sei es ihm wichtig, sich der zahlreichen Hindernisse für die queere Gemeinschaft nicht zu verschliessen. «Ich selbst habe keine diskriminierenden Erfahrungen machen müssen. Aber deshalb verschliesse ich meine Augen nicht vor den Problemen der anderen», so Michel.

Mit der neuen Gruppe würde eine wichtige Signalwirkung geschaffen, denn das Thema sei auch im Parlament längst kein Tabu mehr. «In der parlamentarischen Gruppe sind nun Menschen aus allen Fraktionen und verschiedenen sexuellen Ausrichtungen vertreten. Und das ist auch richtig so», sagt der Zuger zu Blick.

Queere und Heteros vertreten

Ähnlich wie Michel wuchs auch Ständerätin Lisa Mazzone (33) mit dem Bewusstsein der Diskriminierung der LGBTQI+-Gemeinschaft auf. «Das schafft natürlich sofort den Wunsch, gegen diese Ungerechtigkeit zu mobilisieren. Sich gegen Diskriminierung zu engagieren, ist ein Dienst für ein besseres Zusammenleben», so die Genfer Grüne zu Blick. Sie stört vor allem, dass man die Strafnorm bei Homophobie verschärft hat, nicht aber bei Transphobie.

Ein weiteres Mitglied der Gruppe ist der FDP-Nationalrat Damien Cottier (46). «Seitdem ich in den Nationalrat gekommen bin, war es mir ein Anliegen, dieses Thema ins Parlament zu bringen. Da ich selbst schwul bin, schien es mir natürlich, Teil des Engagements zu sein und zur Sensibilisierung des Themas beizutragen.» Aus der Sicht Cottiers ist das erste wichtige Projekt, schmerzhafte Umwandlungs-«Therapien» zu verbieten. «Im nächsten Herbst starten wir den Vorstoss dafür», sagt Cottier. Von der neuen Gruppe erhofft er sich, zahlreiche Experten aus verschiedenen Themenbereichen zu vereinen.

Auch Mitte-Nationalrat Philipp Kutter (45) ist Teil der neuen parlamentarischen Gruppe. «Mir ist wichtig, dass wir als Gesellschaft respektvoll miteinander umgehen, unterschiedliche Lebensformen respektieren und als gleichwertig anerkennen. Ich wehre mich gegen alle Formen der Diskriminierung gegenüber den LGBTQI+-Menschen», sagt er zu Blick. Sein grosses Ziel: Ein Ja an der Urne für die Ehe für alle. Kutter will damit Gleichberechtigung und Respekt gegenüber der queeren Gemeinschaft fördern.

Weitere Mitglieder der Gruppe sind Kathrin Bertschy, Grüne Nationalrätin für Bern und der Grüne Nationalrat Nicolas Walder.

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