«Ich habe die Wissenschaft zu wenig hinterfragt»
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Alain Berset räumt Fehler ein:«Ich habe die Wissenschaft zu wenig hinterfragt»

Nach Berset-Interview
Wissenschaft schlägt zurück – und zielt auf Koch

Nicht die Wissenschaftler hätten zu Beginn der Pandemie den Nutzen von Gesichtsmasken falsch eingeschätzt, kontern Ex-Taskforce-Mitglieder eine Aussage von Alain Berset – sondern die Behörden und «Mr. Corona» Daniel Koch. Dieser lässt die Kritik nicht gelten.
Publiziert: 21.05.2021 um 14:10 Uhr
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Aktualisiert: 21.05.2021 um 14:11 Uhr
Bundesrat Alain Berset räumt Fehler beim anfänglichen Umgang mit Masken ein.
Foto: Keystone
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Gianna Blum

Da hat Gesundheitsminister Alain Berset (49) in ein Wespennest gestochen. In einem Interview bei der SRF-Sendung «Gredig direkt» räumte er Fehler in der Pandemie ein. Insbesondere in Sachen Masken habe er die Wissenschaft «zu wenig hinterfragt»: Das habe sogar dazu geführt, «dass wir behauptet haben, dass Masken sogar schädlich sein könnten».

Ex-Taskforce-Mitglieder wehren sich

Dass es die Wissenschaft war, die Berset zu wenig hinterfragt hat, stösst aber so manchem Forscher sauer auf. «Das war nicht die Position der ‹Wissenschaft›, sondern die der Gesundheitsbehörden», kontert etwa Dominique de Quervain auf Twitter. Der Basler Professor war Mitglied der Corona-Taskforce des Bundes, hat das Expertengremium aber verlassen, weil er sich in ein politisches Korsett gezwängt fühlte.

Ähnlich der Berner Epidemiologe Christian Althaus, ebenfalls ein Ex-Taskforce-Mitglied: «Der Nutzen von Masken für die allgemeine Bevölkerung wurde primär von der eigenen Gesundheitsbehörde und dem ehemaligen Leiter der Abteilung für übertragbare Krankheiten bestritten», twittert er.

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«Schädlich ist nicht das richtige Wort»

Althaus macht deutlich, dass mit «den Behörden» vor allem einer gemeint ist: Daniel Koch (66), der bis vergangenen Frühling als Leiter der Abteilung Infektionskontrolle beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) zum Gesicht der Krise wurde. Seit seiner Pensionierung steht Koch immer wieder wegen seiner damaligen Masken-Aussagen in der Kritik – und dass er zu wenig auf die Wissenschaft gehört habe.

Koch selbst lässt die Kritik nicht gelten – und teilt Bersets Fehlereingeständnis nicht. «Ich glaube nicht, dass die Haltung zu den Masken zu Anfang der Krise ein Fehler war», sagt er. Beim damaligen Wissensstand sei es sinnvoll gewesen, den Fokus vor allem auf Social Distancing und Händewaschen zu legen. Einzig die Maskenpflicht im ÖV hätte man wohl früher als erst im Juli einführen sollen, findet Koch.

«‹Schädlich› ist im Bezug auf die damaligen Maskenempfehlungen nicht das richtige Wort», so Koch weiter. Diskutiert worden sei damals eher, ob die Maske «kontraproduktiv» sein könnte. Denn wer diese trage, halte sich vielleicht weniger an andere Hygienemassnahmen wie den Abstand.

Koch orientierte sich an WHO

Die Wissenschaft ignoriert habe er keineswegs, so Koch, doch Studien zum Thema habe es erst im Verlauf der Zeit gegeben. Und er verweist auf die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die noch bis in den Frühsommer 2020 hinein von Masken abgeraten hatte. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Virus längst in aller Herren Länder für Infektionsherde gesorgt.

Als Kritik an ihm selbst empfinde er Bersets Fehlereingeständnis nicht, sagt Koch. «Ich fand das Interview hervorragend!»

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