Nachverhandlungen laut deutschem Botschafter ausgeschlossen
«Getäuschte» EU erachtet Rahmenabkommen nach vier Jahren als fertig verhandelt

Die EU sehe sich bei den Verhandlungen um das Rahmenabkommen «getäuscht». Das sagt Deutschlands Botschafter in Bern. Nachverhandlungen könne es keine mehr geben – und ohne Rahmenvertrag gebe es auch keine neuen Marktzugangs- und andere aktualisierte Verträge.
Publiziert: 22.03.2021 um 05:06 Uhr
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Aktualisiert: 06.04.2021 um 08:48 Uhr

Bei den Verhandlungen um ein Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der EU seien Nachverhandlungen ausgeschlossen. Die EU betrachte das Abkommen nach vier Jahren als fertig verhandelt, sagte der deutsche Botschafter in der Schweiz, Michael Flügger.

Die Schweiz habe das Abkommen nicht paraphiert, aber den Text veröffentlicht und eine Konsultation gestartet. Das habe dazu geführt, dass der Vertrag zerredet worden sei und partikulare Interessen ins Zentrum gerückt seien, sagte Flügger in einem Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung».

Der Bundesrat habe die EU im August 2019 wissen lassen, dass es bei drei Punkten – flankierende Massnahmen, Unionsbürgerrichtlinie und staatliche Beihilfen – Klärungsbedarf gebe. Mit dieser Erwartung sei die EU-Kommission in die Verhandlungen mit der Schweiz gegangen. Darin sehe sich die EU getäuscht.

Fertig verhandelt - der deutsche Botschafter in der Schweiz sieht keinen Raum für weitere Nachverhandlungen beim Rahmenabkommen. Die EU fühle sich von Bern «getäuscht».
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Präzisierungen ja, Nachverhandlungen nein

Die Schweiz strebe Nachverhandlungen an, um die Immunisierung von einzelnen Kernbestandteilen des Abkommens zu erreichen. Würde die EU dazu Hand bieten, würde der ohnehin schlanke Vertrag entwertet. Er glaube nicht, das das zielführend sei. Präzisierungen seien möglich, aber der Vertrag könne nicht in dieser Weise nachverhandelt werden.

Er nehme die Diskussion über das Rahmenabkommen als sehr ideologisch wahr. Es habe ihn überrascht, dass das Thema fast alle Parteien spalte. «In der Schweiz scheinen viele zu erwarten, dass die EU weiter nachgeben muss. Dadurch entsteht in der EU der Eindruck, dass die Schweiz Bedingungen für die Teilnahme am Binnenmarkt aushandeln will, die nicht einmal EU-Mitglieder haben», sagte Flügger.

Ohne Rahmenvertrag keine anderen neuen Verträge

Bei den Verhandlungen über ein Rahmenabkommen liege der Ball im Moment klar bei der Schweiz. Es werde zwischen der Staatssekretärin Livia Leu und der EU-Kommissons-Vertreterin, Stéhphanie Riso, noch eine sechste Gesprächsrunde geben. Es werde aber offenbar nicht über Texte verhandelt. Darüber sei die EU besorgt.

Dabei müsse sich die Schweiz fragen, was sie eigentlich wolle und wie weit sie am Binnenmarkt teilnehmen möchte. Diese Entscheidung könne die EU der Schweiz nicht abnehmen. Ohne Rahmenvertrag werde es keine neuen Marktzugangsverträge und keine Aktualisierungen der bestehenden Abkommen mehr geben. (SDA)

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