Nationalrat macht Kehrtwende
Es bleibt bei härteren Strafen für Raser!

National- und Ständerat wollten den Raser-Artikel massiv aufweichen. Das sorgte in der Bevölkerung für Empörung. Nun macht der Nationalrat eine Kehrtwende.
Publiziert: 13.09.2022 um 08:02 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2022 um 19:13 Uhr
Ruedi Studer

National- und Ständerat wollten den Raser-Artikel massiv aufweichen. Der Plan sorgte für einen Aufschrei bei Raser-Opfern und Empörung in der Bevölkerung. Die Stiftung Roadcross drohte gar mit dem Referendum.

Jetzt ist klar: Es bleibt bei härteren Strafen! Der Nationalrat hat einem entsprechenden Kompromissvorschlag zugestimmt. Diesen hatte die nationalrätliche Verkehrskommission eingebracht: Die Mindeststrafe von einem Jahr Gefängnis für Raser soll bleiben. Neu werden aber Ausnahmen möglich.

Ausnahmen möglich

Einerseits für Personen, die nicht wegen Verkehrsdelikten vorbestraft sind, und andererseits für jene, die «aus achtenswerten Beweggründen» viel zu schnell gefahren sind. Zum Beispiel, wenn ein Mann seine Frau, die in den Wehen liegt, mit Karacho ins Spital fährt.

Raser können dramatische Unfälle verursachen. Deshalb will das Parlament nachbessern.
Foto: Keystone
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Zudem soll es in schweren Fällen auch bei einem Führerausweisentzug von zwei Jahren bleiben. Auch hier sind neu Ausnahmen möglich.

Der Nationalrat ist dieser Lösung am Dienstag stillschweigend gefolgt – ein Gegenantrag lag nämlich nicht vor. Das Geschäft geht nun an den Ständerat, der am Donnerstag entscheidet.

«Ungewöhnliches Vorgehen»

Die Sprecher der Verkehrskommission räumten zuvor ein, dass die Referendumsdrohung von Roadcross gewirkt habe. Deshalb sei die Kommission auf das Geschäft zurückgekommen. «Das ist ein ungewöhnliches Vorgehen», sagte SP-Nationalrätin Valérie Piller Carrard. Aber man wolle ein Referendum verhindern, da es im Gesetz ja auch gute Teile habe, die man nicht gefährden wolle.

So sollen etwa Blaulichtfahrer weniger streng angepackt werden, wenn sie wegen eines Notfalls schneller fahren als erlaubt. Zudem werden umweltfreundliche Technologien gefördert oder eine Rechtsgrundlage für das automatisierte Fahren geschaffen. Und zur Freude der rechten Ratsseite werden auch Rundstreckenrennen wieder möglich.

«Man soll bei den härteren Strafen bleiben», betonte Mitte-Fraktionschef Philipp Matthias Bregy. Man mache nun eine Zwischenlösung mit den Ausnahmemöglichkeiten. Das sei eine gelungene Lösung.

SVP-Nationalrat sorgt für Aufreger

Für einen Aufreger sorgte einzig SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor. Er wollte von Bregy wissen, weshalb die Kommission zurückkrebse wegen einer Referendumsdrohung. Roadcross sei eine «extremistische Organisation».

Man müsse stattdessen die «Opfer» der Exzesse des Verkehrsicherheitsprogramms Via Sicura schützen.

Bregy sagte nicht allzu viel dazu. Die Frage war ihm wohl zu dumm. Er verwies aber darauf, dass der Kompromissvorschlag ja von Addors Parteikollege Walter Wobmann stammte. Bregy zu Addor: «Sie können das also mit dem Antragsteller selber klären.»

Mindeststrafe ist schon mal gestrichen

Eigentlich ist die Mindeststrafe beim Raser-Artikel Geschichte: Letzten Dezember verabschiedete das Parlament ein Gesetz über die Harmonisierung der Strafrahmen. Im Zuge dessen wurden gleich 35 andere Gesetze angepasst – vom Waffengesetz bis hin zum Rohrleitungsgesetz. Auch beim Strassenverkehrsgesetz gab es Änderungen, unter anderem wurde die einjährige Mindestfreiheitsstrafe für Raser gestrichen. Die Referendumsfrist lief im April ungenutzt ab.

Allerdings ist die Vorlage noch nicht in Kraft. Beim Bund rechnet man mit einer Inkraftsetzung im Verlauf des Jahres 2023. Der neue Kompromissvorschlag zum Raser-Artikel kommt damit einer Wiederverschärfung des Gesetzes gleich. Wird das neue Strassenverkehrsgesetz verabschiedet, gilt auch dieser womöglich ab 2023.

Denkbar wäre es, dass die Strafrechtsharmonisierung vor dem Strassenverkehrsgesetz in Kraft tritt. Dann wäre die Mindeststrafe zumindest temporär weg. Eine andere Option ist, dass der Neuregelung des Raser-Artikels eine Koordinationsbestimmung hinzugefügt wird, welche deren Vorrang festschreibt. Keine Kollisionsgefahr besteht, wenn der neue Kompromiss noch vor der Strafrechtsharmonisierung gültig wird.

Im Moment laufen beim Bund Abklärungen, wie in dieser Frage am besten vorgegangen wird. (rus)

Eigentlich ist die Mindeststrafe beim Raser-Artikel Geschichte: Letzten Dezember verabschiedete das Parlament ein Gesetz über die Harmonisierung der Strafrahmen. Im Zuge dessen wurden gleich 35 andere Gesetze angepasst – vom Waffengesetz bis hin zum Rohrleitungsgesetz. Auch beim Strassenverkehrsgesetz gab es Änderungen, unter anderem wurde die einjährige Mindestfreiheitsstrafe für Raser gestrichen. Die Referendumsfrist lief im April ungenutzt ab.

Allerdings ist die Vorlage noch nicht in Kraft. Beim Bund rechnet man mit einer Inkraftsetzung im Verlauf des Jahres 2023. Der neue Kompromissvorschlag zum Raser-Artikel kommt damit einer Wiederverschärfung des Gesetzes gleich. Wird das neue Strassenverkehrsgesetz verabschiedet, gilt auch dieser womöglich ab 2023.

Denkbar wäre es, dass die Strafrechtsharmonisierung vor dem Strassenverkehrsgesetz in Kraft tritt. Dann wäre die Mindeststrafe zumindest temporär weg. Eine andere Option ist, dass der Neuregelung des Raser-Artikels eine Koordinationsbestimmung hinzugefügt wird, welche deren Vorrang festschreibt. Keine Kollisionsgefahr besteht, wenn der neue Kompromiss noch vor der Strafrechtsharmonisierung gültig wird.

Im Moment laufen beim Bund Abklärungen, wie in dieser Frage am besten vorgegangen wird. (rus)

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