Neue ETH-Studie
Ukraine-Krieg beschleunigt die Energiewende

Der Ukraine-Krieg hat weitreichende Folgen – auch für die Schweiz. Immer mehr Menschen hierzulande wollen unabhängig werden von Öl und Gas. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue ETH-Studie.
Publiziert: 30.07.2022 um 15:31 Uhr
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Aktualisiert: 02.08.2022 um 10:30 Uhr
Daniel Ballmer

Die langfristigen Folgen des Ukraine-Kriegs sind noch gar nicht absehbar. Aber die Tatsache, dass Russlands Präsident Wladimir Putin (69) Europa Gas- und Öl-Hahn auf- und zudrehen kann, wie es ihm beliebt, gibt vielen zu denken. Und scheint zu einem Umdenken zu führen.

Darauf deutet eine neue Studie der ETH Zürich hin, für die 1000 Schweizer Stimmberechtigte in der Deutschschweiz und der Romandie befragt wurden. Deren Ergebnis: Die von vielen als neu wahrgenommene Unsicherheit bei Energie-Importen aus Russland führt dazu, dass ein Grossteil der Bevölkerung einen schnelleren Ausstieg aus der Nutzung von Öl und Gas und einen rascheren Ausbau von erneuerbaren Energien unterstützt. Zwei Drittel der Befragten sagen, dass der Krieg in der Ukraine ihre Meinung dazu beeinflusst habe.

Klare Mehrheit für Ausstieg aus fossilen Brennstoffen

Gemäss der Umfrage befürworten 62 Prozent der Befragten den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen bis 2050. Hinter diesem Ziel stehen Wähler aller Parteien mit Ausnahme der SVP. Doch selbst bei diesen liegt der Widerstand gegen ein Ende von Öl und Gas mittlerweile bei unter 50 Prozent.

Der Angriffskrieg von Wladimir Putin in der Ukraine führt auch in der Schweiz zum Umdenken.
Foto: IMAGO/SNA
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Deutlich ist auch die Zustimmung zu einem Verbot neuer Öl- und Erdgasheizungen. Am stärksten ist die Unterstützung auch hier bei den Anhängern linker Parteien, am schwächsten bei der SVP. Überraschend ist, dass weder Wohneigentum noch die aktuelle Nutzung einer fossilen Heizung einen starken Einfluss hatten.

«Gelegenheit für eine neue Klima- und Energiepolitik»

Sogar noch höher als beim Ausstieg aus fossilen Brennstoffen ist die Unterstützung für einen beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien wie Sonne und Wind. 79 Prozent der Befragten sind dafür. Selbst bei den Wählern der SVP beträgt die Zustimmung 69 Prozent!

Für die Studienautoren sind die Ergebnisse nicht weniger als eine «Gelegenheit für eine neue Klima- und Energiepolitik in Europa». Dieses Fazit erscheint wenig überraschend. Politikwissenschaftler hätten schon lange festgestellt, dass Schocks und Krisen wichtige Treiber politischer Prozesse sind, schreiben auch die Studienautoren. So hat etwa die Fukushima-Katastrophe 2011 in Japan in der Schweiz bereits zur Energiestrategie 2050 geführt.

Es gebe allerdings keine Garantie dafür, dass die erkannte Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen automatisch zu einer ehrgeizigeren Politik für saubere Energie führe. Und die Studienautoren lassen durchaus ihre eigene politische Haltung durchblicken, wenn sie den Entscheidungsträgern raten, sich durch das hohe Mass an Unterstützung für eine neue Energiepolitik ermutigt zu sehen und die Gelegenheit für einen ehrgeizigen Politikwechsel zu nutzen.

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