Ob im Abstimmungsbüchlein, in Berichten oder online
Bund verbietet seinen Beamten das Gendersternchen

Der Bund ist um eine geschlechtergerechte Sprache bemüht. Gendersternchen dürfen die Bundesbeamten allerdings per sofort nicht mehr verwenden.
Publiziert: 21.06.2021 um 14:17 Uhr
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Aktualisiert: 21.06.2021 um 20:14 Uhr
Dem Bund kommt das Gendersternchen nicht in die Tüte – beziehungsweise in den Text.
Foto: imago
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Das Gendersternchen ist auf dem Vormarsch. Es sind längst nicht mehr nur linke Aktivist*innen, die das Zeichen verwenden, um sich geschlechtsneutral auszudrücken. Vermehrt setzen auch Behörden das Sternchen – oder greifen alternativ auf den Gender-Doppelpunkt (Bürger:innen) oder den Gender-Gap (Gemeindepräsident_in) zurück.

Der Bund aber sträubt sich gegen die neuen, inklusiven Schreibweisen. In einer neuen Weisung der Bundeskanzlei wird den Bundesbeamten explizit verboten, Sternchen, Doppelpunkt oder Unterstrich zu verwenden. Das berichtet CH Media.

Ja zur gendergerechten Sprache, aber nicht so

Die Bundeskanzlei räumt zwar ein, dass Personen, die sich weder klar als Mann noch als Frau identifizieren, in der Sprache «nicht gleich repräsentiert sind». Man bemühe sich um eine Sprache, die möglichst alle Menschen miteinbezieht. Doch die Verwendung typografischer Mittel lehnt der Bund «aus sprachlichen, sprachpolitischen und rechtlichen Gründen» ab.

So führt die Bundeskanzlei beispielsweise an, dass man die Zeichen nicht richtig in Worte fassen könne. Ausserdem könne die konsequente Verwendung zu einer «erheblichen Beeinträchtigung der Lesbarkeit eines Textes» führen. Besonders, wenn nicht nur Substantive, sondern auch Pronomen und Adjektive angepasst werden müssen. Als weiteres Argument wird mangelnde Barrierefreiheit vorgebracht, weil unklar sei, wie Texte mit Genderstern sehbehinderten Menschen vorgelesen werden könnten.

Der Genderstern und ähnliche Zeichen seien zudem heute noch Zeichen einer bestimmten gesellschaftspolitischen Haltung. Der Bund aber soll keine solchen Statements abgeben, «bevor die entsprechenden gesellschaftlichen, politischen und rechtlichen Diskussionen geführt und entsprechende Beschlüsse gefasst worden sind».

In sämtlichen Texten verboten

Die Regelung gilt für sämtliche Texte der Bundesverwaltung, sei es das Abstimmungsbüchlein, Webseiten, Briefe oder Berichte. Sogar wenn jemand eine Volksinitiative ergreift und in den Erläuterungen fürs Abstimmungsbüchlein ein Gendersternchen verwendet, sollen die Beamten «darauf hinwirken», dass die Zeichen weggelassen werden. Und wenn der Bund zum Beispiel einen Vorstoss einer Nationalrätin übersetzt, werden Gendersternchen und Ähnliches in der Übersetzung weggelassen.

Mitte-Nationalrat Philipp Kutter (45) versteht, dass der Bund Wert auf eine verständliche Schreibweise legt: «Offizielle Texte müssen für alle verständlich sein.» Das Gendersternchen sei da noch nicht die optimale Lösung. «Es ist nicht einfach in der Handhabe und führt manchmal zu sprachlich unsauberen Formulierungen.»

Duden ist auch gegen Gendersternchen

Kutter gehört einer parlamentarischen Gruppe an, die sich für die Anliegen der LGBTQI+-Gemeinschaft einsetzt. Parlamentarier von rechts bis links haben die Gruppe kürzlich gegründet. Kutter fordert deshalb Lösungen: «Wir müssen eine Sprache finden, die der Vielfalt der Geschlechteridentitäten gerecht wird». Dafür wird aber wohl noch ein bisschen Zeit vergehen: «Der Duden konnte sich da auch noch nicht festlegen.»

Statt von Politiker*innen, Wissenschaftler:innen und Bundesrät_innen zu schreiben, sollen die Bundesbeamten laut Weisung lieber die weibliche und männliche Form nennen oder geschlechtsneutrale Formulierungen verwenden. Wenn der Platz knapp ist, ist auch die Verwendung des Schrägstrichs (Antragsteller/in) erlaubt. (lha)

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