Riesige Dunkelziffer angenommen
Bis 30'000 Corona-Ansteckungen pro Tag

Die Zahl der tatsächlichen Corona-Infizierten dürfte viel höher sein, als die offizielle Statistik ausweist. Ex-Taskforce-Präsidentin Tanja Stadler geht von bis zu 30'000 Ansteckungen pro Tag aus.
Publiziert: 17.10.2022 um 13:24 Uhr
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Aktualisiert: 17.10.2022 um 15:26 Uhr

Die Zahl der Covid-Infektionen steigt seit einigen Wochen deutlich. Zuletzt nahmen die Fälle innerhalb von sieben Tagen um fast 50 Prozent zu. Vor einer Woche hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) über 5000 Neuinfektionen pro Tag registriert.

Tanja Stadler (41), ehemalige Präsidentin der inzwischen ausser Dienst gestellten Corona-Taskforce, geht von einer deutlich grösseren Dunkelziffer aus. Es sei plausibel, dass die Zahl der Corona-Infektionen vier- bis sechsmal höher sei als die der registrierten Fälle, sagt die ETH-Wissenschaftlerin zu Radio SRF. Das bedeutet, dass sich pro Tag wohl 20'000 bis 30'000 Menschen mit dem Coronavirus anstecken.

Viruslast im Abwasser steigt

Indizien für eine sehr hohe Dunkelziffer gibt es mehrere. Einerseits liegt die Positivitätsrate – also der Anteil Tests, die positiv ausfallen – derzeit bei über 40 Prozent, ein extrem hoher Wert. Bereits ab einer Positivitätsrate von fünf Prozent geht man in der Wissenschaft von einer hohen Dunkelziffer aus. Nur gut 10'000 PCR-Tests und Antigen-Schnelltests werden derzeit pro Tag in der Schweiz gemacht – zehnmal weniger als während der Winterwelle 2021/22.

Derzeit werden nur sehr wenige Corona-Tests gemacht.
Foto: AFP
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Ausserdem steigt laut SRF-Auswertungen seit Ende August die Viruslast im Abwasser. Bei einem Viertel der Messstationen sei die gemessene Viruskonzentration stark steigend.

Stadler warnt, dass die hohe Dunkelziffer Gefahren birgt, und zwar «indem viele Leute nicht mehr wissen, dass sie infiziert sind, ungeschützt an Veranstaltungen gehen und potenziell viele Menschen infizieren». Dabei weist sie auch auf mögliche Langzeitfolgen einer Corona-Erkrankung hin.

Kantone beraten sich am Donnerstag

Nicht nur die Zahl der Ansteckungen, auch jene der Hospitalisierungen hat zuletzt zugenommen – wenn auch nicht so stark. Zuletzt wurden knapp 400 Spitaleintritte von Corona-Patienten innert einer Woche registriert. Jeder fünfte Corona-Patient im Spital ist über 80 Jahre alt. Eine Überlastung des Gesundheitswesens droht aus Sicht der Kantone derzeit aber nicht.

Bisher haben diese darum nicht auf die steigenden Zahlen reagiert. Am Donnerstag treffen sich die kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren zu einem Austausch. Die Corona-Situation dürfte Thema sein – dass man allerdings beschliesst, den Kantonen wieder Massnahmen wie eine Maskentragpflicht in bestimmten Bereichen zu empfehlen, ist derzeit eher unwahrscheinlich. (lha)


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