Risse in der Widerstands-Front
Corona spaltet die SVP

Die ganze SVP ist gegen das Covid-Gesetz? Nein. Sowohl unter den Parteiexponenten wie auch an der Basis tun sich einige schwer mit der Parole. Und andere finden, man begebe sich in schlechte Gesellschaft.
Publiziert: 30.10.2021 um 00:34 Uhr
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Aktualisiert: 30.10.2021 um 08:26 Uhr
Sermîn Faki

Die SVP stemmt sich als einzige Partei gegen das Covid-Zertifikat. Weil sie darin «Diskriminierung und Spaltung», den «staatlichen Zugriff auf unseren Körper» und «totale Überwachung» sieht.

Nur: Ganz so einig ist diese Front nicht. Im vermeintlichen Fels des Widerstands gegen «Machtanmassung und Willkür» zeigen sich erste Risse. Das wurde am Mittwochabend deutlich, als die Aargauer Kantonalpartei knapp zwar, aber doch Ja zum Covid-Gesetz sagte.

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SVP sagt Nein zum Covid-Gesetz:«Aktuelle Corona Politik spaltet die Gesellschaft»
Die SVP ist gegen das Covid-Gesetz. Doch es zeigen sich Risse in der Front.
Foto: Keystone
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Achtungserfolg im Thurgau

Gleichentags fasste auch die Thurgauer SVP ihre Parole. Mit 90 Stimmen lehnte sie das Gesetz zwar deutlich ab. Doch angesichts der Tatsache, dass Kantonsrat Hermann Lei (48) sowohl die Nein- als auch – gemäss lokalen Medien eher komödiantisch – die Ja-Seite vertrat, sind die 47 Stimmen für das Gesetz ein Achtungserfolg.

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Es ist am 28. November bereits das zweite Mal, dass die Stimmbevölkerung über das Covid-Gesetz entscheidet. Die Änderungen gegenüber März 2021, um die es diesmal geht, betreffen vorab das Covid-Zertifikat. Gerade dieses ist den Gegnern ein Dorn im Auge.

Es geht aber noch um einiges mehr. So wurden auch die Hilfsmassnahmen für von der Krise besonders Betroffene ausgeweitet. Die Härtefallgelder wurden aufgestockt, der Kreis der Selbständigen, die Erwerbsersatz erhalten, wurde erweitert. Zudem hat das Parlament eine Gesetzesgrundlage geschaffen, um Veranstaltern oder freischaffenden Künstlern unter die Arme zu greifen.

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Keystone

Es ist am 28. November bereits das zweite Mal, dass die Stimmbevölkerung über das Covid-Gesetz entscheidet. Die Änderungen gegenüber März 2021, um die es diesmal geht, betreffen vorab das Covid-Zertifikat. Gerade dieses ist den Gegnern ein Dorn im Auge.

Es geht aber noch um einiges mehr. So wurden auch die Hilfsmassnahmen für von der Krise besonders Betroffene ausgeweitet. Die Härtefallgelder wurden aufgestockt, der Kreis der Selbständigen, die Erwerbsersatz erhalten, wurde erweitert. Zudem hat das Parlament eine Gesetzesgrundlage geschaffen, um Veranstaltern oder freischaffenden Künstlern unter die Arme zu greifen.

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Das hat auch damit zu tun, dass sich respektierte Parteigrössen eher zurückhaltend äussern. So plädierte Ständerat Jakob Stark (63) für Stimmfreigabe, und Nationalrätin Verena Herzog (65) macht keinen Hehl daraus, dass es am 28. November ein Ja braucht.

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«Das ist für mich SVP!»

Sie wolle auch, dass wir schnell wieder zur Normalität zurückkehren, sagt Herzog zu Blick. Als Gesundheitspolitikerin sei ihr aber wichtig, dass dies sicher geschehe. «Und es schleckt eben keine Geiss weg, dass die Impfquote einfach zu tief ist, um alle Massnahmen aufzuheben. Das Zertifikat bietet die Chance, wieder ein einigermassen normales gesellschaftliches Leben zu führen.»

Ausserdem, fügt sie an, erlaube es Unternehmen und Veranstalter, wieder arbeiten zu können und ihr Einkommen nicht vom Staat zu beziehen. «Das ist für mich SVP!»

Herzog sagt, dass sie mit dieser Haltung einen Teil der SVP-Wählerschaft abdecke. Sie erhalte viele Mails, «in denen die Anti-Zertifikats-Politik der Partei sehr stark hinterfragt wird».

Mühe mit Rechtsextremen und Holocaust-Leugnern

Wie gespalten die Partei beim Thema Corona ist, ist auch Camille Lothe (27) aufgefallen. «Das Thema ist sehr emotional», sagt die Präsidentin der Jungen SVP Zürich. «Wie man stimmt, hängt davon ab, was man erlebt hat.» Ihre Jungpartei hat die Parole noch nicht gefasst. Eine Prognose mag sie nicht abgeben: «Wie man im Aargau gesehen hat, ist es unvorhersehbar.»

Dass die Junge SVP Schweiz dazu aufgerufen hatte, an der bewilligten Anti-Corona-Demo am vergangenen Samstag in Bern teilzunehmen, nimmt Lothe zur Kenntnis. Die Zürcher Sektion werde bis zur Parolenfassung auf solche Aufrufe verzichten. Unbewilligte Demos seien ohnehin tabu.

Wie ihre persönliche Haltung zum Covid-Gesetz ist, will Lothe nicht sagen – ihr bereitet aber der Verlauf des Abstimmungskampfs Bauchschmerzen, wie sie sagt: «Ich habe extrem Mühe, dass die Kampagne von Massnahmen-Gegnern bestimmt wird. An den Demos sind Rechtsextreme und Holocaust-Leugner dabei. Da sollte man sich gut überlegen, ob man mit denen in einen Topf geworfen werden will.»


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